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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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erklärte ich entschieden. Er mochte mich an privatem Leiden übertroffen haben, aber in Sachen politische Radikalität würde ich mich nicht ausstechen lassen. »Sie waren doch nie in der Kommunistischen Partei, oder?«
    »Nein, natürlich nicht. Dazu hatte ich nie den Mumm.«
    »Dann haben Sie nichts zu befürchten. Seit Pearl sind wir doch alle ›Mitreisende‹. Ist doch die einzig anständige Position, die 250

    man beziehen kann. Darum geht es doch schließlich bei diesem Gipfel der Großen Drei. Das muss John Weitz sich dringend klar machen. Ich glaube nicht, dass das, was er da vorhin in der Messe von sich gegeben hat, FDR gefallen würde. Und ich weiß zufällig ganz genau, dass sich Ihre Haltung zur Sowjetunion mit der des Präsidenten weitgehend deckt.«
    »Danke, Willard.«
    »Wissen Sie, manche von den Secret-Service-Leuten des Präsidenten sind gar nicht so übel.«
    »Meinen Sie wirklich, ich soll denen sagen, was ich weiß?«
    »Ja. Und ich will Ihnen erklären, warum. Thornton Cole war doch in der Deutschlandabteilung, stimmt’s?«
    Schmidt nickte. »Ich habe ihn nicht so gut gekannt, aber nach allem, was ich gehört habe, war er ziemlich gut in seinem Job.«
    »Haben Sie schon mal dran gedacht, dass diese ganze Geschichte auch einen Sicherheitsaspekt haben könnte?
    Vielleicht hat er ja etwas herausgefunden, was mit seiner Deutschland-Arbeit zu tun hatte. Könnte doch sein, dass er deshalb sterben musste.«
    »Sie meinen, ein deutscher Agent oder so was?«
    »Warum nicht? Vor einem Jahr hat das FBI in New York acht deutsche Spione erwischt. Der Agentenring von Long Island?
    Aber es muss noch mehr von der Sorte geben. Das ist es doch nicht zuletzt, was Hoover den Job erhält.«
    »Daran habe ich noch gar nicht gedacht.«
    »Ich sage es wirklich ungern, aber in diesem Fall könnte auch Debbie in Gefahr sein. Vielleicht weiß sie ja etwas. Etwas über Thornton Cole. Etwas, was sie das Leben kosten könnte.« Ich zuckte die Achseln. »Mal unterstellt, Sie wünschen ihr nicht wirklich den Tod.«
    »Ich liebe sie immer noch, Will.«
    »Ja. Ich weiß, wie sich das anfühlt.«
    251

    »Und was meinen Sie, mit welchem Agenten ich reden sollte?
    Sie haben doch mit welchen gesprochen, oder?«
    Ich dachte an mein gestriges Gespräch über das Thema »Was ist Philosophie?«.
    »Ich weiß nicht. Agent Rauff scheint ziemlich intelligent«, sagte ich, als mir ein Name wieder einfiel. Und dann:
    »Pawlikowski ist auch gar nicht so übel.«
    »Für einen Polacken«, sagte Schmidt.
    »Haben Sie was gegen Polacken?«, fragte ich.
    »Ich bin ebenso sehr Deutscher wie Sie«, erwiderte Schmidt.
    »Und wir haben doch so ziemlich gegen jeden was.«
    252

    MONTAG, 15. NOVEMBER 1943
    –––––––––––––
    ATLANTIK
    ALS ICH AM NÄCHSTEN MORGEN aufwachte, war Ted Schmidt zu meinem Erstaunen schon auf und davon.
    Nach dem Duschen und Rasieren ging ich in die Kapitänsmesse, in der Erwartung, ihn bereits bei einer Portion Eiern und Schinken zu finden. Als ich ihn dort nicht antraf, war ich einen Moment lang beunruhigt, sagte mir dann aber, dass dies ein großes Schiff war und Schmidt wahrscheinlich irgendwo an Deck seinen Kopf auslüftete. Aus der Beunruhigung wurde Sorge, als ich nach einem ausgedehnten Frühstück und einem Deckspaziergang mit Harry Hopkins in die Kabine zurückkam und Schmidt immer noch nicht da war. Ich unternahm eine Ein-Mann-Suchexpedition vom Ruderhaus bis zum Erste-Hilfe-Raum und über das gesamte Hauptdeck. Dann machte ich mich auf die Suche nach Kapitän McCrea, um ihn zu informieren, dass Ted Schmidt verschwunden war.
    McCrea, ein altgedienter Navy-Offizier aus Michigan, der schon im Ersten Weltkrieg einiges mitgemacht hatte, war zudem auch Jurist und als solcher im Besitz eines kühlen Verstandes.
    »Ich sollte vielleicht dazu sagen, dass er gestern ziemlich viel getrunken hat. Es kann also sein, dass er einfach nur in irgendeinem stillen Winkel des Schiffs, von dem ich nichts weiß, seinen Rausch ausschläft.«
    Der Kapitän hörte mich an wie ein Strafverteidiger, der einer besonders unglaubwürdigen Geschichte seines Mandanten lauscht, und befahl dann seinem Ersten Offizier, die sofortige Durchsuchung des Schiffs in die Wege zu leiten.
    »Kann ich helfen?«, erbot ich mich.
    253

    McCrea tat sein Bestes, seine nunmehr höchst offensichtliche Abneigung gegen mich zu verbergen, und schüttelte den Kopf.
    »Am besten ist es wohl, Sie warten in Ihrer Kabine, für den Fall, dass er

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