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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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auch einen Allianzvertrag mit nach Hause, und nach dem Bündnis gibt es einen Krieg. Ich sag dir das eine, lieber Cousin: Nichts bringt die Leute in einem unruhigen Land rascher wieder zur Vernunft als die Aussicht auf einen saftigen, feinen Krieg!«
    Thu-Kimnibol lächelte. »Ja, vielleicht. Was du da sagst… Also, das klingt – vernünftig.«
    »Aber sicher doch!« Salaman zelebrierte eine ausdrucksvolle Abschiedsgeste. »Also dann, Guten Weg! Du hast hier getan, was möglich war. Jetzt braucht deine Heimatstadt deine Hilfe. Ein Krieg steht vor der Tür, und du wirst der Mann der Stunde sein, wenn es zum Kampf kommt.«
    »Aber wird es dazu kommen? Ach, Salaman, wir haben darüber gesprochen, daß wir einen Zwischenfall brauchen, eine Provokation, etwas, was die ganze Sache ins Rollen bringt, etwas, das ich einsetzen kann, um die Leute zu bewegen, daß sie Truppen hierher in den Norden entsenden, die sich mit den deinigen verbünden…«
    »Ach, das überlaß ruhig mir«, sagte Salaman.
    Auch im Süden in der Stadt Dawinnos war das Wetter problematisch gewesen: zwar ohne schwarze Winde hier, auch ohne Hagel oder Schnee, aber wochenlang fielen die Regen unablässig, bis daß Berghänge sich zu Lehmbächen verwandelten und hohe Wasser die Straßen überfluteten. Es war der übelste Winter seit der Stadtgründung. Das Firmament war von einem bleiernen Grau, die Luft kühl und zugleich drückend, die Sonne schien für immer dahin.
    Das primitive Volk begann sich zu fragen, ob etwa wieder ein Todesstern auf die Erde herabgestürzt sei und der Lange Winter zurückkehren werde. Aber die dummen Leute hatten sich solcherlei Sachen immer schon gefragt, seit das VOLK aus dem Kokon aufgebrochen war, wann immer das Klima und die Witterung ihnen nicht angenehm waren. Klügere Leute wußten natürlich, daß zu ihren Lebzeiten für die Welt keine Gefahr bestand, daß ein neuer Langer Winter eintreten könnte, weil derartige Katastrophen nur alle paar Millionen Jahre die Erde trafen, und daß die jüngste derartige Katastrophe auf dem Planeten vorbei und erledigt war. Aber sogar diese etwas klügeren Leute nörgelten über die trostlosen nicht endenwollenden, tage- und nächtelangen Regenfälle, und wenn das Flutwasser durch die niederen Stockwerke ihrer luxuriösen Häuser gurgelte, litten sie.
    Nialli Apuilana verließ ihr Zimmer hoch oben im ‚Nakhaba-Haus’ nur selten. Dank der hilfreichen Tränklein und aromatischen Kräuter und der Gebetsanrufungen Boldirinthes war es ihr gelungen, die Fieber und Pestilenzen auszutreiben, die sich ihrer bemächtigt hatten, während sie erschöpft im Sumpf lag, und sie hatte ihre Vitalität zurückgewonnen. Aber Zweifel und Verwirrung setzten ihr weiter zu, und dagegen gab es eben keine Zaubertränklein. Die meiste Zeit blieb Nialli für sich. Einmal erschien Taniane, aber der Besuch erwies sich als für beide stark spannungsgeladen und unbefriedigend. Kurz danach fand Hresh sich ein. Er nahm sie bei den Händen und hielt sie und lächelte sie an und blickte ihr tief in die Augen, als könnte er mit einem tiefen Blick all ihre Kümmernisse lindern.
    Sonst empfing sie niemanden. Von Husathirn Mueri kam ein Billet, in dem er fragte, ob sie ihm das Vergnügen bereiten wolle, mit ihm zu Abend zu speisen. Sie würdigte ihn keiner Antwort.
    »Du bist enorm gescheit«, sagte der junge Beng-Priester, der das Zimmer nebenan hatte, eines Tages, als sie sich ihr Essentablett vom Gang holte. »Du kuschelst dich da die ganze Zeit gemütlich ein. Das würde ich auch liebend gern machen. Dieser Drecksregen hört und hört einfach nicht auf.«
    »Ach ja?« antwortete Nialli gleichgültig.
    »Eine echte Plage, ein Fluch, eine Gottesgeißel von Nakhaba, das ist es.«
    »Ach ja?«
    »Die ganze Stadt wird fortgespült. Ist wirklich gescheiter, wenn man im Haus bleibt, kann ich nur sagen. O ja, du bist sehr gescheit!«
    Nialli nickte und lächelte ihm bläßlich zu, ergriff ihr Tablett und verschwand in ihrem Zimmer. Danach schaute sie immer zuerst auf den Flur, um sich zu vergewissern, daß der leer war.
    Aber sie ging danach auch manchmal ans Fenster und schaute dem Regen zu. Meistens aber saß sie mit gekreuzten Beinen mitten in ihrem Zimmer und wusch und kämmte sich stundenlang mechanisch das Fell und ließ die Gedanken ziellos ins Weite schweifen.
    Hin und wieder nahm sie den Hjjk-Stern von der Wand, das aus Gras geflochtene Amulett, das sie vor Jahren aus dem Nest mitgebracht hatte. Und das hielt sie

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