Der Pate von Bombay
kann Ihnen mehr davon bringen.«
»Wieviel mehr?«
»Sehr viel. Wenn ich für die hier einen fairen Preis kriege.«
Paritosh Shah neigte sich nach hinten und schwang dann in die Senkrechte, wie ein Stehaufmännchen. Ich sah jetzt, daß er schmale Arme und Schultern, aber einen richtigen Kugelbauch hatte, über dem er nun die Hände faltete. »Fünfzig-Gramm-Barren. Wenn sie korrekt sind, siebentausend Rupien pro Stück.«
»Der Marktpreis für fünfzig Gramm beläuft sich auf fünfzehntausend.«
»Das ist der Marktpreis. Deshalb wird Gold geschmuggelt.«
»Weniger als die Hälfte ist zuwenig. Dreizehntausend.«
»Zehn. Mehr ist nicht drin.«
»Zwölf.«
»Elf.«
Ich nickte. »Einverstanden.«
Paritosh Shah sprach flüsternd in eines seiner schwarzen Telefone und hielt mir mit der freien Hand eine silberne Schatulle mit silberfleckigen Paan, Supari und Elaichi hin. Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte nur Geld, Geld, das ich festhalten konnte, Geld in meiner Tasche, dicke Bündel von Banknoten, dick genug für silberne Schatullen, weiche Gaddas und rote Bettdecken, für Plattenspieler und saubere Badezimmer und Liebe, genügend knisterndes Papier für Zuversicht, Sicherheit, das Leben. Mein Mund war trocken. Ich umklammerte meine Hände und hielt sie fest aneinandergepreßt, während es dezent klopfte, die Tür auf- und zuging und Badriya eine kleine Waage und zwei Stapel Geldscheine brachte, einen dicken und einen dünnen.
»Nur um sicherzugehen«, sagte Paritosh Shah. Er hob die Barren einzeln mit den Fingerspitzen hoch und wog sie mit kleinen Gewichten aus. »Gut.« Er lächelte. »Sehr gut.« Er sah mich erwartungsvoll an. Das Geld lag auf der Matratze, und ich setzte meine ganze Willenskraft ein, zwang mich zur Ruhe, ließ mir nicht anmerken, daß ich es gesehen hatte, bis Paritosh Shah seine schlanken Finger vorstreckte und den Stapel ein paar Zentimeter nach vorne schob. Jetzt griff ich danach, mit leicht zitternder Hand.
Ich stand auf. Der Raum drehte sich, die frostig-weißen Lichtrechtecke stürzten mir in die Augen, weißer horizontloser Himmel blitzte auf.
Dann sagte Paritosh Shah: »Du redest nicht viel.«
»Nächstes Mal rede ich mehr.«
Badriya hatte die Tür geöffnet, der Korridor war lang, und ich ließ ihn hinter mir, mit Geld in der Tasche und bezwungenem Schwindel. Ich bückte mich ganz locker, um mir die Schuhe anzuziehen, und als ich mich wieder aufrichtete, hatte ich die dünne Rolle mit meinen neununddreißig Rupien in der Linken. Ich steckte sie dem alten Wachposten resolut hinter den Patronengurt und fuhr noch kurz mit einer polierenden Bewegung über das Leder. »Da, Mamu«, sagte ich. »Und laß mich nicht noch einmal draußen warten.«
Der Mann stammelte irgend etwas, und Badriya lachte laut auf. Er hielt mir den Revolver hin und zog eine Augenbraue hoch. »Du hast einen Goldbarren zurückbehalten.«
Ich überprüfte mit einem kurzen Schwung aus dem Handgelenk die Patronenkammer, so zackig wie möglich. »Der ist nicht zu verkaufen«, sagte ich.
»Warum nicht?«
Ich packte den Revolver weg und hob eine Hand zum Abschied. »Nicht alles ist käuflich.« Draußen auf der Straße blieb ich äußerst wachsam. Ich stellte mich vor einen Bata-Schuhladen und überprüfte in der Schaufensterscheibe, ob mir jemand nachschlich. Ich mußte damit rechnen, daß ich verfolgt wurde, daß Paritosh Shah eilig seine Berechnungen angestellt und jemanden losgeschickt hatte, vielleicht Badriya, der mich beschatten und eine Menge Gold ausfindig machen sollte. Es wäre nur logisch. Doch keine gespiegelten Verfolger erschienen, also schlenderte ich gemächlich davon, mit häufigen Pausen an schlecht einsehbaren Stellen, um die Gesichter der vorbeigehenden Leute zu mustern. Ich war aufmerksam, aber entspannt, fühlte mich in den Straßen dieser Stadt wohl wie nie zuvor, voll herrschaftlicher Sympathie für die hübschen kleinen, im abendlichen Dämmerlicht leuchtenden Bungalows, an denen ich nun vorbeikam, für die fröhlichen reichen Kinder, die hinein- und hinausrannten. Plötzlich war mir das alles nicht mehr feind. Und ich gab mir die größte Mühe, dem Behagen zu widerstehen, mein Mißtrauen gegenüber der Euphorie angesichts eines einträglichen Geschäfts wachzuhalten, der Ekstase darüber, einen einzigen Satz Würfel geworfen zu haben, die unaufhaltsam und direkt zum Sieg gerollt waren. Sei nicht leichtsinnig. Paß auf, paß auf. Du hast die richtigen Zahlen gewürfelt, aber das
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