Der parfümierte Todeshauch
wodurch ich die stinkende
Pyramide zum Einsturz brachte, und begutachtete meinen Fund. So viel gab es
aber nicht zu begutachten. Nur daß der Besitzer das Bedürfnis verspürt hatte,
das Hemd zu wechseln, das verstand ich sehr gut. Er mußte es getragen haben,
als er Ballu umgebracht und der ihn bespritzt hatte. Ein hübsches Teil von
guter Qualität. Es stammte, wie auf dem Etikett zu lesen war, aus dem Geschäft «Zur
Silberschere, Nîmes».
Nîmes! War dort nicht vor rund einem Monat ein
gewisser Georges Legrand aus dem Gefängnis entlassen worden? Nîmes! Deine
romantischen Bauwerke! Deine corridas !
Man darf nicht auf halbem Weg stehenbleiben, vor
allem, wenn es so gut angefangen hat. Ich warf das blutige Hemd auf den
Fliesenboden und durchwühlte systematisch die Klamotten, die an den Haken
hingen. Nichts. Das wäre auch zu schön gewesen! Schließlich fand ich aber doch
noch mein Glück, in einem Pappkarton, der in den Rang eines Abfalleimers
aufgestiegen war: zwei Fotos, eines davon die Vergrößerung eines Ausschnitts
des andern.
Zuerst fragte ich mich, ob nicht während meines
Krankenhausaufenthalts bei mir in der Wohnung eingebrochen worden war. Das
«Hauptfoto» war eines von denen, die in der Mappe über Bodin gelegen hatten.
Bo-din, der Wertpapierdieb der Métropolitaine. Die Mappe, die mir
Monsieur Durocher gegeben und die ich in meinem Schreibtisch aufbewahrt hatte.
Bei dem Foto handelte es sich um einen Abzug des Fotos, das Bodin in seinem
Spind vergessen hatte und das damals durch die Presse gegeistert war. Auf der
Rückseite stand der Firmenname Agephot, was vermuten ließ, daß man sich
den Abzug in diesem Labor besorgt hatte. Das zweite Foto war die Vergrößerung
des Gesichts der Frau, die auf dem ersten neben Bodin abgebildet war, die
unbekannte femme fatale , die Frau, die Bodin auf die Abwege eines
ungetreuen Angestellten gelockt hatte.
Ich bekam einen Schrecken!
Das Foto war fast haargenau ein Porträt von
Janine Valromay. Ich nahm die Abzüge aus der Tasche, die Paul Grillat von
seiner Verlobten gemacht hatte, und verglich sie mit der Vergrößerung. Kein
Zweifel, die beiden Frauen hatten mehr miteinander gemeinsam als nur ein
ähnliches Gesicht.
Ich nahm das Foto des idealen Betrügerpaars in
die Hand... und bekam einen zweiten Schrecken. Wenn das so weiterging, würde
ich noch einen Herzinfarkt kriegen!
Im Vordergrund hockte, auf das Vögelchen aus dem
Fotoapparat lauernd, dieser Köter, dem ich bisher keine besondere
Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Aber die Zeichnung des Fells um seine Augen — zwei
Ringe, die aussahen wie eine Brille — änderte das schlagartig. Man hätte ihn
«Brillenschlange» nennen können wie den Kläffer, über dessen Tod sich Robert
Vigoud, der streitsüchtige Tierfreund, nicht hinwegtrösten konnte.
Ich weiß nicht mehr, wie lange ich, die Fotos in
der Hand, so dastand. Mir schwirrte der Kopf. Ich war nicht mehr in der Rue de
Bercy, ich war ganz woanders, weiß der Teufel wo.
Es läutete. Ich schreckte aus meinen Träumereien
hoch. Man läutete an der Wohnungstür von Monsieur Ballu. Lange und
gebieterisch.
Unter der Wohnungstür hindurch, durch das
Zimmer, in dem die Leiche lag, und durch das Schlafzimmer hindurchkriechend,
drang Stimmengemurmel bis zu mir in die Toilette. Das Gemurmel von Männern mit
rauhen Stimmen. Ein weiteres, langanhaltendes Läuten, dann die Aufforderung:
«Aufmachen! Polizei!»
an>, hatte Faroux gesagt, als wir von dem Kfz.-Kennzeichen gesprochen
hatten, das von einem der Krankenpfleger und Zeugen der Entführung «so ungefähr»
angegeben worden war. Durch Vorwärtstasten und Vergleichen waren sie schließlich
auf den alten Schlitten gestoßen, und da sein Besitzer wahrscheinlich in der
Kartei der Kripo geführt wurde, kamen sie nun (oder schickten ihre Leute), um
Aufklärung zu verlangen. Sie würden aufgeklärt werden... Und wenn sie sich die
Mühe machten, wie ich durch das Schlüsselloch zu spähen...
Ich würde nicht auf sie warten, geschweige denn,
ihnen die Tür öffnen. «Sie halten sich hübsch aus der Sache raus, ja?» hatte
der Kommissar zum Abschied gesagt.
Ja, M’sieur!
Geräuschlos öffnete ich das Toilettenfenster mit
den Mattglasscheiben. Ich sah hinaus, um festzustellen, ob es eine rettende
Feuerleiter gab. Nichts dergleichen. Und wenn man über die Treppe fünf Etagen
zu Ballus Wohnung hinaufgehen mußte, so war die Höhe an der Außenwand so
ziemlich
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