Der Nobelpreis
der Lektüre des Handbuchs war mir so etwas in Erinnerung, dass ihn sein Gerät informieren würde, dass eine Mitteilung eingegangen war, sobald er das augenblickliche Gespräch beendete oder jedenfalls wieder auf Empfang war.
Die Straße war stellenweise glatt, hier und da trieben ein paar Schneeflocken durch die Lichtkegel meiner Scheinwerfer, trotzdem fuhr ich wie der Teufel. Kein Rückruf. Ich hatte auch nicht den Nerv, es noch einmal zu probieren; es kam mir wie Zeitverschwendung vor. Da war schon Salem, und Södertälje stand angezeigt, endlich. Nur noch Minuten. So lange würde Hans-Olof doch Geduld haben. Das Ortsschild. Widerstrebend ging ich mit der Geschwindigkeit herunter, durchquerte den stillen Ortskern, nahm die Straße Richtung Västergård. Nur noch Augenblicke. Geduld, Schwager.
Doch ich sah schon von weitem, dass etwas schief gegangen war. Blaulicht ist in der Nacht ziemlich weit sichtbar, und es war verdammt viel Blaulicht, das da zwischen den Bäumen und Häuserwänden zuckte.
KAPITEL 31
Ich hielt, stieg aus und näherte mich zu Fuß dem, was sich wie eine Katastrophe anfühlte. Es war so schneidend kalt, dass meine Kopfschmerzen schon nach ein paar Schritten zurück waren. Aber das registrierte ich nur am Rande; all meine Gedanken kreisten mit fiebriger Besessenheit um die Frage, was um alles in der Welt Hans-Olof angestellt haben mochte, wo er sich befand, was zum Teufel passiert war. Dieser Idiot! Auch wenn er meine Nachricht nicht bekommen hatte, selbst wenn er es nicht mehr ausgehalten hatte vor Ungeduld: Er hätte doch davon ausgehen müssen, dass ich schon im Gebäude war und dass alles, was er unternahm, sowohl mich als auch eventuell Kristina unweigerlich in Gefahr brachte.
Und was konnte er unternommen haben? Die Pistole hatte ich ihm weggenommen – ich tastete unwillkürlich danach, um mich zu vergewissern. Was also war ihm an Hilfsmitteln geblieben? Ich vermochte mir keinen Reim darauf zu machen, erst recht nicht mit diesem dumpfen Pochen in der Stirnhöhle und einer Nase, die so stark lief, dass mir die Augen tränten.
Ich blieb in sicherer Entfernung hinter einer Hecke stehen und betrachtete die Szenerie. Die Polizei hatte, wie immer, wenn es um einen Reichen und Mächtigen ging, mit anderen Worten, um einen wirklich wichtigen Menschen, das volle Programm aufgeboten: eine Armada von Einsatzfahrzeugen, die das Viertel in Blaulicht ertränkten. Überall Absperrungen mit Stellböcken und flatternden Plastikbändern. Scheinwerfer. Hunde. Scharfschützen mit Schutzhelmen und kugelsicheren Westen. Das ganze Theater eben. Es schien mir nicht ratsam, näher heranzugehen mit einer illegalen Pistole in der Jacke.
Das Haus, auf dessen Klingelschild ich den Namen von Reto Hungerbühl gefunden hatte, war hell beleuchtet. Licht brannte in allen Fenstern, die Türen standen offen, davor hatten sich Menschen in Pyjamahosen und Wintermänteln versammelt und debattierten aufgebracht mit den Uniformierten. Was war da los? Ich blinzelte, schniefte, versuchte mir ein Bild zu machen. Wo war Hans-Olof? Es sah nicht so aus, als würde in einem der Einsatzwagen jemand verhört. Zwei Krankenwagen standen abseits, aber soweit man das durch die halb mattierten Seitenscheiben erkennen konnte, war darin nichts los: Die weiß gekleidete Besatzung hockte einträchtig gähnend in den warmen Führerhäusern und harrte der Dinge, die da kommen mochten oder auch nicht.
Mittlerweile wurden die ersten Menschen aus dem Haus und zu bereitstehenden Polizeibussen geführt. Es wirkte nicht wie eine Gefangennahme, eher wie eine Evakuierung. Vermummte Männer mit eifrig schnüffelnden Schäferhunden an der Leine machten sich um das Haus herum zu schaffen.
Meine Phantasie produzierte wildeste Vorstellungen. Hatte Hans-Olof sich außer einer illegalen Pistole auch noch eine weitaus illegalere Pump-Gun besorgt? Hatte er sich, laut schreiend um sich schießend, Zutritt zum Haus verschafft und sich mit Geiseln in der Wohnung des Rütlipharm-Managers verschanzt?
Völliger Blödsinn, sagte ich mir. Nicht mein Schwager. Hans-Olof Andersson war ein Feigling durch und durch, und nicht einmal die größte Sorge um seine Tochter würde etwas daran ändern. Von Sorge um mich ganz zu schweigen, ich existierte für ihn eigentlich überhaupt nicht.
Ein Wagen rollte an mir vorbei und hielt unmittelbar vor der ersten Polizeiabsperrung. Zwei Männer in wattierten Jacken stiegen aus, denen man den Beruf des Reporters auch ohne die
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