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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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wenn die steinerne Kirche uns oftmals an die verehrungswürdigen Wälder erinnert mit ihren Säulen und Pfeilern, die kühn zum Himmel aufragen wie Eichen, so hat sie von Eichen auch häufig den Leib – und hölzern sind ihre Innenbauten, Altäre, Chorgestühl, Bänke, Votivtafeln, Kandelaber . . . So war es auch bei der Abteikirche mit dem wunderschönen Portal, das mich am ersten Tage so tief beeindruckt hatte: Im Handumdrehen fing sie Feuer. Die Mönche und alle auf dem Gelände begriffen sofort, daß damit der Fortbestand der Abtei gefährdet war, und stürzten los, noch kühner und planloser als zuvor, um der neuen Gefahr zu wehren.
    Gewiß war die Kirche zugänglicher und mithin leichter gegen den Brand zu verteidigen als die Bibliothek.
    Die Bibliothek hatte sich selbst verdammt durch ihre labyrinthische Anlage, durch ihr eifersüchtig gewahrtes Geheimnis, durch ihr Geizen mit Zugängen. Die Kirche dagegen, die sich allen mütterlich aufgetan hatte in den Stunden der Andacht, stand nun in der Stunde der Not auch allen Helfern offen. Doch es gab kein Wasser mehr, jedenfalls nicht genug, die Brunnen spendeten es mit natürlicher Sparsamkeit, zu langsam für die Dringlichkeit des Bedarfs. Alle hätten den Kirchenbrand löschen können, niemand wußte jetzt, wie.
    Außerdem war das Feuer von oben gekommen, durchs Dach, wohin man nicht leicht gelangte, um es mit Lappen und Sand zu ersticken. Und als die Flammen den Boden erreicht hatten, war es vergeblich, noch Erde und Tücher darauf zu werfen, denn nun brach das Deckengewölbe zusammen und riß nicht wenige mit ins Verderben.
    So mischten sich unter die Klagen über die vielen verlorenen Reichtümer bald auch die
    Schmerzensschreie über verbrannte Gesichter, zerquetschte Glieder, von niederstürzenden Balken begrabene Leiber.
    Der Wind war wieder stürmisch geworden und blies die Funken weit durch die Nacht. Gleich nach der Kirche fingen die Stallungen Feuer. Die angstgepeinigten Tiere rissen sich los, durchbrachen die Tore und rannten kreuz und quer über den Hof, laut wiehernd, muhend, blökend, grunzend in schauerlichem Konzert. Etliche Funken verfingen sich in den Mähnen der Pferde, und bald sah man höllische Wesen über das Hochplateau rasen, Flammenrösser, die alles niederrannten, was ihnen vor die Hufe kam in ihrem ziel-und rastlosen Lauf. Ich sah den uralten Alinardus, der, verloren umherirrend, ohne recht zu begreifen, was vorging, überrannt wurde von dem prächtigen Rappen Brunellus in einer Aureole aus Feuer, überrannt, in den Staub getreten und liegengelassen als dunkle, formlose Masse. Doch ich hatte weder Zeit noch Möglichkeit, ihm zu helfen oder sein Ende zu beklagen, denn Szenen ganz ähnlicher Art ereigneten sich allenthalben.
    Die brennenden Pferde trugen das Feuer noch dahin, wohin es der Wind nicht getragen hatte, und so brannten bald auch die Werkstatt und das Novizenhaus. Scharen verzweifelter Menschen liefen von einem Ende zum anderen durch die Abtei, ziellos oder mit illusorischen Zielen. Ich sah Nicolas von Morimond, der, eine blutende Wunde am Kopf, die Kleidung in Fetzen, auf dem Torweg kniend laut den Fluch Gottes verfluchte. Ich sah Pacificus von Tivoli, der, jeden Gedanken an eine mögliche Hilfeleistung fahrenlassend, sich ein vorübereilendes Maultier zu greifen versuchte; als er es hatte, schrie er mir zu, ich solle ein gleiches tun und fliehen, nur weg hier, weg von diesem Spottbild des Armageddon.
    Ich fragte mich bang, wo William sein mochte, und fürchtete schon, er liege womöglich verschüttet unter irgendeinem zusammengestürzten Gewölbe. Nach langer Suche fand ich ihn in der Nähe des Kreuzgangs.
    Er hielt seinen Reisesack in der Hand: Als das Feuer aufs Pilgerhaus überzugreifen begann, war er rasch hinaufgesprungen, um wenigstens seine kostbarsten Sachen zu retten. Er hatte auch meinen Sack mitgebracht, in dem ich etwas zum Anziehen fand. Wir standen zitternd nebeneinander und betrachteten das Geschehen.
    Die Abtei war verloren. Fast alle Gebäude brannten jetzt mehr oder minder lichterloh. Die noch unversehrt waren, würden es nicht lange mehr bleiben, denn alles, vom Wirken der Naturelemente bis zu den wirren Rettungsversuchen der Helfer, trug nur noch zur Ausbreitung der Feuersbrunst bei. Verschont blieben allein die unbebauten Flächen, der Kräutergarten, das kleine Grüngeviert vor dem Kreuzgang . . .
    Man konnte nichts mehr tun, um die Bauten zu retten, ja, es genügte schon, den Gedanken an ihre Rettung

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