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Der Olivenhain

Der Olivenhain

Titel: Der Olivenhain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Miller Santo
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Deb habe ich erst einmal im Leben getroffen. Sie lebt in Florida und arbeitet in einem Schwimmbad, wo man mit Delfinen schwimmen kann. Als ich sechs Jahre alt war, sind wir einmal hingefahren, gleich nachdem Mum und Dad endlich geheiratet haben. Wir mussten aber so tun, als würden wir sie nicht kennen, und auf ihrem Namensschild stand Lorna . Sie hat die Schwimmwesten ausgeteilt, mit denen wir ins Wasser zu den Delfinen durften.
    »Psst«, sagt Mum, denn es ist schon spät, und obwohl Athena riesige Augen macht, ist der Rest von ihr fast schon eingeschlafen.
    »Was passiert dann?«, fragt Athena.
    »Auf dem Panzer der Schildkröte paddelte das Mädchen zum Schiff. Es dauerte Stunden, bis sie das Boot eingeholt hatten, doch irgendwann waren sie nah genug dran, dass das Mädchen eine Leiter greifen konnte, die seitlich am Schiff herunterhing. Sie wollte die Schildkröte mit hinaufhieven, hatte aber nicht genug Kraft, und die Beine der Schildkröte waren zu kurz, um allein hinaufzuklettern.
    »Ich lasse mich mit der Strömung zurücktreiben«, sagte sie. Ihr Kopf war schon halb im Wasser, und ihre Augen waren geschlossen.
    »Aber ich kann dich doch nicht zurücklassen!«, rief das Mädchen, das seine Freundin noch nie so müde und traurig gesehen hatte.
    »Küss mich zum Abschied auf die Nase, das bringt Glück und ein langes Leben. Vielleicht sehen wir uns dann einmal wieder.«
    Das Mädchen hing mit einer Hand an der Leiter und beugte sich ein letztes Mal hinab, um die Schildkröte auf die Nase zu küssen. Es war das erste Mal, und das Mädchen war überrascht, wie weich und zart sie sich anfühlte. Sie rieben die Nasen aneinander, und die Schildkröte gab ihr einen Abschiedskuss.
    Dann kletterte das Mädchen die Leiter hinauf, und als sie oben auf der Reling stand, hielt sie noch einmal Ausschau nach der Schildkröte. Doch in der Dämmerung konnte sie ihre Freundin zwischen den hohen Wellen nicht mehr erkennen. Sie meinte sie überall zu sehen und konnte sie doch nirgendwo entdecken. Erst als die Sonne vollends untergegangen war, wandte sie ihren Blick ab und begab sich auf die Suche nach ihrem Vater.
    »Ende der Geschichte?«, fragt Athena mit geschlossenen Augen.
    »Ende«, sagt meine Mutter und küsst sie aufs Haar.
    Ich nehme Grandma Annas Hand, und leise schleichen wir aus dem Zimmer. »Weißt du, ich halte manchmal immer noch Ausschau nach der Schildkröte«, sagt sie.

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