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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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eine Frage. Der Tehlaner kehrte ihr den Rücken zu. Sie legte ihm zaghaft eine Hand auf den Arm. Er trat hochmütig einenSchritt zur Seite. »Ich wüsste gern, wer sie aufgelöst hat: Kaiser Nalto oder die Kirche?«
    »Du guckst immer noch«, tadelte er, jedoch milder als zuvor. »Du musst noch eine Weile dem Wind nachjagen, du bist noch viel zu ernst. Das wird dich in Schwierigkeiten bringen.« Der Tehlaner wandte sich abrupt zu dem Mädchen um. Zornbebend drohte er ihr mit dem Buch. Sie wich erschrocken einen Schritt zurück und fiel auf die Knie. »Es war natürlich die Kirche, die sie aufgelöst hat. Nur ein Edikt des Pontifex konnte ihnen etwas anhaben.« Der Tehlaner schlug mit dem Buch nach dem Mädchen. Er schlug noch einmal zu und noch einmal, bis sie reglos am Boden lag. »Nalto hätte ihnen nicht mal befehlen können, die Straßenseite zu wechseln.«
    Eine leichte Regung zog Puppets Aufmerksamkeit auf sich. »Ach du je«, sagte er und blickte Wilem schräg von unten an. »Seht, was ich sehe. Der Kopf ist leicht geneigt. Die Kiefermuskulatur ist in einer Geste der Verärgerung angespannt, aber der Blick zielt auf nichts Bestimmtes, und daher richtet sich der Ärger nach innen. Wenn ich ein Mensch wäre, der nach dem Augenschein urteilt, würde ich annehmen, dass Wilem soeben eine Wette verloren hat. Aber weißt du denn nicht, dass Tehlu und die Kirche das Wetten missbilligen?« Der Priester zu Puppets Füßen fuchtelte drohend mit dem Buch zu Wilem hinauf.
    Dann faltete der Tehlaner die Hände und wandte sich von dem am Boden liegenden Mädchen ab. Er ging langsam ein paar Schritte von ihr fort, den Kopf wie im Gebet gesenkt.
    Ich schaffte es, meine Aufmerksamkeit von dieser Szene zu lösen. »Puppet«, sagte ich und sah ihn an, »hast du die Geschichtlichen Betrachtungen von Feltemi Reis gelesen?«
    Ich sah, dass Simmon Wilem einen besorgten Blick zuwarf. Puppet schien sich jedoch nicht an der Frage zu stören. Der Tehlaner zu seinen Füßen hob den Kopf und begann nun zu tanzen und Luftsprünge zu vollführen. »Ja.«
    »Wieso behauptet Reis, dass die Apura Prolycia Amyr das dreiundsechzigste Dekret Kaiser Naltos gewesen sei?«
    »So etwas würde Reis nie behaupten«, erwiderte Puppet, ohne von der Marionette aufzublicken. »Das ist doch Quatsch.«
    »Wir haben aber ein Exemplar der Betrachtungen entdeckt, in dem das wortwörtlich steht«, entgegnete ich.
    Puppet zuckte mit den Achseln und sah weiter dem Tanz des Tehlaners zu.
    »Es könnte sich auch um einen Übertragungsfehler handeln«, sagte Wilem nachdenklich. »Je nach dem, um welche Ausgabe des Buchs es geht, könnte die Kirche selbst dafür verantwortlich sein, dass diese Einzelheit abgeändert wurde. Kaiser Nalto wurde von der Geschichtsschreibung ja schon alles Mögliche in die Schuhe geschoben. Es könnte ein Versuch der Kirche sein, sich von den Amyr zu distanzieren. Sie haben zum Schluss ja schreckliche Dinge getan.«
    »Schlau, schlau«, sagte Puppet, und die Tehlanerpuppe zu seinen Füßen verbeugte sich mit großer Geste vor Wilem.
    Da kam mir etwas in den Sinn. »Puppet«, sagte ich, »weißt du, was sich hinter der verschlossenen Tür eine Etage höher verbirgt? Der großen Steintür?«
    Der Tehlaner hielt beim Tanzen inne, und Puppet bedachte mich mit einem langen, strengen Blick. »Ich glaube nicht, dass die Tür mit den vier Kupferplatten einen Studenten irgendetwas angeht. Du etwa?«
    Ich spürte, dass ich rot wurde. »Nein, Sir«, sagte ich und wich seinem Blick aus.
    Die Anspannung dieses Augenblicks wurde vom gedämpften Klang des Glockenturms durchbrochen, der die Stunde schlug. Simmon fluchte leise. »Ich bin spät dran«, sagte er. »Tut mir leid, Puppet, aber ich muss jetzt los.«
    »Gräme dich nicht ob des hastigen Abschieds«, sagte Puppet, stand auf und hängte den Tehlaner an die Wand. »Es wird ohnehin Zeit, dass ich mich wieder meiner Lektüre widme.« Er nahm auf dem Sessel Platz und schlug ein Buch auf. »Bringt den da mal wieder vorbei«, sagte er und wies, ohne von dem Buch hochzublicken, auf mich. »An dem habe ich noch einiges an Feinarbeit zu verrichten.«



Über den Autor

    Patrick Rothfuss, geboren 1973 in Madison (Wisconsin), unterrichtet als Universitätsdozent und lebt in Wisconsin. In seiner Freizeit schreibt er satirische Kolumnen und versucht sich in Alchemie. »Der Name des Windes« ist sein erster Roman.
    2007 wurde Patrick Rothfuss für seinen Roman »Der Name des Windes« mit dem Quill Award sowie

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