Der Palast
Polizeikommandeur Hoshina wanderte, die sich mit ihren Freunden versammelt hatten. Die Mitglieder des Ältesten Staatsrats schritten geschlossen durch die Menge und wechselten höfliche Floskeln mit den Gästen, ohne sich zu offen zu einer der Parteien zu bekennen. Niedere bakufu -Beamte gingen unruhig von Gruppe zu Gruppe – wie Vögel, die einen sicheren Nistplatz suchten. Gekünstelte Fröhlichkeit überdeckte die angespannte Stimmung auf dem Fest.
»Es sieht beinahe wie ein Treffen von Freunden aus, aber ich erkenne die verschiedenen Parteien so deutlich, als wären Linien auf dem Boden gezogen«, sagte Sano.
Reiko nickte. Sie spürte den nahenden Sturm auf den höchsten Ebenen des bakufu. Sano schwieg einen Moment, als suchte er nach den richtigen Worten: »Es kommen schwierige Zeiten auf uns zu. Wir müssen zusammenhalten«, sagte er schließlich.
Das Bild des Drachenkönigs vor Augen, umklammerte Reiko die Trennwand. »Können wir das?«, murmelte sie.
»Ja«, erwiderte Sano, drehte sich zu ihr um und senkte die Stimme. »Jetzt ist sicher nicht die rechte Zeit, über die Entführung zu sprechen, aber vielleicht wird es nie einen besseren Augenblick geben. Du solltest wissen, dass wir nicht darüber reden müssen, wenn du es nicht möchtest. Nichts, was auf dieser Insel geschehen ist, wird an meiner Liebe zu dir etwas ändern.«
Reiko senkte den Kopf. Sanos Nachsicht und seine unerschütterliche Liebe erfüllten sie mit tiefer Dankbarkeit. Tränen traten ihr in die Augen.
»Was immer auch geschehen ist«, fuhr Sano fort, »den Drachenkönig trifft die alleinige Schuld. Vergiss ihn. Du darfst ihm nun, da er tot ist, nicht mehr Macht einräumen, als er während deiner Gefangenschaft besaß. Jeder Gedanke an ihn ist verschwendete Zeit.«
Reiko wusste, wie Recht ihr Gemahl hatte, doch sie konnte den Drachenkönig nicht vergessen. Sie konnte sich nicht verzeihen, ihn zu Intimitäten ermuntert zu haben – vor allem, da sie sich noch immer fragte, ob es andere Möglichkeiten gegeben hätte, ihrer misslichen Lage zu entfliehen, sodass sie mit reinem Gewissen nach Hause zurückgekehrt wäre.
»Wenn der Drachenkönig unser beider Leben ruiniert, hat er uns besiegt«, stieß Sano hervor. »Das darfst du nicht zulassen!«
Reiko war der Gedanke unerträglich, dass ein verrückter und niederträchtiger Feigling ihre Ehe zerstörte. Sie hob den Kopf und atmete tief ein.
»Ich lasse nicht zu, dass er siegt«, sagte sie entschlossen.
Reiko schob die Trennwand auf und streckte den Arm hindurch. Sano ergriff die Hand seiner Gemahlin und steckte sie unter seinen warmen Ärmel. Vereint standen sie dort und schauten auf die gespaltene Versammlung im Garten – wie zwei Matrosen, deren Schiff in einen auffrischenden Wind hineinfuhr.
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