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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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spurlos verschwunden? Warum benahm er sich wie einer, der sich verfolgt
    glaubt? Ein schmerzhafter Zwiespalt riss in Aron auf. Er hatte den Lirep belogen wegen des Tonbandes, um Ben zu decken, und nun sprach er mit Bens Vater,
    der vielleicht schuld war am Anschlag auf den Mahaguru. Aron fühlte, wie er immer tiefer in eine Situation hineingeriet, die er nicht unter Kontrolle
    hatte, die nicht mit der Ethik der Liga in Übereinstimmung stand, die sein Fortschreiten auf dem Weg der Erleuchtung unmöglich machen konnte, die keine
    Selbstbezichtigung mit anschließender Deproschulung mehr aus der Welt zu schaffen vermochte. Er musste den Vorfall in der Mission melden und Crapp anrufen,
    der ihn verpflichtet hatte, auf Bali nach Hinweisen auf Walt Mason zu suchen. Zugleich dachte er an das Tonband, an die Stimmen der beiden Männer. Die
    zweite Stimme gehörte Dr. John Campbell, einem Liga-Pionier, einem persönlichen Freund des Mahaguru, an dessen Treue zur Liga es keinen Zweifel gab, der
    nach seinem Tod in langen Artikeln geehrt worden war und von dem der Mahaguru sagte, er sei als Blutzeuge der Liga gestorben und aufgestiegen in die
    höchsten Kreise der Erleuchtung. Aron konnte diese Gedanken nicht zu Ende denken. Er schloss die Augen für einen Moment, sah hinter Schleiern hohler
    Erschöpfung einen Widerschein der bösen Bilder, die vorhin plastisch vor seinem Geist gestanden waren. Zugleich hörte er die Stimmen von Bens Tonband. Es
    schien keinerlei Lüge in diesem Gespräch zwischen dem sterbenden Campbell und Walt Mason. Es war unmöglich eine Fälschung oder ein inszeniertes Gespräch.
    „Ich bin kein Spion,“ brachte Aron hervor. „Ich habe nicht vor, Sie anzuzeigen.“
    „Ich weiß, was man hinter vorgehaltener Hand in den Liga-Zentren über mich munkelt. Umso mehr freut es mich, dass du offenbar, genau wie Ben, eigenes
    Unterscheidungsvermögen bewahrt hast.“
    Aron spürte Schweiß auf seine Stirn treten. So redeten die Feinde der Liga, die Wölfe im Schafspelz, die sich unter dem Anschein liberaler Offenheit
    anschlichen, die von Toleranz, Verständnis und Vernunft sprachen, in Wirklichkeit aber nur das Vertrauen der Atmas in den Mahaguru erschüttern wollten, das
    Urvertrauen zum Hju, das Fundament wahren spirituellen Lebens. Das
Buch der Erleuchtung
gab klare Anweisungen, wie mit solchen Agenten des Bösen
    umzugehen war – sie im Namen des Hju still segnen, sich sofort zurückziehen, sich auf keine Diskussionen einlassen, sich ganz auf die innere Anwesenheit
    des Mahaguru stützen, einen Schutzwall des Hju gegen den bösen Einfluss aufrichten, einen Ethik-Hüter zurate ziehen.
    „Ich habe das Band gehört, das Ben mitgebracht hat. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll,“ hörte Aron sich sagen und erschrak noch mehr. Als sei
    seinem inneren, in der Akademie geschulten Zensor die Kontrolle über die eigenen Worte genommen, sprach er weiter: „Ich verstehe das alles nicht. Was ist
    dieses Gelbe Buch, das Ben gelesen hat?“
    „Die Geschichte der Liga, wie sie wirklich war.“
    „Ich will es lesen. Bitte! Jetzt!“
    Mason lachte bitter. „Steht es so schlecht um die Moral der Akademiestudenten, dass sie sich um solch verwerfliche Dinge reißen? Es würde dich eine Menge
    Zeit und Geld kosten, die Deprogrammierungskurse zu absolvieren, die nach einer solchen verbotenen Lektüre nötig würden, falls sie dann überhaupt noch Sinn
    hätten.“
    Aron fühlte sich erröten. „Ben hat es gelesen. Ich will wissen, was er mir sagen wollte. Ich will ihn verstehen.“
    „Willst du auch vor ein Auto laufen oder einem anderen bösen Zufall zum Opfer fallen? Vergiss das Tonband, vergiss das Gelbe Buch.Vergiss alles, was du von
    mir gehört hast. Wie konnte ich nur diese Dinge Ben zeigen? Ich bin schuld an seinem Tod.“
    „Es war ein Unfall, glauben Sie mir doch, ein Unfall!“, rief Aron heftig. „Es gibt nicht den geringsten Verdacht, dass es etwas anderes gewesen sein
    könnte. Der Fahrer des Wagens war kein Atma, sondern ein völlig fremder Mensch, ein einfacher Handwerker. Er hat selbst einen Schock erlitten. Ben ist
    direkt vor seinen Lieferwagen gestolpert. Niemand ist schuld an Bens Tod.“
    „Die Strafe des Hju wird stets auf äußerst subtile Weise vollstreckt.“
    „Was soll das heißen?“
    „Nichts, Aron. Ich rede zu viel. Die Nachricht, die du mir gebracht hast, verwirrt mich.“
    „Und das Gelbe Buch? Darf ich es lesen?“
    „Vielleicht ein andermal, Aron, falls wir uns

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