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Der Olivenhain

Der Olivenhain

Titel: Der Olivenhain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Miller Santo
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hatte. »Der Junge war kaum älter als mein Enkel. Beide noch Kinder, und mein Sohn hat mich angesehen wie damals, als ich ihm die Wahrheit über die Zahnfee erzählt habe, und mich angeschrien, dass er die Nase voll davon habe, mir immer aus der Patsche helfen zu müssen. Das war 1989, und seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Seine Frau bezahlt all das hier.« Guy machte eine Handbewegung, die zwar nur einen kleinen Winkel beschrieb, den ganzen Raum aber größer erscheinen ließ.
    Wie sich herausstellte, war seine Schwiegertochter eine Cousine zweiten Grades von einem Neffen Elizabeths, die schon ihre Großmutter im Golden Sunsets untergebracht hatte. »Es ist nicht schwer, mit uns verwandt zu sein«, hatte sie zu ihm gesagt. Beide sahen in diesem Moment Frank an, dann wandte sich Guy Elizabeth zu und legte ihr eine Hand aufs Knie.
    »Es gibt nicht viele von uns, wissen Sie. Vielleicht einen unter hundert, und für jemanden in meinem Alter …« Er hielt inne, und zum ersten Mal war Elizabeth nicht von Guy bezaubert.
    Heute wünschte sie, er hätte damals ganz offen über seine Beziehung zu ihrem Mann gesprochen.
    »Welche Schwester bist du denn? Winifred?«, fragte Guy und schüttelte ihr die Hand.
    »Bitte nenn mich Winnie«, sagte Elizabeth.
    Guy zwinkerte ihr zu und sagte Frank, dass er sich setzen sollte. »Habe ich euch schon mal erzählt, wie Bob Hope hinten von einem Jeep gefallen ist und sich den Arm gebrochen hat?«
    Elizabeth kannte diese Geschichte noch nicht, doch sie konnte sich nicht auf Guys Stimme konzentrieren. Der Druck der vergangenen Tage lastete immer schwerer auf ihr, und sie betete, dass Frank heute wenigstens einen kurzen klaren Moment haben würde. Er musste einfach lange genug er selbst sein, damit sie ihn fragen konnte, ob sie ihren Kindern ihre Sünden beichten und den Jungs gestehen sollte, dass Frank nicht ihr Vater war.
    Von den Schwestern im Seniorenheim wusste sie, dass solche Momente selten waren. Sein letzter lichter Moment lag über zwei Jahre zurück. Manche Schwestern sagten, dass es erst kurz vor dem Tod eines Patienten wieder dazu käme. Elizabeth hatte sich jedoch oft genug mit anderen Ehepartnern unterhalten, um zu wissen, dass es kein vorhersehbares Muster gab. Sie kannte einen Mann, der seiner Frau bei jedem Besuch Veilchen mitbrachte, weil sie der Duft manchmal in die Gegenwart zurückholte.
    Frank riss sie aus ihren Gedanken. »Du bist heute nicht gerade eine Plaudertasche, Winnie.«
    »Sie ist nur müde«, sagte Guy, und Elizabeth bemerkte, dass sie Händchen hielten. Sein Daumen streichelte sanft über den ihres Mannes.
    »Lasst uns rausgehen«, sagte Frank.
    »Das geht nicht«, erwiderte Guy und deutete zuerst auf seinen Rollstuhl, dann auf den Aufenthaltsraum.
    Elizabeth hatte Frank gelegentlich mit hinausgenommen, vor allem in den ersten Jahren. Drinnen im Gemeinschaftsraum stellte er immer zu viele Fragen, wollte wissen, wer Callie und Deb waren und wie er mit ihnen verwandt war. Es beruhigte ihn, sich außerhalb von Desinfektionsmittelgeruch und alternden Gesichtern aufzuhalten. Er verspürte dann nicht das Bedürfnis, die Welt verstehen zu müssen, sondern ließ Elizabeth einfach reden.
    Kurz nach Debs Inhaftierung hatte sie ihn häufig ins Auto gepackt, und sie waren stundenlang herumgefahren. Dann hatte Frank seinen Kopf gegen die Fensterscheibe gelehnt, und Elizabeth hatte ihren ganzen aufgestauten Gefühlen Luft gemacht, die sie gegenüber ihrer Tochter und ihrer Enkelin empfand.
    Frank sah Elizabeth an. »Sie kann uns fahren. Sie hat ein Auto.«
    »Das ist zu anstrengend für sie«, sagte Guy.
    »Aber sie will doch. Siehst du nicht, wie schön es draußen ist?« Frank lief zum Fenster, das zu dem kleinen Hof hinausging, in dem die Bewohner spazieren konnten. »Sie will genauso wenig hier drinnen sitzen wie du und ich.«
    Elizabeth protestierte. Sie erklärte, dass sie nur ein kleines Auto besaß und dass dort nicht genug Platz für den Rollstuhl war. Außerdem wusste sie nicht, wie sie Guy ins Auto und wieder heraus bekommen sollte. Sie war nicht kräftig genug, um ihn hochzuheben.
    Guy versicherte ihr, dass er es allein hinein und heraus schaffen würde und dass sie den Rollstuhl einfach im Heim lassen konnten. »Es ist ja nur eine Spazierfahrt, und es könnte uns gut tun.«
    Elizabeth gab nach – wollte glauben, dass ein Ortswechsel ihr die bleierne Schwere nehmen würde, die sie seit ihrem Gespräch mit Dr. Hashmi in den Gliedern spürte. Am

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