Der neunte Buddha - Thriller
nach, wiees den schmalen Gang entlangging. Dann schloss er die Tür und wandte sich Christopher zu.
»Sagen Sie mir, Mr. Wylam«, hub er an, »glauben Sie an Gott?«
Christopher erschien die Frage grotesk und völlig unangebracht.
»Was hat Gott mit all dem zu tun?«, fragte er. »Ich habe Ihnen schon einmal erklärt, dass ich nicht gekommen bin, um mit Ihnen über Theologie zu disputieren.«
»Aber, Mr. Wylam, sehen Sie denn nicht, dass alles am Ende auf Theologie hinausläuft? Zu Gott führt alles zurück. Wie könnte es anders sein? Doch wenn Sie selber nicht gläubig sind, werden Sie das wohl kaum verstehen.«
»Ich bin nicht hier, um zu verstehen. Ich bin hier, um meinen Sohn zu finden. Er ist in Ihrem Waisenhaus gewesen! Und nach allem, was ich weiß, kann er noch hier sein!«
Carpenter ging zu dem Stuhl bei der Feuerstelle zurück und setzte sich. Er wirkte müde und unglücklich.
»Wie kommen Sie darauf, dass er hier war?«, frage er.
»Ich habe im Krankenrevier seine Initialen gefunden. Sie sind in der Wand hinter einem Schrank eingeritzt. Hören Sie also auf, mir etwas vorzumachen. Heute Morgen ist Martin Cormac getötet worden, weil er Informationen über Sie und Ihre Machenschaften besaß. Solange man mich nicht vom Gegenteil überzeugt, mache ich Sie für seinen Tod verantwortlich!«
Der Schock, der sich nun auf dem Gesicht des Missionars abzeichnete, schien nicht gespielt zu sein.
»Cormac? Tot? Wovon reden Sie? Davon weiß ich nichts!«
Christopher berichtete, was er gesehen hatte. Während er sprach, wich das Blut aus Carpenters Gesicht. Er blickte noch entsetzter drein.
»Ich schwöre, von alledem habe ich nichts gewusst«, stammelteer. »Ich schwöre es. Ich weiß von Ihrem Sohn, ja. Ich habe auch von diesem Mönch Tsewong gewusst. Aber das ist etwas anderes. Mit diesem Mord habe ich nichts zu tun. Das müssen Sie mir glauben.«
»Dann reden wir über meinen Sohn. Wo ist er jetzt?«
Carpenter wandte den Blick ab.
»Er ist nicht hier. Sie haben recht. Er war hier. Aber er hat diesen Ort vor einer Woche verlassen.«
»Mit wem? Wohin hat man ihn gebracht?«
»Mishig hat ihn mitgenommen, der mongolische Handelsvertreter. Sie sind nach Tibet aufgebrochen. Ich glaube, sie wollten über den Sebu-la-Pass gehen.«
»Was ist ihr Ziel?«
Carpenter schüttelte den Kopf. Er schaute Christopher fest an.
»Ich weiß es nicht«, sagte er dann. »Sie wollen nach Tibet. Das ist das Einzige, was ich weiß.«
»Gehen sie nach Dorje-la? Ist das ihr Ziel?«
Der Missionar geriet etwas aus der Fassung. Heftig schüttelte er den Kopf.
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Von einem Ort namens Dorje-la habe ich noch nie gehört.«
»Sie haben einige Ihrer Kinder dorthin geschickt. Aber keine Mädchen, nur Jungen. Von dort ist der Mönch Tsewong gekommen, nicht wahr? Der Dorje Lama hat ihn geschickt.«
Carpenter atmete schwer. Er schwankte bereits.
»Sie wissen eine Menge, Mr. Wylam. Wer sind Sie? Was wollen Sie? Was ist so Besonderes an Ihrem Sohn?«
»Ich dachte, das könnten Sie mir sagen.«
»Ich habe ihn nur so lange bei mir gehabt, bis die Reisevorbereitungen abgeschlossen waren. Mishig hat mir nichts gesagt. Auch Tsewong nicht. Das müssen Sie mir glauben!«
»Wo liegt Dorje-la?«
»Ich weiß es nicht!«
»Wer ist der Dorje Lama?«
»Der Abt von Dorje-la! Das ist alles, was ich weiß, ich schwöre es.«
Christopher verstummte. Was wusste Carpenter wirklich? Was war er bereit zu tun, wen zu verkaufen für ein bisschen Einfluss, ein bisschen Geld?
»Und Sie haben keine Ahnung, wer Martin Cormac umgebracht haben könnte?«
»Keine! Darauf leiste ich einen heiligen Eid.«
»Hat man Sie bezahlt?«
»Mich bezahlt?«
»Dafür, dass Sie William hier behalten haben. Dass Sie ihn an Mishig übergaben.«
»Da war kein Geld im Spiel. Nur Versprechen. Hilfsversprechen. Hören Sie, Sie müssen den höheren Zusammenhang sehen. Ich habe wichtige Arbeit zu tun, Arbeit für den Herrn. Seelen müssen gerettet werden. Verstehen Sie nicht? Sie fahren in die Hölle, all diese Millionen Seelen, wenn keiner sie erlöst. Ich kann sie retten, ich kann ihnen das Paradies schenken. Verstehen Sie? Der Herr benutzt uns alle – Sie, mich, meine Waisen, Ihren Sohn. Wir sind alle seine Werkzeuge. Es ist ein Mysterium. Alles was Er tut, ist ein Mysterium. Wenn Sie das nicht begreifen, dann begreifen Sie gar nichts. Was ich tue, geschieht für Ihn. Es sind Seine Werke.«
Christopher packte den Mann und zerrte ihn
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