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Der Osmanische Staat 1300-1922

Der Osmanische Staat 1300-1922

Titel: Der Osmanische Staat 1300-1922 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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„Prinzengefängnisses" (kafes) sorgten dafür, daß die Anzahl von Thronbewerbern immer klein gehalten wurde. Im übrigen galt, daß die Legitimität des
defacto-Inhabers des Throns von den Machteliten nicht bestritten wurde.
    Reich oder Staat?

    Die Bezeichnung „imperium" wurde dem osmanischen Staat schon im
14. Jahrhundert von abendländischen Autoren beigemessen. Es gibt jedoch keinen Terminus in den Hauptsprachen des islamischen Orients, der den Begriffen
„Staat" und „Reich" einigermaßen entspricht. In der Kumulation von Namen
unterworfener Gebiete etwa in der Herrschertitulatur Süleymän I. (1520-1566)
drückt sich aber zweifelsfrei eine „imperiale", universale Geltung beanspruchende
Haltung aus. Die häufige Form Devlet-i Äliye, „der erhabene Staat", macht
deutlich, daß die osmanische Dynastie den Vorrang vor anderen muslimischen
Herrschaftshäusern beanspruchte. Die im 19. Jahrhundert häufige Eigenbezeichnung „Osmanische Länder" (Memälik-i Devlet-i Osmäniye lautet die
Staatsbezeichnung im Grundgesetz von 1876) wurde von den Zeitgenossen eher
als Ausdruck der Vielzahl als der Vielfalt der zum Teil nur in lockeren
staatsrechtlichen Zusammenhang mit der Zentrale stehenden Gebiete verstanden. In Kämüsu'1-Aläm der großen Enzyklopädie Semseddin Sämis (1889-
1898) ist der Artikel über den „Osmanischen Staat" (Devlet-i Osmäniye) mit der
Klammerform „Empire Ottoman" umschrieben.

    In zwei Epochen der osmanischen Geschichte, unter Süleymän I. und im
19. Jahrhundert, wurden die stärksten Anstrengungen der Zentrale unternommen, die Peripherie einem unitarischen Staat jenseits aller territorialen und
personalen Sonderungen zu unterwerfen. Im einzelnen kommt das im
16. Jahrhundert auf drei wesentlichen Ebenen zum Ausdruck: 1) die Anwendung des tapu-tahrir-Systems, 2) die Durchsetzung der hanafitischen Doktrin
des sunnitischen Islam und 3) die Betonung der türkischen Amtssprache. Insofern darf man die osmanische Herrschaft als ein Machtgebilde ansehen, das den
unitaren Staat als Ziel wollte, aber angesichts der regionalen und ethnischen
Disparitäten zu einem Dasein als „Imperium wider Willen" verurteilt war. In
der Auseinandersetzung mit den neuzeitlichen Kolonialreichen verstärkt sich
das nach innen gerichtete Sendungsbewußtsein der Türken als führender islamischer Nation. An der Peripherie ihres Herrschaftsgebiets vertreten sie im
19. Jahrhundert eine zivilisatorische Funktion verbunden mit dem Bemühen, die
Distanz zum Westen zu verringern. Aus diesem Grund, aber auch wegen seiner
Entsprechung mit der türkisch-arabischen Eigenbezeichnung, trägt diese Einführung den Titel „Der osmanische Staat".
    Türken, Türkisch,
Türkei
    Der Name Türkei erscheint schon in einem Bericht über den Kreuzzug von
Friedrich Barbarossa 1190 (Historia Peregrinorum). Im 13. Jahrhundert findet
er sich in vielen europäischen Texten. SEBASTIAN BRANT schreibt 1494 von
„kleyn Asien und Kriechenlandt, das man die grosz Türkcky yetz nennt". Türk
bzw. Türki als Volks- und Sprachenname war nicht auf nomadisierende und
bäuerliche Gruppen oder Schichten beschränkt, auch wenn er in verschiedenen
literarischen und historischen Quellen pejorativ verwendet wurde. Die osmanische Zentrale - Hof, Finanz- und Religionsbehörden - verwandten ab der
Mitte des 16. Jahrhunderts fast ausschließlich das Osmanisch-Türkische als
Medium von Staat und Verwaltung. In der Reformperiode (im weiteren Sinne
zwischen 1839-1918) setzte die Integration in die staatlichen Institutionen (Verwaltung, Heer, Schule) die schriftliche Beherrschung der Hoch- und
Amtssprache voraus.

    Der moderne Staatsname Türkiye (Türkei) ist eine künstliche Bildung. Die
frühe Republik verwendete zunächst die Form Türkiya. Auch diese Variante hat
sich erst am Beginn des 20. Jahrhunderts durchgesetzt, als deutlich wurde, daß sich
die Eliten der nichttürkischen Bevölkerungsteile (insbesondere in den arabischen
Provinzen, aber auch in Albanien) dem Osmanismus der Jungtürken verweigerten. Die Gleichsetzung von Türken mit Osmanen oder der Türkei mit
dem Osmanischen Staat bzw. dem Osmanischen Reich ist zwar nicht völlig
angemessen, aber durch jahrhundertelangen westlichen und östlichen Gebrauch
sanktioniert. Türkische Autoren verwendeten seit Anfang des 20. Jahrhunderts
das Wort „Kaiserreich" (imparatorluk), auch wenn es, wie schon gesagt, (wie in
Rom!) im offiziellen Staatsnamen nicht

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