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Der Neue im Sportinternat

Der Neue im Sportinternat

Titel: Der Neue im Sportinternat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mindt
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Dauer. »Ich mag mich nicht. Ich wäre gern jemand wie Sandro. Für ihn ist alles leichter!«
    »Woher willst du das wissen? Vielleicht hat er 'nen kleinen Schwanz mit 'ner derben Phimose!« Leon zieht die Augenbrauen hoch, probiert den Salat und nickt Chocco bejahend zu. »Den perfekten Mann gibt's nicht, außer in der Fantasie!«
    »Sandro hat keinen kleinen Schwanz!«
    »Woher willst du das wissen? Hast du nachgemessen?«
    »Beim Duschen zeigt er regelmäßig, was er hat.«
    »Autsch!«, erwidert Leon ironisch und schüttelt seine Hand, als hätte er sich eben dran verbrannt. »Nimm's sportlich, Chocco. Du bist niedlich, ehrlich!«
    »Niedlich reicht mir nicht!« Chocco schiebt sein Essen zur Seite, nimmt sich den Pudding vor und sagt leise: »Manchmal nennt Falko mich Homo oder Fräulein. Das fühlt sich scheiße an!«
    »Bist du 'n Homo?« Leon ahnt die Antwort und hofft innig, dass seine Ahnung sich bestätigen wird. Dann wäre er nicht allein und hätte j emanden, mit dem er über seine Gefühle reden könnte. Chocco wäre genau der Richtige dafür!
    »Und du?«, antwortet Chocco erneut mit einer Gegenfrage. Er isst seinen Pudding, schaut Leon mit seinen großen Augen erwartungsvoll an und hofft, dass Leon ihn nicht enttäuschen wird.
    Leon überlegt, ob er es wirklich wagen und sich zu erkennen geben soll. Ein Spießrutenlaufen im Internat wäre nicht besonders angenehm. Allerdings wünscht er sich eine verwandte Seele wie Chocco, das macht das Internatsleben einfacher. »Ja!«, gibt Leon schließlich offen zu. »Ja, ich steh auf Jungs!«
    »Ich auch!«, lächelt Chocco glücklich. »Aber ich will keine Frau sein, verstanden!«
    »Mann, hast du vielleicht einen Schaden. Wenn ein Mann auf Männer steht, bedeutet das doch nicht, dass er ne Tussi sein will. Dein Selbstbewusstsein als Gay muss ich aber noch voll phatt auf Vordermann bringen!«
    »Ich bin froh, dass du hier bist. Jemand wie du hat mir gefehlt! Bist du eigentlich immer schon so selbstbewusst gewesen?«
    Leon lässt beinahe die Gabel fallen und brummt: »Du hältst mich für selbstbewusst? Bin ich überhaupt nicht! Ich hab kapiert, dass ich aus der Not 'ne Tugend machen muss.«
    »Wie meinst du das?«
    »Es geht ums nackte Überleben! Mein Vater will mich klein kriegen, deswegen auch die Verbannung. Er will, dass ich 'ne waschechte Hete bin. Ich denke nicht dran! Ich hab's im Guten versucht. Er wollte nicht! Okay, dann kriegt er's eben auf die harte Tour. Ich werde mich nicht fügen. Wozu auch? Ich hab nichts gemacht!« Leon stützt die Ellbogen auf und lehnt sich mit dem Oberkörper über die Tischplatte, um mit dem Kopf näher bei Chocco zu sein. »Dem werde ich beweisen, dass er im Unrecht ist. Die Natur eines Menschen lässt sich nicht betrügen. Ich werde allen einen Tritt in den Arsch geben ... jedenfalls habe ich mir das vorgenommen. Ich bin kein dressierter Sohn! Fuck\ Und ich bin auch kein dressierter Mann, der willenlos macht, was von ihm verlangt wird! Ehrlich gesagt, habe ich die Hosen voll, weil mir das alles noch Angst macht. Was glaubst du, weshalb ich auf Winklers Schreibtisch gereihert habe? Aber ich bin entschlossen. Weißt du warum?« Leon sieht Chocco ins Gesicht und wartet erst gar nicht seine Reaktion ab. »Weil ich einen Willen habe!«
    »Wow!« Chocco ist begeistert und nicht minder beeindruckt. »Könnte ich das nur von mir behaupten! Ich bin total verunsichert. Kann ich dir was sagen, ohne dass du über mich lachst?«
    »Klar!«
    »Versprichst du's?«
    Mit dem Finger fährt Leon über sein Herz und zeichnet ein Kreuz. »Versprochen!«, gibt er Chocco sein Wort.
    Chocco rückt näher an Leon ran und spricht mit gedämpfter Stimme: »Ich wurde immer schon gehänselt, weil ich nicht unbedingt wie ein richtiger Junge aussehe. Das fing schon in der ersten Klasse an. Irgendwann ist ein Fotograf gekommen, um ein Klassenfoto zu machen. Kleine, stell dich mal hier drüben hin, hat er mich mit einem Lächeln angesprochen. Er hat das so nett gesagt. Ich fand das schön. Alle anderen haben über mich gelacht. Solche Storys könnte ich dir bis nächste Woche Mittwoch erzählen. Ich hatte dieses Gefühl und konnte es nicht definieren. Es war in mir, schon immer! Woher sollte ich wissen, dass Jungs auch auf Jungs stehen und sich sogar ineinander verlieben? Ich hab gedacht, ich bin ein Junge und irgendwie auch ein ... Mädchen. Klingt doof, oder? Mit Homosexualität konnte ich nichts anfangen, weil ich nicht wusste, was das bedeutet. Ich

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