Der neue Frühling
friedfertigen Thekmurs, die Stanimander. Die zwitschernden Sisichile toben, als wüßten sie, daß er ihnen zuschaute. Die Stumbain – die Diswil – die Catagraks – die ganze vielzählige Schar von wundervollen und rätselhaften Geschöpfen, die Dawinno-der-Verwandler auf das Angesicht der tauenden Erde ausgeschüttet hat und die Hreshs Fänger für seinen Zoo eingesammelt haben.
Und die Caviandis. Da sind sie, an ihrem Bach, die beiden schlanken friedfertigen Geschöpfe. Wie wunderschön – der glatte purpurdunkle Pelz und die dichten leuchtend gelben Mähnen. Sie blicken empor, und sie sehen ihn hoch droben in seinem Himmel. Und sie lächeln.
Er spürt die Strahlung ihrer warmen Seelen bis hier herauf. Sie-Kanzi und Er-Lokim: seine Freunde. Freunde! Seine Caviandi-Freunde!
Ihre wortlosen Grüße schweben zu ihm herauf, und seine Antwortgrüße steigen, wortlos, nieder. Und erneut sprechen sie, und er antwortet ihnen; und dann fragt er, und sie antworten ihm. Ohne Worte, ja sogar ganz ohne Begriffe. Eine schlichte stumme Kommunion, eine Verbindung im Sein, ein anhaltender Austausch des Geistes, der sich unmöglich anders als durch sich selber ausprägen könnte.
Hresh weiß mittlerweile, daß sie keine Wortbegriffe brauchen, jedenfalls nicht in dem Sinne, wie er Wörter und Begriffe versteht; ebenso wie ‚Er-Lokim’ und ‚Sie-Kanzi’ nicht Namen nach seinem Begriffsschema sind. Sie leben jenseits von derlei Dingen, genau wie sie und alle ihresgleichen nicht dem Zwang unterliegen, Städte erbauen zu müssen oder Dinge herstellen zu müssen, oder was all die anderen ‚Zivilisationsnotwendigkeiten’ sein mögen. Ihr ‚Anderssein’ macht den Kern ihres Wesens aus, ihrer Besonderheit, Fremdartigkeit und ‚Unvolkischkeit’.
Ihre Seelen fließen über in Hreshs Seele, und die seine in die ihren, und auf einmal taucht eine neue Vision innerhalb der Vision auf, die er erlebt. Er sieht auf der Erde eine zweite Große Welt; sie unterscheidet sich von der ersten, ist aber nicht weniger grandios. Eine Welt nicht nur der sechs Rassen, sondern eine von Dutzenden, Hunderten von Rassen: solche aus dem VOLK und die der Caviandis und der Stinchitole und Thekmuren, der Sisichil und Stanimander und Catagraks… aller lebendigen Geschöpfe – alle vereint, durch fortgesetztes Verständnis aneinander gebunden, alles miteinander teilend… eine Welt, die in ihrer Ganzheit reicher und tiefer wäre als sogar die alte Große Welt… eine Neue Welt, die alles umfaßte, was Leben hat auf Erden…
Plötzlich fragt eine mißtönende Stimme in Hreshs Kopf: Sogar die Hjjks? Und er antwortet sofort und ohne nachzudenken: Ja, sogar die Hjjks. Natürlich, die Hjjks auch!
Dann jedoch denkt er etwas weiter nach und fragt sich, ob die Hjjks tatsächlich bereit wären, sich einer derartigen multirassischen Konföderation anzuschließen. Immerhin waren sie ja Bestandteil der früheren gewesen, ein Überbleibsel. Und der Verwandler hatte seit den Tagen der Großen Welt Hunderte von Jahrhunderten Zeit gehabt, sie zu verändern und emporzuheben. Es konnte doch sein, daß sie sich dermaßen weit über die restlichen irdischen Rassen hinausentwickelten, daß sie nun nicht mehr fähig sind, sich den anderen auf irgendeinem Gebiet als Gleichrangige zuzugesellen.
Aber ist das so? fragte sich Hresh. Sind sie denn zu Göttern geworden? Ist Sie, die Großkönigin der Hjjks, ein Gott?
In diesem Augenblick, aber wirklich nur einen Lidschlag lang, zuckt sein träumendes Bewußtsein blitzhaft nordwärts in die kahle Ödnis der kalten Lande, in denen der Horizont von einem leuchtenden Glühen erhellt ist. Und dort schaut er die gewaltige geheime KÖNIGIN, wie sie bewegungslos in ihrer Kammer ruht und die Geschicke der vielen Millionen Angehörigen des Insektenvolks lenkt und – soweit Hresh dazu eine Meinung haben kann – auch der restlichen Welt. Er spürt die Kraft und Stärke dieses unermeßlichen Bewußtseins und der gigantischen Lebensmaschine, des NESTS, über das die Königin herrscht. Er beobachtet die Verflechtung der Teile, das Hin und Her schimmernder Webkolben, die Spinnfäden im Netzgeflecht des Lebens.
Und dann ist es vorbei, und er schwebt wieder im unbestimmten leeren Raum; doch das dröhnende Echo dieser Unermeßlichkeit hallt in ihm nach.
Ein Gott? Herrschend über eine göttliche Rasse?
Nein, denkt Hresh. Nein, gewiß keine Götterrasse!
Die Himmlische Fünffaltigkeit – sie sind Götter: Dawinno, Emakkis, Mueri, Friit
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