Der Pate von Florenz
Er solle jedoch auf keinen Fall unten im Schankraum auf ihn warten, sondern oben in seinem Zimmer.
Montesecco war gespannt, aber gleichzeitig fühlte er sich unbehaglich. Nun, bald würde er wissen, ob das Oberhaupt der Familie Pazzi ihren Plan unterstützte oder ob er ihn zum Scheitern brachte.
Pazzi ließ ihn länger warten, als er gehofft hatte. Doch dann hörte er polternde Stiefelschritte die Stiege heraufkommen und bald danach ein kurzes, herrisches Klopfen. Rasch öffnete er die Tür und ließ seinen Besucher herein, einen stämmigen Mann Mitte fünfzig mit einem ledrig gegerbten Gesicht und einer fliehenden, beinahe kahlen Stirn.
»Dreimal verflucht soll ich sein, dass ich bei dieser elenden Hitze in der stinkenden Stadt ausharre, statt auf meinem Gut im kühlen Schatten der Pergola zu sitzen und mich an den verteufelt hart erarbeiteten Früchten meiner Arbeit zu erfreuen!«, platzte er mürrisch heraus und stieß die Tür hinter sich zu, noch bevor Montesecco dazu kam, ihn zu begrüßen und sich ihm vorzustellen.
Während Pazzi seinen leichten Sommerumhang von den Schultern zog und auf das Bett warf, fasste er den fremden Mann scharf ins Auge und bellte: »So, Ihr seid also aus Rom gekommen, um mich weichzuklopfen!«
Montesecco war unangenehm berührt über diese grobe Begrüßung, auch wenn Franceschino ihn vorgewarnt hatte, dass sein Onkel eine derbe Sprache pflegte, die er gern und oft mit Flüchen würzte. Doch er ließ sich nichts anmerken, sondern verbeugte sich. »Graf Gian Battista Montesecco, Signore! Es freut mich, Eure Bekanntschaft machen zu dürfen!«
»Tod und Krätze, das wird sich erst noch zeigen!«, knurrte Jacopo de’ Pazzi bissig und trat an den kleinen Tisch, auf dem Montesecco einen Krug mit kaltem Weißwein und zwei Becher bereitgestellt hatte. Ohne eine Aufforderung abzuwarten, griff er sich einen Becher, füllte ihn mit Wein und leerte ihn in einem Zug.
Montesecco räusperte sich. »Erlaubt mir, dass ich Euch, wie mir aufgetragen wurde, zuallererst die herzlichsten Grüße und Segenswünsche des Heiligen Vaters, von Erzbischof Salviati und von Eurem werten Neffen ausrichte. Hier sind ihre Beglaubigungsschreiben, damit Ihr sicher sein könnt, dass ich in deren Namen komme.« Er überreichte Pazzi die drei versiegelten Briefe.
Der Bankherr schnaubte nur, nahm die Schreiben entgegen, erbrach die Siegel und überflog die Zeilen, die, wie erwartet, nur die Bestätigung enthielten, dass der Unterzeichnete den Grafen Montesecco in Erledigung der ihm, Jacopo de’ Pazzi, bekannten Angelegenheit nach Florenz entsandt habe und dass dieser von ihm bevollmächtigt sei, in der Sache für ihn zu sprechen.
»Verdammte Vergeudung von teurem Papier!«, schimpfte der Bankherr. »Ein Bogen mit drei Unterschriften hätte es auch getan! Also dann, was sollen wir miteinander bereden, Graf Montesecco? Sollen wir vielleicht über wichtige Staatsangelegenheiten reden?« Ein sarkastischer Ton lag in seiner Stimme.
»Durchaus. Deswegen bin ich zu Euch gesandt worden«, erwiderte Montesecco. »Es geht, wie Ihr wisst, um die Medici …«
Weiter kam der Hauptmann nicht, denn schon fiel Pazzi ihm ins Wort. »Bleibt mir mit dem verfluchten Namen vom Hals! Der Teufel soll dieses widerliche Pack holen! Fangt mir nicht von diesen räudigen Hunden im Seidenwams an! Pest und Krätze über diese verfluchten Geschwüre am Leib der Menschheit!«
Montesecco seufzte in Gedanken auf. Unser Gespräch wird wohl zu keinem schnellen Ende kommen. Nun, mir soll es recht sein!
»Ich will auch nichts von diesen Umstürzlern in Rom hören, die sich das verdammte Hirn zermartern, wie sie sich selbst zu den Herren über Florenz machen können!«, fuhr Pazzi indessen erregt fort. »Was reden die da bloß? Ich kenne mich hier besser aus und weiß, was zu tun ist! Ihr schändliches Treiben wird die Medici über kurz oder lang von allein in den Ruin treiben und dann wird mit der gottlosen Schurkenbande abgerechnet!«
Montesecco hätte die Sache am liebsten sogleich verloren gegeben. Und er konnte nur zu gut verstehen, warum Jacopo de’ Pazzi nicht gewillt schien, sich auf das gefährliche Unternehmen einzulassen. Denn sein Einsatz war zweifellos der höchste in dem Spiel. Der Mann hatte ein gewaltiges Vermögen angehäuft, und das würde er bis auf den letzten Picciolo verlieren, wenn etwas schiefging – und dazu auch noch Leib und Leben. Aber er, Montesecco, stand beim Heiligen Vater im Wort, dass er nichts unversucht
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