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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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ziehen oder mit einem eisgekühlten Drink und einem Haufen ungelesener Manuskripte neben sich am Swimmingpool zu liegen. Abends kamen sie wie schillernde Paradiesvögel in Gruppen zusammen, tranken Champagner und sahen, wie die Götter in Walhalla durch ihren Ruhm und ihre Schönheit gefangen, durch riesige Panoramafenster auf die Landschaft von Beverly Hills. Und so mußte es auch sein. Er konnte es nicht ertragen, wenn in einem seiner Fanzeitschriften ein Artikel darüber erschien, wie gewöhnlich der eine oder der andere Star tatsächlich war. Wenn sie beim Glasieren eines Kuchens oder bei der Gartenarbeit gezeigt wurden. Danach konnte er ihr Bild nicht mehr an der Wand sehen. Nachdem sie sich erniedrigt hatten.
      Das leere Quadrat an der dritten Wand war ihm selbst vorbehalten. Das Photo hatte er zwar bereits, aber er wollte es nicht anbringen, nicht einmal zur Probe an die Wand halten, bevor er es geschafft hätte. Das wäre nicht richtig, und zudem war er abergläubisch. Er war sich vollkommen sicher, daß ihm ein Platz am Sternenhimmel gebührte, doch hatte es keinen Zweck, das Schicksal auf die Probe zu stellen. Das Bild war von einem Kerl in der Great Portland Street gemacht worden, der sich auf Bühnenphotos spezialisiert hatte. Er war auf ziemlichen Umwegen an die Adresse gekommen.
      Alles hatte damit begonnen, daß er beschloß, ein berühmter Schriftsteller zu werden. Im Radio hatte er gehört, daß viele gefeierte Autoren ihre Notizbücher jederzeit bei sich hätten, und da er bereits dasselbe tat, schien es ihm ein gutes Omen zu sein: eine Art Fingerzeig für die Zukunft. Doch trotz ernsthafter Prüfung gaben seine Notizen weder den Stoff für einen Roman noch für ein Filmskript her, und allmählich kam er zu dem Schluß, daß die bekannten Schriftsteller ganz anderen Menschen in sehr viel interessanteren Teilen der Welt zugehört und zugeschaut haben mußten.
      Auch die Schauspielerei hatte ihn in eine Sackgasse geführt. Er hatte Unterlagen von den verschiedensten Schauspielschulen angefordert, beschlossen, daß lediglich das Central und die Royal Academy of Dramatic Arts die Mühe wert waren, und dann erfahren, daß seine Eltern nicht bereit waren, die Studiengebühren zu bezahlen. Sein Vater hatte seinen Plänen schon immer ablehnend gegenübergestanden, doch seiner Mutter war es gewöhnlich gelungen, den alten Geizkragen herumzukriegen. Diesmal hatten ihre Bemühungen nicht gefruchtet, und am nächsten Tag war er trotz ihres Gejammers und ihrer flehentlichen Bitten von zuhause weggegangen und nie wieder zurückgekehrt. Wie er erfuhr, vergaben beide Institutionen Stipendien - aber das Problem, ein geeignetes Stück für die Vorsprechprobe und das Geld für einen Lehrer zu finden, der ihn auf die Prüfung vorbereiten könnte, hatte sich als viel zu schwierig erwiesen. Zudem hatte er im Salisbury Square einen Schauspieler namens Brett getroffen, der an der Royal Academy of Dramatic Arts der Beste seines Jahrgangs gewesen war und jetzt bei Selfridges als Weihnachtsmann arbeitete, was er als »künstlerische Ruhepause« bezeichnete. Und fünf Jahre nach seinem Abschluß machte der Kerl noch immer jeden Morgen Sprechübungen und verwandte jeden Pfennig, den er erübrigen konnte, auf Theater- und Tanzkurse. Brett hatte ihm erzählt, daß mehr als die Hälfte seiner Kollegen jeden Tag damit rechnen müßten, arbeitslos zu werden, daß man nur als Mitglied der Schauspielergewerkschaft Arbeit finde und dort aufgenommen zu werden, unglaublich schwer sei. Dann hatte er Fenn vorgeschlagen, sich als Photomodell zu versuchen, und ihm die Adresse in der Portland Street gegeben.
      Anfangs war der Photograph begeistert gewesen. Er hatte sein Modell sorgfältig vor dem schwarzen Samtvorhang plaziert und mit verschiedenen Lampen hantiert, wobei er immer wieder ausrief: »Diese Wangenknochen sind ein wahres Vergnügen, mein Lieber.« Doch je länger die Sitzung dauerte, desto mißvergnügter schien er zu werden. Er versuchte, Fenn davon abzubringen, direkt in die Kamera zu sehen, hatte seinen Kopf in diese und jene Richtung gewandt und dabei ständig geredet.
      »Wir sind heute so ernst. Was ist denn los? Spielt deine Freundin die ewige Jungfrau? Kann ich mir nicht vorstellen. Wir sind doch göttlich wie Adonis. Vielleicht liegt's an der Atombombe - ich weiß doch, daß ihr jungen Leute euch deswegen ins Hemd macht... Nein? Dann liegt's wohl am Wetter. Oder sind wir heute mit links aufgestanden?

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