Der neue Frühling
Gemeinde.
Im nächsten Moment, malte er sich aus, wird sich die Erde unter mir auftun, und ich schaue hinab in eine weite Grube, die so voller glitzernder Hjjk-Schwärme ist, daß es aussieht, als kochte es da drunten.
»Ruhig, Herr, nur ruhig«, zischelte Chevkija Aim neben ihm.
Dann sah er, wie der Knabe und das Mädchen vorn am Altar sich bewegten, Früchte und Zweige aufhoben und sie der Gemeinde zeigten und sie wieder niederlegten, während das Volk mit den Füßen trampelte und dröhnende klickende Laute ausstieß. Was bedeutete das Ganze? Und woher kam das alles auf einmal?
Der Junge trug auf der Brust ein blitzendes schwarzgelbes Amulett, ziemlich ähnlich dem, das der tote Kundalimon getragen hatte. Vielleicht war es sogar dasselbe. Das Mädchen hatte ein Armband, ebenfalls aus einem Hjjk-Panzer. Selbst in der herrschenden Düsternis leuchteten die Talismane in übernatürlichem Schein. Husathirn Mueri erinnerte sich, wie die Panzer der Hjjks geleuchtet hatten, wenn sie ihre rätselhaften Runden durch die Straßen von Vengiboneeza machten, als er ein Kind war.
»Kundalimon führt und leitet uns von droben. Er sagt uns: Die Königin ist unsre Trösterin und unsre Lust!« rief der Junge erneut.
Und wieder respondierte die ganze Gemeinde: »Die Königin ist unsre Trösterin und unsre Lust…«
Doch diesmal sprang drei Reihen weiter vorn ein untersetzter Mann auf und röhrte: »Die Königin ist der eine und einzige wahre Gott!«
Und die Gläubigen plapperten auch das nach: »Die Königin ist der eine und einzige wahre…«
»Nein!« rief der Knabe laut. »Die Königin ist kein Gott!«
»Aber was ist sie dann? Was?« Auf einmal war der liturgische Rhythmus gestört. Überall sprangen Leute auf, fuchtelten mit den Armen und riefen: »So sag uns doch, was SIE ist!«
Der Priester-Knabe sprang auf den Altartisch. Sofort hatte er wieder die volle Aufmerksamkeit der Gemeinde.
»Die Königin«, sagte er wieder mit dieser unheimlichen hohen Singsangstimme, »ist von göttlicher Essenz, kraft ihrer Abstammung von dem Volk der Großen Welt, das im Angesichte der Götter lebte. Aber sie selbst ist nicht Gott.« Der Junge schien einen Text herunterzuplappern, den er auswendig gelernt hatte. »Sie ist die Erbauerin der Pforte, durch welche die wahren Götter eines Tages zurückkehren werden. Also sprach Kundalimon.«
»Du meinst – die Menschlichen?« fragte der grobschlächtige Mann. »Sind denn die Menschlichen die wahren Götter?«
»Die Menschen sind… sie sind…« Dem Knaben auf dem Altar blieben die Worte weg. Seine Augen wurden glasig. Dafür hatte er keinen vorbereiteten Text parat. Er schaute zu dem Mädchen hinab, und sie reckte ihr Sensor-Organ hoch und schlang es in erstaunlich vertraulicher Weise um den Knöchel des Knaben. Verdutzt holte Husathirn Mueri tief Luft. Die Berührung schien dem Knaben wieder Sicherheit zu geben. Er reckte sich wieder hoch und rief: »Die Offenbarung der Menschlichen wird erst noch kommen! Wir müssen weiter auf die Offenbarung der Menschlichen warten! Und bis dahin ist die Königin unser Leitstern und unsere Führerin.« Dann kamen wieder diese Hjjkklicklaute. »Sie ist unsre Trösterin und unsre Lust!«
»Sie ist unsre Trösterin und unsre Lust!«
Und alle machten jetzt diese respondierenden Klickgeräusche. Es war abscheulich. Der Knabe hatte sie wieder alle unter Kontrolle. Und auch das war scheußlich.
»Kundalimon!« brüllte die Menge. »Oh, du hochheiliger Märtyrer Kundalimon, führ uns zur Wahrheit!«
Dann hob der Priesterknabe die Arme über den Kopf. Selbst von ganz hinten konnte Husathirn Mueri erkennen, daß seine Augen von der Glut der Überzeugung loderten.
»Sie ist das Licht und der Weg.«
»Sie ist das Licht und der Weg.«
»Sie ist die Essenz und die Substanz.«
»Sie ist die Essenz…«
»Da, schau!« wisperte Husathirn Mueri. »Jetzt hat die Kleine ihren Sensor auf seinem.«
»Sie werden gleich tvinnern, Herr. Alle werden es gleich machen.«
»Aber ganz bestimmt nicht! Alle hier an einem Ort gemeinsam?«
»Ja, so machen die’s nun mal«, antwortete Chevkija Aim ungerührt. »Die tvinnern alle zusammen und dabei geht dann die Königin in ihre Seelen ein, so hab ich das jedenfalls gehört. Es ist ein religiöses Ritual bei ihnen.«
Betäubt und ungläubig sagte Husathirn Mueri: »Aber das ist ja die abscheulichste Blasphemie, die es je gab.«
»Ich hab draußen meine Leute warten. Wir können diese ganzen Hjjkophilen binnen fünf
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