Der Pate von Florenz
Florin und ihre Siegel zu fälschen, beging ein schweres Verbrechen gegen den Staat, weil das blinde Vertrauen der Händler in den Wert dieses Zahlungsmittels unabdingbar war für ihre Geschäfte.
»Meine Herren, das … also, das ist ungeheuerlich, wessen Ihr mich da bezichtigt!«, empörte sich der Vater. »Ich bin ein ehrbarer Goldschmied und ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen! Ich verwahre mich gegen diese unsinnige Anklage und ich verlange, dass Eure Büttel sich in meiner Werkstatt nicht wie die Vandalen benehmen!«
»Wie ehrbar Ihr seid, wird sich noch erweisen! Und meine Männer tun das, was ich für richtig halte, Meister Emilio!«, erwiderte der Kommissar scharf.
Indessen hatte sich einer der Büttel der ramponierten Kiste neben dem Brennofen angenommen, deren Deckel fehlte und die mit alten Putzlappen gefüllt war.
Der Vater wollte schon zu einem neuerlichen Protest ansetzen, als der Büttel, der über der Kiste mit den Lappen gebeugt stand, triumphierend ausrief: »Ich habe was gefunden! Hier ist sie, die Fälscherware!« Er hielt zwei Säckchen mit Siegelgulden in die Höhe.
Fiora riss entsetzt die Augen auf. Das konnte nicht sein! Unmöglich! In ihrem Haus gab es keine gefälschten Münzen und Siegel!
Dem Vater wich das Blut aus dem Gesicht. Er wankte nach hinten, direkt in die Arme des Gildenkonsuls. Immer wieder schüttelte er wie betäubt den Kopf und keuchte: »Nein! Das gehört mir nicht! Heilige Jungfrau, ich schwöre bei allem, was mir heilig ist …«
»Haltet Euer schändliches Lügenmaul!«, fiel ihm der Gildenkonsul grob ins Wort. »Ihr seid überführt, Meister Emilio! Die Untersuchung der Siegel und die Goldwaage werden den letzten Beweis erbringen, dass Ihr der Verbrechen der Falschmünzerei und der Siegelfälschung schuldig seid! Und mit wem Ihr Eure schmutzigen Geschäfte betreibt, das werden wir schon noch aus Euch herausbekommen! Ihr seid eine Schande für unsere Gilde! Aber dafür werdet Ihr büßen! Weiß Gott, das werdet Ihr – und zwar mit Eurem gottlosen Leben!«
Der Kommissar nahm die beiden Siegelbeutel an sich und befahl seinen Bütteln: »Führt ihn ab und werft ihn in den Kerker!« Damit verließ er die Werkstatt.
Widerstandslos ließ Emilio Bellisario sich von den Bütteln abführen.
Der Gildenkonsul folgte ihnen wortlos, dann krachte die Tür hinter ihnen ins Schloss.
Fiora sank zitternd zu Boden. Ein Würgen entrang sich ihrer Kehle. Namenlose Angst hatte sie gepackt und riss sie in einen schwarzen Abgrund. Nicht einmal weinen konnte sie. Die Tränen flossen erst viel später.
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1 Die acht von der Wache
34
B leich wie der Tod hastete Fiora die Via dei Ferravecchi hinunter. Bis zum Mercato Vecchio war es ein einziger Spießrutenlauf und die Straße erschien ihr mit einem Mal endlos lang. Hätte sie doch bloß den Umweg über die Via Belli Sporti genommen!
Wie ein Lauffeuer musste es sich in ihrem Viertel herumgesprochen haben, dass ihr Vater wegen Falschmünzerei verhaftet worden war und dass man in seinem Haus auch die Beweise für sein verbrecherisches Tun gefunden hatte. Von allen Seiten richteten sich neugierige oder sogar hämische Blicke auf sie. Wie Kletten blieben sie an ihr hängen. Ein Mann trat ihr sogar in den Weg und spuckte ihr vor die Füße. »Dafür wird er hängen, der Hund!«, zischte er.
Fiora stolperte beinahe, raffte ihre Röcke und lief wie gehetzt weiter. Erst als sie auch noch den Markt hinter sich gelassen hatte und der Dom sich vor ihr erhob, wagte sie es, langsamer zu gehen.
Den Glockenschlägen des Campanile nach zu urteilen, waren fast zwei Stunden seit der Verhaftung ihres Vaters vergangen. Anfangs hatte sie nicht einen einzigen klaren Gedanken fassen können. Sie wusste nicht, wie lange sie auf den harten Bohlen gekauert hatte. Irgendwann hatte sie sich, wie von einer langen Krankheit geschwächt, zur Schlafpritsche geschleppt und war darauf zusammengesunken. Was sollte sie nur machen?
Eines wusste sie: Die Sache mit den versteckten Siegelflorin und die Verhaftung ihres Vaters gingen auf das Konto ihres Schwagers. Es konnte gar nicht anders sein. Wer sonst hätte einen Grund gehabt, ihm ein solch schweres Verbrechen in die Schuhe zu schieben? Jetzt war der Weg frei für ihn! Es würde nicht mehr lange dauern und er hätte sein Ziel erreicht. Das Haus seines Schwiegervaters gehörte ihm!
Ob ihre Schwester davon wusste? Fiora weigerte sich, das zu glauben. Costanza mochte eitel und berechnend sein, aber dass sie
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