Der neue Frühling
diesem Augenblick, das wußte Hresh, war Thu-Kimnibol draußen im Stadion, drillte sein Heer und bereitete sich auf den Krieg gegen die Hjjks vor. Er hatte nur wenige Tage gebraucht, um seine Armee aufzustellen.
Und jetzt besaß er auch noch Vernichtungswaffen…
Taniane sagte: »Es ist nicht Thu-Kimnibols Armee, Hresh! Es ist unsere Armee. Die Streitmacht der Stadt Dawinnos.«
»Aber Husathirn Mueri…«
»Die Götter mögen ihn verfluchen, diesen Husathirn Mueri! Er wird uns bei jedem Schritt Schwierigkeiten bereiten, soviel ist sicher. Aber ebenso sicher ist, daß es Krieg geben wird. Und deshalb habe ich Thu-Kimnibol beauftragt, eine bewaffnete Streitmacht aufzubauen.«
»Moment«, bat Hresh. Er blickte Taniane an, als wäre sie eine Fremde und nicht seit vierzig Jahren seine Gefährtin. »Du hast ihn beauftragt? Nicht das Präsidium?«
»Ich bin der Häuptling, Hresh. Wir stehen vor einer kritischen Entwicklung. Da bleibt keine Zeit für langatmige Debatten im Haus.«
»Ich verstehe.« Er blickte sie fest an. Er konnte kaum glauben, was er da gehört hatte. »Und dieser Krieg? Wieso bist du dermaßen sicher, daß er kommt? Du und Thu-Kimnibol und im übrigen auch Husathirn Mueri. Ist das also alles bereits beschlossene Sache? Hat es eine Geheimabstimmung über eine Kriegserklärung gegeben?«
Taniane ließ sich mit der Antwort Zeit. Hresh wartete. Er spürte an Taniane das gleiche ausweichende Zögern wie vorher bei Husathirn Mueri und bei Chupitain Stuld. Sie alle versuchten ihm etwas zu verheimlichen, ihm Fakten vorzuenthalten. Ein Netz von Trug und Täuschung war gesponnen worden, während er schlief, und sie waren alle eifrig und verzweifelt bemüht, zu verhindern, daß er es nun durchschaute.
Schließlich sprach sie: »Thu-Kimnibol hat während seines Aufenthaltes in Yissou Beweismaterial gesehen, daß die Hjjks in allernächster Zukunft einen militärischen Angriff gegen König Salaman geplant haben.«
»Beweise? Was für Beweise?«
Der Eindruck, daß sie ihm ausweiche, vertiefte sich. »Er sagte etwas von einem Ausritt mit dem König in Hjjk-Gebiet und daß sie auf einen Trupp Hjjks gestoßen sind und sie gezwungen haben, geheime Militärpläne preiszugeben. Oder etwas in dieser Richtung.«
»Und diese militärischen Geheimnisse haben sie bequemerweise in kleinen Körbchen um den Hals mit sich getragen. Persönlich von der Königin unterzeichnet und mit dem hjjkischen Staatssigill versiegelt. Taniane!«
»Hresh, bitte…«
»Und ihr glaubt das? Daß die Invasion in Yissou, mit der Salaman schon seit ewigen Zeiten verbissen hausieren geht, tatsächlich übermorgen stattfindet?«
»Ich tue das, ja.«
»Und welche Beweise dafür gibt es?«
»Thu-Kimnibol kennt sie.«
»Aha. Verstehe. Schön, also sagen wir, die Hjjks machen schließlich doch eine Invasion. Aber wie günstig und prompt das passiert, so knapp nachdem er und mein Bruder zwischen Yissou und Dawinno einen gegenseitigen Verteidigungspakt geschlossen haben, wie?«
»Du klingst so zornig, Hresh! Du hast noch nie zuvor so mit mir geredet.«
»Und ich, ich habe sowas auch noch nie von dir erlebt! Du tänzelst um meine Fragen herum, weichst aus, quasselst was von Beweisen, bringst aber keine vor; du läßt zu, daß Thu-Kimnibol sich hier mitten in der Stadt eine Armee aufstellt, ohne daß ihr euch dazu herablaßt, das in der Kammer auch nur zu diskutieren…«
Und nun starrte sie ihn an, als wäre er ein Fremder. Ihre Lider sanken über die Augen und verdeckten den Blick. Ihr Gesichtsausdruck war kalt.
Hresh konnte das nicht ertragen, diese Mauer des Argwohns und Mißtrauens, die so plötzlich zwischen ihnen emporgewachsen war und die ihm so hoch erschien wie Salamans aberwitziges Mauerbollwerk. Er verspürte den Drang, Taniane zu bitten, sie möge mit ihm tvinnern, mit ihm die Verbindung eingehen, die keinen Argwohn, kein Mißtrauen zuläßt. Dann läge zwischen ihnen alles offen und klar da; sie wären wieder einmal Hresh-und-Taniane-Taniane-und-Hresh, und nicht die Fremden, die sie füreinander geworden waren.
Aber er wußte, daß sie das ablehnen würde. Sie würde Müdigkeit vorschützen oder eine dringende Besprechung in der nächsten Stunde, oder sonst irgendeinen Vorwand haben. Denn wenn sie mit ihm tvinnerte, würde sie vor ihm keine Geheimnisse mehr haben können; und Hresh erkannte, daß sie voll von geheimen Gedanken steckte, die sie entschlossen nicht mit ihm teilen wollte. Er fühlte sich von tiefer Traurigkeit
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