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Der parfümierte Todeshauch

Der parfümierte Todeshauch

Titel: Der parfümierte Todeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Blick.
     
     
     
    Benommen fuhr ich nach Hause. Nach reiflicher
Überlegung hatte ich den Plan, Durocher meine Überlegungen betreffs meines
Auftrags in Nîmes mitzuteilen, auf später verschoben.
    Im Briefkasten wartete Post auf mich: eine
Ansichtskarte von Hélène, meiner Sekretärin, und eine weitere, abgestempelt in
Lamotte-Beuvron: Gruß und Kuß , Janine. Die «Ansicht» ließ einen
Bauernhof erahnen. Schlecht klischiert, noch schlechter gedruckt, trist und
grau. Sogar der Gruß und Kuß drückte Melancholie aus. Nestor, der Mann,
den man nie vergißt. Der Tröster untröstlicher Damen. Der Mann, dem man auch
gern mal blauen Dunst Vormacht. Ich fluchte vor mich hin, bis das Telefon
klingelte. Es war Henri, der Barkeeper aus dem Club-Vert.
    «Hör mal», legte er sofort los, «es ist wirklich
nicht einfach, dich zu erwischen!»
    «Oh, doch, leider!» seufzte ich.
    «Ach ja? Soll wohl komisch sein, aber ich
versteh’s nicht. Ich wollte sagen, daß ich dich in den letzten Tagen schon ein
paarmal angerufen habe, aber keiner ging dran. Wo hast du gesteckt?»
    «Im Krankenhaus.»
    «Deinen Kater pflegen, dein Bercy>, wie man so schön sagt?»
    «Nein, aber... Mensch, da sagst du was! Bercy!
Vielen Dank, Alter!»
    «Keine Ursache. War das ‘n Tip?»
    «Kann man wohl sagen! Ich versuche nämlich schon
die ganze Zeit, mich an die Adresse von jemandem zu erinnern. Du hast sie mir
soeben verraten. Rue de Bercy. Dort wohnt ein gewisser Ballu. Kennst du ihn
zufällig?»
    «Nein. Ich kenne zwar viele Leute und viele
Straßen, unter anderem auch die Rue Ballu. Aber keinen Menschen, der Ballu
heißt.»
    «Macht nichts... Was wolltest du mir denn
erzählen?»
    «Och, eigentlich nichts Besonderes. Grillat hat
einem Freund einen Film zum Entwickeln gegeben. Der Film ist entwickelt, die
Fotos sind fertig, und jetzt möchte der Freund gerne bezahlt werden. Hab
gedacht, das könnte dich interessieren. Für die Flics ist nichts dabei, und
außerdem... Wir und die Flics, was? Gut, ich hab also gedacht, daß du ein
möglicher Abnehmer der Fotos sein könntest. Hab den Mann bezahlt, und die
Abzüge liegen hier, zu deiner Verfügung.»
    «Wenn für die Flics nichts dabei ist, dann ist
wohl auch für mich nichts dabei. Was ist denn drauf?»
    «Fast ausschließlich das Mädchen, mit dem du
neulich hier warst, Grillats Freundin. Vielleicht legt die Kleine ja Wert
darauf, und da du mit ihr befreundet bist...»
    «Wieso hat Grillat den Film einem Freund gegeben
und nicht einem Fotolabor? Das haut doch nicht hin.»
    «Doch, das haut einen um! Auf dem Film waren
nämlich nicht nur keusche Bildchen von der Kleinen. Da gibt’s auch noch andere,
ziemlich gewagte. Pornographie, offen gesagt. So was kann man einer braven
Fotolaborantin nicht zumuten.»
    «Was erzählst du da? Pornographische Fotos von
der kleinen Janine?»
    «Nein, nein, ich hab mich wohl mißverständlich
ausgedrückt. Auf den freizügigen Bildern posiert ein anderes Mädchen.»
    «Ach so, das beruhigt mich... Wo bist du
gerade?»
    «Im Flore , zusammen mit einem Freund von Grillat,
der dir was Wichtiges sagen will, wenn ich ihn recht verstanden habe.»
    «Gut, ich muß in die Rue de Bercy. Auf dem Weg
komm ich schnell im Flore vorbei. Bis gleich.»
    Ich legte auf, nahm einen kräftigen Schluck, um
mein Schwindelgefühl zu vertreiben, holte meinen Reserverevolver hinter den
Büchern hervor (man kann nie wissen!) und machte mich auf den Weg nach
Saint-Germain-des-Prés.
     
     
     
    Grillats Freund, der zusammen mit Henri im Flore auf mich wartete, war ein hochgewachsener junger Mann mit blonden Haaren,
Sommersprossen und einem Ausdruck tiefster Besorgnis auf dem Gesicht. Er hieß
Hernaud und hielt sich erst einmal wohlerzogen im Hintergrund, um Henri
Gelegenheit zu geben, mir die Fotos zu zeigen.
    Die Abzüge waren gut gelungen, gestochen scharf.
Auf acht von ihnen war Janine im Park der Villa Mogador zu sehen, teils mit
einem geblümten Kleid bekleidet, teils weniger bekleidet mit einem Bikini.
Stehend. Im Gras liegend. Am Rand des Teichs sitzend, eine Hand zu den Seerosen
ausgestreckt, unter dem interessierten Blick der bemoosten Statue, eines
lüsternen Fauns, wie ich erst jetzt bemerkte. (Von ihm hatte sich Baptiste, der
Butler, wohl inspirieren lassen.) Rittlings auf einer Vespa sitzend. In einem Liegestuhl
schlafend. Dieses Foto wurde durch eine Person im Hintergrund verdorben, die
verschwommen von hinten zu sehen war und zu meditieren schien. Grillat

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