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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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ihre gewaltige Nähe wie ein großes Gewicht auf uns lasten. Das war im verflossenen Jahr. Und so erkannte ich, daß der Tag der Abrechnung nahe ist. Wie jeder weiß, blieben die Hjjks bei der Vernichtung der Großwelt verschont. Die Fünf Himmlischen hatten etwas anderes mit ihnen im Sinn und führten sie sicher durch die Zeit der Kälte und des Eises, auf daß sie im Neuen Frühling diese ihre Aufgabe erfüllen könnten.«
    »Und ihr wißt natürlich, was das für eine Aufgabe ist.«
    »Sie sind dazu bestimmt, die VÖLKER und ihre Städte zu vernichten«, sagte Zechtior Lukin ruhig. »Sie sind die Geißel der Götter.«
    Also ist er ja doch irre, dachte Salaman. Wie schade.
    Doch mit ebenso großer Ruhe fragte er: »Und in welcher Weise würde das den Zielen der Fünffaltigkeit dienen? Sie führte uns sicher durch den Langen Winter, damit wir das Erbe der Welt antreten… sagen jedenfalls alle unsere Chroniken. Wozu haben sich die Götter denn überhaupt die Mühe gemacht, uns zu erhalten, wenn sie nur darauf abzielten, uns jetzt von den Hjjks vernichten zu lassen? Es wäre doch weit einfacher gewesen, uns in der Kälte stehen zu lassen, damit uns der Lange Winter schon vor hundertmal tausend Jahren ausgelöscht hätte.«
    »Du erfaßt es nicht. Wir wurden auf die Probe gestellt, und wir haben sie nicht bestanden. Wie du sagst, blieb uns der Kältetod erspart, auf daß wir die Erde erben sollten. Doch wir haben den falschen Weg eingeschlagen. Einen Irrweg. Wir erbauen große Städte; wir leben in immer bequemeren Häusern; wir verweichlichen und werden faul. In Dawinno ist es übler als hier, doch allüberall kehrt sich das VOLK ab vom Willen der Fünf und wird abtrünnig. Was erstrebten wir denn wirklich, als wir diese großen Städte erbauten? Wir wollten doch nur den Luxus und das Behagen der Großen Welt nachahmen, wie es sich zeigt. Doch eine solche Nachahmung ist vom Übel. Wenn die Götter gewünscht hätten, daß die Welt so sein soll wie zu Lebzeiten der Saphiräugigen, sie hätten die Große Welt ganz einfach so gelassen, wie sie war. Aber statt dessen haben sie sie zerstört. Und so werden sie auch uns vernichten. Und ich sage dir, o König, die Hjjks sollen das Werkzeug sein zu unserer Züchtigung. Sie werden über uns hereinbrechen; sie werden unsere Städte in Schutt und Asche legen; sie werden uns hinaustreiben in die Wildnis und Wüste, und dort werden wir endlich die Lebensgebote annehmen, die zu lernen die Götter für uns bestimmt haben. Jene wenigen unter uns, die den Vernichtungsschlag überleben, werden erneut den Versuch machen, eine anständige Welt zu bauen. So ist der Wille Dawinnos, dessen, der verwandelt.«
    »Und wenn ihr euch alle zu Tode erfriert, wenn ihr nächtens auf den Straßen und Plätzen tanzt, wird euch das diese eure wunderbare Welt schaffen?«
    »Wir frieren nicht. Wir werden nicht sterben.«
    »Verstehe. Ihr seid unverletzlich.«
    »Wir sind sehr stark. Du hast uns doch gesehen, damals in der Nacht unserer Feiern. Du hast uns aber nicht bei unsre Ausbildung gesehen. Bei unseren spirituellen Exerzitien, dem Körpertraining. Wir sind Kämpfer. Wir haben unendlich hohes Durchhaltevermögen entwickelt. Wir können tagelang ohne Nahrung und ohne Schlaf durchmarschieren. Uns schreckt nicht Kälte noch Entbehrung. Wir haben unsere Identität als einzelne aufgegeben und sind Teil einer neuen Einheit.«
    Das alles kam für Salaman völlig überraschend. Natürlich war das Denkkonzept dieses Sohnes von Lakkamai nur wirres verrücktes Zeug; aber trotzdem, der König fühlte eine tiefe natürliche Gefühlsverwandtschaft mit diesem Mann und zugleich auch beträchtliche Zuneigung zu ihm. Seine Kraft und seine Wildheit waren offenkundig. Ganz insgeheim hatte er sich innerhalb des Königreiches sein ganz eigenes kleines Königreich aufgebaut. Er strahlte echte königliche Kraft aus. Fast hätten sie Brüder sein können. Trotzdem, der Mann war natürlich verrückt. Was für ein echter Jammer und wie schade, dachte Salaman.
    Er sprach: »Ihr müßt mir erlauben, mal an eurem Training teilzunehmen.«
    »Gleich in dieser Nacht, wenn du es wünschst, König Salaman.«
    »Abgemacht. Zeigt mir eure allerschwierigsten Übungen. Und dann, mein Freund, wirst du mit deinen Freunden allmählich zu packen beginnen. Ihr werdet nämlich von hier fortgehen.«
    Zechtior Lukin nahm das ohne jede Überraschung, ja fast gleichgültig auf, wie er es anscheinend in allem war, was ihm widerfuhr.
    »Und wohin

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