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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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leergefegt wie von einem Sturm, Tische und Fußboden übersät mit Gläsern, Flaschen, Büchern und Blättern in wildem Drunter und Drüber. Neben dem Toten lag eine Armillarsphäre, mindestens doppelt so groß wie ein menschlicher Kopf, aus fein ziseliertem Metall, getragen von einem verzierten Dreifuß und gekrönt von einem goldenen Kreuz. Ich erinnerte mich, sie beim letzten Mal auf dem Tisch links neben der Tür gesehen zu haben.
    Am anderen Ende des Raumes hielten zwei Bogenschützen den protestierenden Cellerar fest, der heftig um sich schlug und lauthals seine Unschuld beteuerte und seinen Protest noch steigerte, als er den Abt hereintreten sah. »Hochwürden«, rief er durch den Raum, »der Anschein spricht gegen mich, aber glaubt mir: Severin war schon tot, als ich hereinkam, und sie faßten mich, als ich wortlos vor diesem Trümmerfeld stand!«
    Der Hauptmann trat zu Bernard, salutierte und erstattete ihm Rapport vor aller Ohren. Beauftragt, den Cellerar zu verhaften, hätten die Bogenschützen seit über zwei Stunden die ganze Abtei nach ihm abgesucht. (Aha, dachte ich, das also war es gewesen, was Bernard heute morgen angeordnet hatte, bevor er den Kapitelsaal betrat, und anscheinend hatten die Bogenschützen, unvertraut mit der Örtlichkeit, die ganze Zeit an den falschen Stellen gesucht, ohne zu merken, daß der Cellerar ahnungslos bei den anderen im Narthex weilte; außerdem hatte gewiß der Nebel die Suche erschwert.) Weiter war den Worten des Hauptmanns zu entnehmen, daß Remigius, nachdem ich ihn aus den Augen verloren hatte, tatsächlich in die Küche gegangen war, wobei ihn jemand gesehen und den Bogenschützen verraten hatte. Als diese jedoch beim Aedificium eintrafen, war er schon wieder weg, allerdings noch nicht lange, denn in der Küche fanden sie Jorge, der ihnen sagte, er habe soeben noch mit dem Cellerar gesprochen. Daraufhin durchsuchten die Bogenschützen das Gelände der Gärten, und da sei plötzlich, sagte der Hauptmann, wie ein Gespenst aus dem Nebel der greise Alinardus vor ihnen aufgetaucht, kaum noch Herr seiner Sinne. Er habe ihnen gesagt, daß der Cellerar gerade eben ins Hospital gegangen sei. Rasch dorthin geeilt, hätten sie draußen die Türe offen gefunden und drinnen den toten Severin sowie den Cellerar, der wie ein Wilder die Regale durchwühlte und alles auf den Boden warf, als ob er verzweifelt nach etwas suchte. »Klarer Fall«, schloß der Hauptmann, »der Cellerar drang ein, stürzte sich auf den Botanikus, erschlug ihn und suchte nun das, weswegen er ihn erschlagen hatte.«
    Einer der Bogenschützen hob die Armillarsphäre auf und reichte sie dem Inquisitor. Das elegante Gebilde aus ineinander verschränkten Kupfer- und Silberkreisen, zusammengehalten durch ein solides Gerüst aus Bronzeringen, war offensichtlich am Schaft des Ständers gepackt und mit großer Wucht auf den Schädel des Opfers geschlagen worden: An einer Seite waren viele der kleineren Kreise zerbrochen oder zerdrückt, und daß eben diese Seite auf Severins Schädel niedergegangen war, bezeugten grausige Spuren von Blut, verklebt mit Haaren und Klümpchen weißlicher Hirnmasse.
    William beugte sich über Severin, um seinen Tod festzustellen. Die Augen des Ärmsten, blutüberströmt wie der ganze Kopf, waren weit aufgerissen, und ich fragte mich, ob es wohl möglich wäre, wie es von anderen Fällen berichtet wurde, in den erstarrten Pupillen des Ermordeten, gleichsam als Rest seiner letzten Sinneswahrnehmung, ein Bild des Mörders zu erkennen. William untersuchte die Hände des Toten, wohl um zu sehen, ob an den Fingern schwarze Flecken waren, mochte in diesem Falle die Todesursache auch ganz offenkundig eine andere sein. Doch Severin hatte die weichen Lederhandschuhe an, die ich zuweilen an ihm gesehen hatte, wenn er mit gefährlichen Kräutern, giftigen Echsen oder unbekannten Insekten hantierte.
    Unterdessen wandte sich Bernard an den Cellerar: »Remigius von Varagine, so heißt du doch, oder? Ich habe dich aufgrund anderer Beschuldigungen und um einen anderen Verdacht zu erhärten durch meine Männer suchen lassen. Jetzt sehe ich, daß ich richtig gehandelt habe, wenn auch leider zu spät, was ich sehr bedauere. Hochwürden«, wandte er sich an den Abt, »ich fühle mich fast ein wenig mitverantwortlich für dieses Verbrechen, denn seit heute morgen wußte ich, daß dieser Mann zu verhaften ist – nach allem, was jener andere Elende mir heute nacht enthüllt hatte. Aber Ihr habt ja selbst

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