Der Neue im Sportinternat
ist blond wie du«, stellt Chocco sachlich fest.
»Suchst du nach Gemeinsamkeiten?«
»Nein, ist nur auffällig.«
»C'est la viel Hier gibt's so 'ne Art Grüppchenbildung, hab ich den Eindruck.«
»Ja, das stimmt«, bestätigt Chocco. »Um Sandro scharen sich die Schönen und die sich für schön halten.«
»Und die gern mal von Sandro gefickt werden möchten«, spielt Leon auf Maurice an. »Oh lamour!«
»Falko, zu dem muss ich nichts mehr sagen. Die meisten der Jungs versuchen sich gut mit ihm zu stellen. Besser man gehört dazu, als sein Opfer zu sein, sagen die sich wohl.«
Fynn und Timo setzen sich mit ihrem Mittagessen zu Leon und Chocco an den Tisch. Beide sehen nicht besonders gut gelaunt aus. Sie sind Zwillingsbrüder und das Einzige, was sie unterscheidet, sind die Sommersprossen in Fynns Gesicht. Seltsamerweise hat Timo keine einzige. Sogar ihre Stimmen klingen zum Verwechseln ähnlich! Beide tragen Baggy, XXL-Shirts, Basecaps und Sneakers.
»Scheißinternat!«, flucht Fynn und stochert mit der Gabel im Salat rum.
»Was ist los?«, fragt Chocco.
»Winkler, das ist los! Die Poperze hat uns beim Skaten voll erwischt und uns mit ner Strafpredigt zugetextet. In den Schlossgärten ist Skateboardfahren nicht gestattet, meint er. Scheißblumen! Ätzende Büsche und Sträucher! Wer brauch so 'n Scheiß? Er hat uns die Skateboards weggenommen. Zieh dir das mal rein! Wie sollen wir jetzt bitte schön shredden ohne Boards? Dabei ist dem echt einer abgegangen; der hat voll juckig ausgesehen. Übel, übel! Und weil der Internatspräsident uns zum wiederholten Male gecatcht hat, hat er uns zum Küchendienst verdonnert! Yo, Mann! Wie uncool!«
Noch bevor Chocco darauf etwas sagen kann, geht ein Gekreische an Falkos Tisch los. Alle heben die Köpfe. Ein dicker Junge betritt den Speisesaal und ignoriert das Gekreische.
»Fatty!«, brüllt Falko. »Bist du aus dem Koma erwacht und quält dich der Hunger? Wir haben dein Grunzen beim Fressen vermisst, Gehsteigpanzer! «
Falkos Gang zieht Fratzen und lacht voller Spott.
»Das ist Nils«, klärt Chocco Leon auf. »Er hatte eine Lebensmittelvergiftung. Anscheinend ist er heute Vormittag aus dem Krankenhaus entlassen worden.«
»Und so beliebt wie Hundekacke unterm Schuh!«, folgert Leon.
Nils setzt sich mit seinem Mittagessen an einen freien Tisch und bleibt für sich allein. Er zeigt keinerlei Regung und ignoriert, dass auf seine Kosten derbe Späße gemacht werden. Leon ist vom Verhalten der anderen teilweise abgeschreckt und teilweise angewidert. Ihm wird ganz deutlich vor Augen geführt, dass es keine wirkliche Gemeinschaft im Internat gibt. Für Leon hat das was von Parallelgesellschaften, und das erschreckt ihn!
Während Nils speist, sieht er zufällig zu Leon rüber. Dem Gesichtsausdruck von Nils ist zu entnehmen, dass er Leon als den Neuen registriert, mehr aber nicht. Die Ignoranz und Gleichgültigkeit von
Nils ist reine Schutzhaltung. Auf Leon wirkt er wie eine Zitadelle, die die Tore verriegelt .und verrammelt hat. Offensichtlich hat er sich damit abgefunden, die Witzfigur vom Internat zu sein. Leon will das nicht so ohne weiteres hinnehmen und lächelt Nils an. Jedoch reagiert er nicht.
Timo bemerkt Leons Lächeln. »Spielst du Mutter Theresa?«, fragt er, ohne es wirklich böse zu meinen.
»Arsch! Du scheinst ja auch nicht unbedingt ganz oben in den Top Ten der Internat-Sweethearts zu sein. Also halt die Luft an, klar! Auch wenn ich mich jetzt wie der Papst anhöre, aber da müssen wir durch! Manchmal is' 'n Lächeln ne warme Suppe, sagt der Suppen-Farrell!« Leon betrachtet Nils, ohne dass er es bemerkt. »Das is' 'n Sportinternat, richtig?« Er schaut in das Gesicht von Chocco, Fynn und Timo, die eifrig nicken. »Das klingt jetzt 'n bisschen wie Falko, aber - welche Sportart betreibt Nils? Ich meine das überhaupt nicht abschätzend, nur ...«
»Aus reiner Neugierde, schon klar«, weiß Chocco. »Er betreibt keine spezielle Sportart. Nils ist irgendwie dabei. Er soll motiviert werden und sein Gewichtsproblem in den Griff bekommen. Unser Sportlehrer macht sich für Nils stark. Adrian ist absolut klasse!«
»Adrian?«
»Adrian Tomlin, unserer Sportlehrer!«, schießt es aus Fynn und Timo gleichzeitig im brüderlichen Stereoton heraus. »Der skatet sogar!«
»Mit Fatty und Gehsteigpanzer motiviert man niemanden! Ich krieg die Krise! Ich kling wie der Anwalt aller Underdogsl Das is' mein Gerechtigkeitssinn!« Leon schüttelt sich und
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