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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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zuletzt, weshalb er überhaupt in Rom war.
    Das Kolosseum ist ein großer Bau, und wir fanden bald eine abseits gelegene Nische, wo es so aussah, als wären wir ungestört. Lucia suchte sich auf einer abgenutzten Treppe im Schatten einen Platz, wo sie sich hinsetzen konnte. Daniel stand schützend über ihr. Peter hatte ein paar Wasserflaschen in seinem kleinen Rucksack. Eine davon gab er Lucia, und sie trank dankbar. Ich sah, dass sie schwer atmete.
    »Also«, sagte Peter. »Erzählt mir, wie ihr auf uns gekommen seid.«
    Daniel hob die Schultern. »Das war nicht schwer… Ich dachte, ich sollte jemanden außerhalb des Ordens suchen, der aber trotzdem eine Verbindung zu ihm hat. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Ja«, sagte ich. »Jemanden, der ebenfalls unangenehme Fragen stellt.«
    Und darum, sagte er, habe er sich in den E-Mail-Verkehr des Ordens gehackt und nach möglichen Kandidaten gesucht. »Es war schwierig – die E-Mails des Ordens sind hoch verschlüsselt –, aber…«
    »Aber du bist ein cleverer kleiner Hacker«, sagte Peter ohne Mitgefühl.
    Daniels Augen blitzten auf. »Ich habe getan, was ich tun musste.«
    »Kommen wir zur Sache«, sagte Peter. »Sie ist deine Freundin, und du hast sie geschwängert. Ist es so?«
    »Nein!« Daniels Dementi war überraschend hitzig. »So dumm wäre ich nicht.«
    Ich musterte Daniel. »Wie alt bist du, mein Junge?«
    Er war erst achtzehn; er sah älter aus. Kein Wunder, dass er ins Rudern geraten war.
    »Wenn du nicht der Vater bist, wie bist du dann mit Lucia in Kontakt gekommen?«
    Während der nächsten paar Minuten erzählte er uns seine halbe Lebensgeschichte – dass er der Sohn eines Diplomaten war, Schüler an einer Schule für Ausländer in der Stadt, und dass ihn sein harmloser Flirt mit einem hübschen Mädchen, das er beim Pantheon gesehen hatte, in Schwierigkeiten gebracht hatte. Nachdem er das alles losgeworden war, wirkte er erschöpft und nicht mehr ganz so furchtlos. »Eigentlich war’s bloß Spielerei. Ich hab nicht damit gerechnet, dass so was passieren würde. Aber als sie mich um Hilfe bat, konnte ich mich doch nicht weigern, oder?«
    »Nein«, sagte ich. »Du hast zweifellos das Richtige getan.«
    Seit sie zu ihm gekommen war, hatte er sie versteckt, wollte aber nicht sagen, wo. Nach ihrem Aussehen zu urteilen, bezweifelte ich, dass es ein sehr komfortabler Unterschlupf war. Seinen Eltern hatte er nichts von der Sache erzählt. Er hatte sein Bestes getan, dachte ich und fragte mich, wie gut ich im Alter von achtzehn Jahren mit einer solchen Situation fertig geworden wäre.
    »Na schön«, sagte Peter. »Fangen wir mit dem Anfang an. Lucia, du bist also auf der Flucht. Vor dem Orden?«
    Es dauerte ein bisschen, das zu übersetzen. »Ja«, sagte sie. »Vor dem Orden.«
    »Und deshalb hast du Kontakt zu Daniel aufgenommen.«
    »Es gab niemand anderen«, sagte sie elend. »Ich wollte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen, aber ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte, und…«
    »Ist schon okay«, beruhigte ich sie. »Erzähl es uns einfach. Weshalb willst du den Orden verlassen?«
    »Weil sie mir mein Baby weggenommen haben.«
    Ich konnte es zuerst nicht glauben. »Dein erstes Baby? Und jetzt bist du schwanger mit dem zweiten?«
    »Ja.« Lucias Blick war gesenkt, und ihre Hände lagen auf ihrem Bauch.
    »Wer ist der Vater?«
    »Er heißt Giuliano… sowieso. Sein Name spielt keine Rolle. Sie haben ihn geholt.«
    »Wer?«
    »Die cupola.« Das verstand ich nicht, und sie erklärte: »Rosa Poole. Ihre Schwester, wegen der Sie hergekommen sind.«
    Peter und ich wechselten einen Blick.
    Zögernd berührte ich ihre Hand. »Du kannst uns alles sagen. Bist du vergewaltigt worden?«
    »Nein.« Sie schloss die Augen und schüttelte beinahe gereizt den Kopf. »Sie verstehen nicht. Daniel hat dieselben Fragen gestellt. Die Leute hören nie zu.«
    Ich zog die Hand zurück. »Tut mir Leid. Erzähl es uns einfach.«
    »Sie haben Giuliano geholt, er hat mich geschwängert, ich habe mein Baby bekommen, und sie haben es mir weggenommen. Und jetzt das hier.« Sie tätschelte ihren gewölbten Bauch. »Ich will es nicht auch noch verlieren. Und ich will nicht ein Baby nach dem anderen bekommen. Ich will das nicht.« Auf einmal weinte sie, ein Sturzbach von Tränen.
    Wir drei Männer wühlten in unseren Taschen; das komödiantische Schauspiel fand ein Ende, als Daniel als Erster ein Taschentuch zum Vorschein brachte.
    Peter lehnte sich zurück und stieß die Luft aus

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