Der Pakt
irgendwo. Ich wollte nicht fragen, verstehen Sie? Aus Angst, dass sich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigen könnten. Aber das haben sie ja jetzt getan.«
Er nahm den Drink und starrte ihn an, als wüsste er, dass die Antwort nicht im Glas lag. Also zündete ich eine Zigarette an und steckte sie Schmidt zwischen die Lippen.
»Kennen Sie den anderen Mann?«
»Ich kannte ihn.« Er lächelte verlegen. »Ist ein bisschen komplizierter, als Sie vermutlich denken. Aber irgendjemandem muss ich’s wohl erzählen. Können Sie das für sich behalten, Willard?«
»Klar. Mein Wort darauf.«
Schmidt kippte seinen Drink hinunter und zog dann selbstmörderisch tief an seiner Zigarette.
»Der andere Mann ist tot.« Mit einem bitteren Lächeln setzte er hinzu: »Sie verlässt mich wegen eines toten Mannes, Willard.
Können Sie das überbieten?«
Ich schüttelte den Kopf. Das konnte ich wahrhaftig nicht. Ich wusste noch nicht mal, wie der Mann hieß, den ich mit Diana auf ihrem Wohnzimmerteppich gesehen hatte.
Schmidt lachte schnaubend und wischte sich dann die Tränen aus den Augen. »Nicht irgendein toter Mann, wohlgemerkt.
Nein, sie musste sich den berühmt-berüchtigtsten toten Mann von ganz Washington aussuchen.«
Stirnrunzelnd versuchte ich dahinter zu kommen, wen Schmidt meinen konnte. Mir fiel nur ein einziger berühmt-berüchtigter 248
Toter ein, den Schmidt gekannt haben konnte. »Guter Gott, Ted, Sie meinen doch nicht Thornton Cole?«
Schmidt nickte. »Doch, ich meine Thornton Cole.«
»Aber war der nicht …?«
»Das behauptet die Metro Police. Ich habe ein paar Nachforschungen angestellt. Die Polizei geht davon aus, dass Cole im Franklin Park war, um Sex mit einem Stricher zu haben, der ihn dann ausgeraubt und ermordet hat. Aber ich kann Ihnen sagen, Thornton Cole war mit Sicherheit nicht homosexuell.«
»Wissen Sie das ganz sicher?«
»Debbie kriegt ein Kind von ihm, das weiß ich sicher. Wir hatten schon lange keinen Sex mehr. Cole ist der Vater. Steht alles in dem Brief, den sie mir geschrieben hat, einen Tag bevor ich auf diesen verdammten Kahn musste.«
»Sie sagen, Sie haben es niemandem erzählt.«
Schmidt schüttelte den Kopf. »Das weiß sonst keiner. Nur Sie.«
»Meinen Sie nicht, Sie sollten es jemandem sagen? Der Polizei?«
»Oh, klar. Damit ganz Washington weiß, dass ein anderer meine Frau gevögelt hat. Ja, prima Idee, Willard. Wie gesagt, ich hab’s selbst gerade erst erfahren. Und wem soll ich’s denn sagen? Dem Kapitän?«
»Da haben Sie Recht. Nie ist ein Polizist da, wenn man einen braucht.« Ich zuckte die Achseln. »Wie wär’s mit dem Secret Service?«
»Und dann? Wir halten Funkstille, schon vergessen?«
»Sie werden es jemandem sagen müssen. Ein Mann ist ermordet worden, Ted. Wenn die Metro Police wüsste, dass Cole ein Verhältnis mit Ihrer Frau hatte, könnten sie diesen Mord wohl kaum als eine Sache unter Homos behandeln. Da muss doch mehr dahinterstecken.«
249
Schmidt lachte. »Klar. Vielleicht glauben sie dann, dass es eine Sache unter Eheleuten war. Dass ich ihn ermordet habe.
Haben Sie daran schon gedacht? Ich sage ihnen, was ich weiß, und, schwupp, bin ich verdächtig. Ich bin mir sowieso nicht sicher, ob Debbie nicht denkt, ich hätte etwas damit zu tun. Weil ich ihn nämlich tatsächlich umgebracht hätte, wenn ich die Chance dazu gehabt hätte, vom Mumm mal ganz abgesehen. Ich seh’s schon vor mir. Ich sage es diesen Jungs, und sobald ich von Bord gehe, werde ich verhaftet.« Er schüttelte den Kopf.
»Secret Service, FBI. Ich traue all diesen Kerlen nicht. Dass ich’s Ihnen erzählt habe, liegt nur daran, dass wir uns aus Harvard kennen. Irgendwie.« Schmidt setzte das Glas an die Lippen, ehe er merkte, dass er es ja schon ausgetrunken hatte.
»Ich bin kein Trinker, Willard. Normalerweise trinke ich nicht.
Aber was soll man in so einer Situation sonst machen?«
»Fragen Sie mich nicht. Ich weiß es doch auch nicht.« Ich goss uns nach. Was soll’s, dachte ich, wir sind schließlich Brüder im Leid.
»Außerdem gibt es noch einen Grund, warum ich nicht will, dass der Secret Service und das FBI in meinem Leben rumschnüffeln. Das, was John Weitz gesagt hat.«
»Oh, den habe ich ganz vergessen.«
»Ich habe immer mit der kommunistischen Bewegung sympathisiert, Will. Seit Harvard. Das macht mich wohl schon zu so einer Art ›Mitreisendem‹, wie er gesagt hat.«
»Sympathisieren und dazugehören sind zwei verschiedene Dinge«,
Weitere Kostenlose Bücher