Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
auf mich gehört hätte, wäre das nie passiert«, grummelte der alte Cob. Jake versuchte ihn zu beruhigen, aber Cob schob ihn beiseite. »Das ist die reine Wahrheit. Es ist wirklich jammerschade um Nelly, und wenn er jetzt nicht endlich auf mich hört, geb ich ihm auch nicht mehr lange. Zweimal entrinnt man solchen Leuten nicht.«
    Carter verzog den Mund zu einem Strich. Er zog an der blutbefleckten Decke. Etwas, das darin eingewickelt war, fiel zur Seite und blieb am Stoff hängen. Carter zog fester, und es polterte, als würde ein Sack voller Bachkiesel auf den Tisch gekippt.
    Es war eine Spinne, groß wie ein Wagenrad und schieferschwarz.
    Der Schmiedelehrling machte einen Satz nach hinten, stieß dabei einen Tisch um und wäre fast der Länge nach hingeschlagen. Cob klappte die Kinnlade herunter. Graham, Shep und Jake stießenSchreckenslaute aus, wichen zurück und hielten sich die Hände vors Gesicht. Carter trat einen Schritt beiseite, und es sah fast aus wie ein nervöses Zucken. Stille erfüllte den Raum, Stille wie ein kalter Schweißausbruch.
    Der Wirt runzelte die Stirn. »Die können es doch noch nicht so weit nach Westen geschafft haben«, murmelte er.
    Wäre es nicht so still im Raum gewesen, hätte ihn wahrscheinlich keiner gehört. So aber hörten ihn alle. Sie wandten den Blick von dem Ding auf dem Tisch ab und starrten den rothaarigen Mann an.
    Jake fand als erster die Sprache wieder. »Du weißt, was das ist?«
    Der Wirt blickte abwesend. »Skrael«, sagte er beiläufig. »Ich dachte, das Gebirge –«
    »Skrael?«, unterbrach ihn Jake. »Beim geschwärzten Leib Gottes, Kote. Du hast so etwas schon einmal gesehen?«
    »Was?« Der rothaarige Wirt sah abrupt auf, so als würde ihm plötzlich wieder bewusst, wo er war. »Oh. Nein. Nein, natürlich nicht.« Er bemerkte, dass er als einziger nur eine Armeslänge von dem dunklen Ding entfernt stand, und trat einen Schritt zurück. »Ich habe da bloß was gehört.« Die anderen starrten ihn an. »Erinnert ihr euch an den Händler, der vor gut zwei Spannen hier durchgekommen ist?«
    Sie nickten. »Der Scheißkerl wollte mir zehn Pennys für ein halbes Pfund Salz abknöpfen«, sagte Cob reflexhaft und brachte diese Klage damit zum vielleicht hundertsten Mal vor.
    »Ich wünschte, ich hätte welches gekauft«, murmelte Jake. Graham nickte.
    »Das war ein Halsabschneider«, spie Cob. »In schweren Zeiten zahle ich vielleicht zwei Pennys, aber zehn, das ist doch der reinste Wucher.«
    »Nicht, wenn es da draußen noch mehr von denen gibt«, sagte Shep finster.
    Alle Blicke richteten sich wieder auf das Ding auf dem Tisch.
    »Er hat mir erzählt, er hätte in der Nähe von Melcombe von diesen Viechern gehört«, sagte Kote schnell und beobachtete die Gesichter der anderen, die das Wesen auf dem Tisch betrachteten. »Ich dachte, er wollte bloß die Preise in die Höhe treiben.«
    »Was hat er denn sonst noch erzählt?«, fragte Carter.
    Der Wirt blickte einen Moment lang nachdenklich und zuckte dann die Achseln. »Ich habe nicht alles mitbekommen. Er war nur ein paar Stunden im Dorf.«
    »Ich kann Spinnen nicht ausstehen«, sagte der Schmiedelehrling. Er stand immer noch gut fünf Meter vom Tisch entfernt. »Deckt sie zu.«
    »Das ist keine Spinne«, sagte Jake. »Es hat keine Augen.«
    »Es hat auch kein Maul«, bemerkte Carter. »Wie es wohl frisst?«
    »Und was es wohl frisst?«, fügte Shep mit finsterer Miene hinzu.
    Der Wirt betrachtete das Ding mit bedächtiger Neugier. Er beugte sich vor und streckte eine Hand aus. Die anderen wichen noch weiter zurück.
    »Vorsicht«, sagte Carter. »Die Füße sind messerscharf.«
    »Scharf wie Rasiermesser«, sagte Kote. Mit seinen langen Fingern fuhr er über den schwarzen, keine besonderen Merkmale aufweisenden Leib des Skraels. »Es ist glatt und hart, wie Keramik.«
    »Mach keinen Blödsinn«, sagte der Schmiedelehrling.
    Der Wirt nahm vorsichtig eins der langen, glatten Beine und versuchte es mit beiden Händen wie einen Stock zu zerbrechen. »Nein, nicht wie Keramik«, berichtigte er sich. Er schob das Bein über die Tischkante und stützte sich mit ganzem Gewicht darauf. Das Bein brach mit einem lauten Knacken. »Eher wie Stein.« Er sah zu Carter hinüber. »Woher kommen denn die ganzen Risse?« Er zeigte auf die feinen Furchen, von denen die ansonsten glatte, schwarze Körperoberfläche überzogen war.
    »Nelly ist drauf gefallen«, sagte Carter. »Es kam aus einem Baum gesprungen und ist auf ihr

Weitere Kostenlose Bücher