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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Überredungskunst und dann mit Gewalt versucht hatten, ihren Vater und sie aus dem Haus zu treiben, um es in ihren Besitz bringen zu können. Von dem Einbruch hatte sie ihm schon vor Monaten erzählt, sie hatte ihm aber verschwiegen, dass sie wusste, wer dafür verantwortlich sein musste und was die Verwüstung der Werkstatt hatte bezwecken sollen.
    Aufmerksam und mit wachsendem Zorn hörte Giuliano ihr zu. »Dieser abgefeimte Schurke Filippo Sabatelli! Seine Seele, so er denn eine hat, muss schwarz sein wie der Leibhaftige, dass er zu so einem abscheulichen Verbrechen fähig ist!«, stieß er voller Abscheu hervor.
    »Ich weiß mir keinen Rat mehr, Giuliano! Ich habe solche Angst um meinen Vater, dass sie ihn jetzt, während wir hier sitzen, im Kerker Höllenqualen erleiden lassen. Oh Gott, steh ihm bei!«, schluchzte sie. Wieder rannen Tränen über ihre Wangen.
    Giuliano zögerte kurz und schaute sich um, aber kein Mönch war in der Nähe. Und dann legte er seine Arme um Fiora, zog sie fest an sich und ließ ihre Tränen seinen Hals benetzen. »Ganz ruhig, mein Mädchen«, sagte er und strich beruhigend über ihr Haar. »Es ist schrecklich, was man euch angetan hat. Aber ich verspreche dir: Ich werde es verhindern, dass man deinen Vater für eine Tat hinrichtet, die er nicht begangen hat.«
    Fiora hob den Kopf. Die Hoffnung, die er ihr machte, befreite sie jedoch nicht von der Angst, die sie um ihren Vater hatte. »Aber was ist, wenn sie ihn schon auf die Folter gespannt haben?«
    »Ihn davor zu bewahren oder zumindest dafür zu sorgen, dass die Folter sofort eingestellt wird, dürfte am einfachsten zu bewerkstelligen sein«, versicherte er. »Schwieriger wird es werden, die Anschuldigungen gegen ihn zu entkräften. Es wäre sinnlos, den Seidenhändler zu bezichtigen. Der Mann ist nicht irgendein kleiner Händler, den man nun seinerseits an den Strappado hängen kann, damit er mit der Wahrheit herausrückt. Er gilt als angesehene Person und mit den Pazzi hat er mächtige Freunde. Und einen so reichen Parteigänger der Pazzi kurzerhand in den Kerker zu werfen, würde für viel Wirbel sorgen und den können wir Medici jetzt wirklich nicht gebrauchen.«
    »Aber wie willst du ihn dann retten?«, fragte sie gequält.
    »Mir wird schon etwas einfallen«, versprach er und wischte ihr die Tränen vom Gesicht. »Und jetzt lass uns keine Zeit mehr vergeuden. Ich werde erst einmal zum Kerker gehen und dafür sorgen, dass dein Vater dort gut behandelt wird. Alles andere muss warten. Später werde ich dir berichten, was ich erreicht habe.«
    Sie nickte. »Wo und wann?«
    Er überlegte kurz. »Wir treffen uns nach Einbruch der Dunkelheit in der Taverne Michel del Bello an der Porta della Croce. Dort sind wir ungestört. Du findest mich am hintersten Tisch beim Feuerholz. Nur Mut, Fiora. Alles wird wieder in Ordnung kommen, das verspreche ich dir!«
    Sie wollte ihm nur zu gern glauben. »Das gebe Gott!«
     
    Fiora wagte sich für den Rest des Tages nicht in ihre Straße zurück. Hoffend und bangend zugleich, streifte sie ziellos durch die Stadt. Sie ging in jede Kirche, an der sie vorbeikam, und erflehte göttlichen Beistand für ihren Vater.
    Es wurde der längste Tag ihres Lebens. Ihr schien, als wollte das Glühen der Sonne nicht nachlassen und als würde sie nie mehr hinter den Stadtmauern von Santo Spirito versinken. Aber dann hatte die Sonne schließlich doch Erbarmen mit Fioras Qualen. Mit einem letzten feurigen Aufleuchten nahm sie Abschied von der Arnoebene und der stolzen Stadt.
    Giuliano saß schon hinten am Tisch, als Fiora die Taverne betrat und Ausschau hielt nach ihm. Er steckte wieder in der Kutte eines Konversen, deren hochgeschlagene Kapuze sein Gesicht verbarg. Fiora drängte sich durch die Arbeiter der umliegenden Färbereien und Trockenhallen, die es nicht erwarten konnten, nach Feierabend die ersten Becher Wein durch ihre durstigen Kehlen laufen zu lassen.
    »Hast du etwas erreichen können?«, stieß sie gehetzt hervor, kaum dass sie bei ihm am Tisch war.
    Er nickte. »Ich habe gute und weniger gute Nachrichten.«
    »Oh Gott!«, stöhnte sie und sackte neben ihm auf die Bank. »Sie haben ihn gefoltert, nicht wahr?«
    »Sei beruhigt, das Schlimmste habe ich verhindern können«, sagte er voller Mitgefühl.
    Ihr Herz krampfte sich zusammen.
    »Zum Glück haben sie ihn nicht ans Seil gehängt«, fuhr er schnell fort. Von den glühenden Zangen und den anderen Marterwerkzeugen, mit denen man ihrem Vater schon

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