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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Welt keine Ordnung gibt.«
    »Aber indem Ihr Euch falsche Ordnungen vorgestellt habt, habt Ihr schließlich etwas gefunden . . .«
    »Da hast du etwas sehr Schönes gesagt, Adson, ich danke dir. Die Ordnung, die unser Geist sich vorstellt, ist wie ein Netz oder eine Leiter, die er sich zusammenbastelt, um irgendwo hinaufzugelangen. Aber wenn er dann hinaufgelangt ist, muß er sie wegwerfen, denn es zeigt sich, daß sie zwar nützlich, aber unsinnig war.
    › Er muoz gelîchesame die leiter abewerfen, sô er an ir ufgestigen ‹ . . . Sagt man so?«
    »So klingt es in meiner Sprache. Wer hat das gesagt?«
    »Ein Mystiker aus deiner Heimat, er hat es irgendwo niedergeschrieben, ich weiß nicht mehr, wo . . . Und daher ist es auch nicht notwendig, daß eines Tages jene griechische Handschrift wiedergefunden wird. Die 304
    Der Name der Rose – Siebenter Tag
    einzigen Wahrheiten, die etwas taugen, sind Werkzeuge, die man nach Gebrauch wegwirft.«
    »Ihr könnt Euch jedenfalls keine Vorwürfe machen, Ihr habt Euer Bestes getan.«
    »Und das beste der Menschen ist wenig. Es fällt schwer, den Gedanken zu akzeptieren, daß es in der Welt keine Ordnung geben kann, da sie den freien Willen Gottes und seine Allmacht einschränken würde. So gesehen ist die Freiheit Gottes unsere Verdammnis, oder jedenfalls ist sie die Verdammnis unserer Hoffart.«
    Zum ersten und letzten Male in meinem Leben wagte ich eine theologische Konklusion: »Aber wie kann ein notwendiges Wesen existieren, das ganz aus Möglichkeiten besteht? Was ist dann der Unterschied zwischen Gott und dem ursprünglichen Chaos? Zu behaupten, daß Gott absolut allmächtig ist und seinen eigenen Entscheidungen gegenüber absolut frei, heißt das nicht zu beweisen, daß Gott nicht existiert?«
    William sah mich an, ohne daß seine Züge irgendein Gefühl verrieten, und sagte: »Wie könnte ein Wissender sein Wissen weiterhin mitteilen, wenn er deine Frage mit einem Ja beantworten würde?« Ich begriff den Sinn seiner Worte nicht. »Wollt Ihr damit sagen«, fragte ich, »daß kein mitteilbares Wissen mehr möglich wäre, wenn das Grundkriterium der Wahrheit entfiele, oder daß Ihr nicht mehr mitteilen könntet, was Ihr wißt, weil die anderen es Euch nicht gestatten würden?«
    In diesem Augenblick brach das Dach des Dormitoriums mit gewaltigem Krachen zusammen und ließ eine mächtige Funkenwolke zum Himmel aufstieben. Ein Haufen verirrter Schafe und Ziegen rannte gräßlich blökend dicht an uns vorbei, Stallburschen folgten ihnen mit wildem Geschrei und hätten uns beinahe umgerannt.
    »Zuviel Durcheinander hier«, sagte William. » Non in commotione, non in commotione Dominus .«
    305
    Der Name der Rose – Siebenter Tag
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    Epilog
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    Der Name der Rose – Epilog
    Die Abtei brannte drei Tage und drei Nächte, und vergeblich waren alle weiteren Bemühungen. Schon am Morgen, als der siebente Tag unseres Aufenthaltes an jener Stätte anbrach, als die Überlebenden einsahen, daß kein Bauwerk mehr zu retten war, als an den schönsten Gebäuden die Außenmauern einzustürzen begannen, als die Kirche, gleichsam in sich selbst zusammenfallend, ihren Turm verschluckte, schon da hatte niemand mehr recht den Willen, gegen die göttliche Züchtigung anzukämpfen. Immer müder wurden die Gänge zu den wenigen übriggebliebenen Wasserstellen, während noch der Kapitelsaal mit der prächtigen Wohnung des Abtes still vor sich hin brannte. Als das Feuer zu den äußeren Wirtschaftsgebäuden an der Südmauer vordrang, hatten die Knechte längst alles gerettet, was an Gerätschaften noch zu retten war, und zogen es vor, die Hänge und das Tal abzusuchen, um wenigstens einen Teil der im nächtlichen Wirrwarr entlaufenen Tiere wiedereinzufangen.
    Ich sah, wie einige Knechte zwischen den Trümmern der Kirche herumkletterten; vermutlich suchten sie nach dem Eingang zur Krypta, um vor der Flucht noch rasch ein paar Kostbarkeiten zusammenzuraffen. Ich weiß nicht, ob sie erfolgreich waren, ob die Krypta überhaupt noch stand, ob die Plünderer bei ihrem Raubzug ins Innere der Erde nicht verschüttet wurden.
    Unterdessen kamen Leute aus dem Dorf herauf, um Hilfe zu bringen oder vielleicht auch etwas Brauchbares zu erbeuten. Die Toten blieben größtenteils unter den schwelenden Trümmern liegen. Am dritten Tage, als die Verletzten versorgt und die Leichen, soweit man sie hatte bergen können, begraben waren, packten alle zusammen, was ihnen geblieben war, und verließen das immer

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