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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Scheiterhaufen umgeben sein wird von unserem Vater Franziskus und, jawohl, von Jesus mit seinen Jüngern sowie von den ruhmreichen Märtyrern Bartholomäus und Antonius.« Womit er ein letztes Mal das Angebot der Inquisitoren ablehnte.
    Am nächsten Morgen stand ich auf der Brücke namens Ponte del Vescovado, wo sich die Inquisitoren versammelt hatten, denen Fra Michele, noch immer in Ketten, vorgeführt wurde. Einer seiner Getreuen kniete vor ihm nieder, um sich von ihm segnen zu lassen, wurde jedoch sofort von den Bewaffneten ergriffen und fortgeführt ins Gefängnis. Dann verlasen die Richter noch einmal das Urteil und fragten Michele, ob er seine Sünden bereue. Doch jedesmal, wenn es im Urteil hieß, er sei ein Häretiker, rief er mit lauter Stimme: »Nicht Häretiker bin ich! Sünder, ja, aber gut katholisch!« Und als Papst Johannes XXII. einmal im Text »venerabilissimus et sanctissimus« genannt wurde, fuhr Michele dazwischen: »Nein, haereticus!« Und als der Bischof ihm dann befahl, vor ihm niederzuknien, erwiderte Fra Michele, er kniee nicht vor einem Ketzer, und als sie ihn in die Knie zwangen, murmelte er: »Gott wird es mir vergeben!« Er war mit allen seinen Priesterinsignien vorgeführt worden, und so begann nun eine Zeremonie, bei der ihm Stück für Stück die Paramente abgenommen wurden, bis er in jenem Hemd dastand, das man in Florenz die cioppa zu nennen pflegt. Und wie es Brauch ist, wenn einem Priester seine Würde aberkannt wird, wurden ihm mit einem scharfen Messer die Fingerkuppen rasiert und die Haare geschoren. Dann wurde er dem Hauptmann und seinen Männern übergeben, die ihn packten, in Ketten legten und zurück in den Kerker verbrachten, wobei er der Menge zurief: » Per Dominum moriemur! 62 « Er sollte nämlich, wie ich erfuhr, erst am nächsten Tage verbrannt werden. An diesem Tage indessen fragte man ihn noch mehrmals, ob er nicht beichten und kommunizieren wolle. Aber er lehnte ab und erklärte, er wolle nicht sündigen durch die Annahme des Sakramentes von sündigen Priestern. Und darin, so glaube ich, tat er Unrecht und erwies sich als infiziert von der patarenischen Häresie.
    Schließlich kam der Morgen, da das Urteil vollstreckt werden sollte, und es kam ein Bannerträger des Magistrats, um Michele zu holen. Ein freundlicher Mann, wie mir schien, denn er fragte Michele, was er denn nur für ein Mensch sei, daß er sich so versteife, wo er doch bloß zu sagen brauchte, was alle sagten, nämlich Ja und Amen zur Meinung der heiligen Mutter Kirche. Doch Michele erwiderte hart: »Ich glaube an den gekreuzigten armen Christus.« Woraufhin der Bannerträger mit hängenden Armen davonging. Dann kamen der Hauptmann und seine Männer und schleppten Michele hinaus in den Hof, wo der Stellvertreter des Bischofs stand und ihm erneut das Geständnis vorlas und das Urteil. Michele aber protestierte erneut gegen falsche Anschuldigungen, er habe gewisse Ansichten nie geäußert. Wobei es um so subtile Dinge ging, daß ich sie heute vergessen habe und damals nicht recht verstand, doch auf ihnen beruhte anscheinend das Todesurteil und überhaupt die ganze Verfolgung der Fratizellen. Und ich konnte nicht recht begreifen, warum Männer der Kirche und des weltlichen Arms sich derart erregten über einfache Leute, die in Armut leben wollten und der Meinung waren, daß Christus keine weltlichen Güter besessen habe. Denn eigentlich, so sagte ich mir, hätten sie sich doch viel eher furchten müssen vor jenen, die in Reichtum leben wollten und danach trachteten, anderen ihr Geld wegzunehmen und die Kirche in Sünde zu stürzen und simonistische Praktiken einzuführen. Und ich sprach darüber mit einem, der neben mir stand, denn die Frage quälte mich sehr. Er aber lachte höhnisch und sagte, ein Frater, der in Armut lebe, sei eben ein schlechtes Beispiel für das Volk, denn es verliere dann seine Ehrfurcht vor den anderen Fratres, die nicht in Armut leben; und außerdem, so fügte er hinzu, pflanze die Predigt der Armut den Leuten falsche Ideen ins Hirn, so daß sie womöglich noch anfingen, auf ihre eigene Armut stolz zu sein, und Stolz führe bekanntlich zu mancherlei Akten der Hoffart; und schließlich müßte mir doch wohl klar sein, daß man (er wisse selber nicht recht, aufgrund welcher Logik), wenn man die Armut für die Fratres predige, auf der Seite des Kaisers stehe, was natürlich dem Papst nicht gefalle. Lauter sehr gute Gründe, so schien mir, mochten sie auch von einem Mann mit

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