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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Muttergottes, worauf habe ich mich bloß eingelassen und warum schaffe ich es einfach nicht, Giuliano ein für alle Mal abzuweisen?, fragte sich Fiora wieder einmal, während sie die Asche aus dem Brennofen räumte. Sie wollte die frühe Morgenstunde für einen neuen Schmelzvorgang nutzen, bevor die Augusthitze diese Arbeit in der verriegelten Werkstatt unerträglich machte. Wie sehnte sie doch die kühlen Herbst- und Wintertage herbei!
    Sie hatte Glück im Unglück, dass sie an diesem Morgen nicht mit einer Goldschmiedearbeit an der Werkbank saß, denn auf einmal hämmerten Fäuste gegen die Haustür und sogleich stürmten Männer in die Werkstatt herein. Siedend heiß fiel Fiora ein, das sie vergessen hatte, die Tür wieder zu verriegeln, nachdem sie nach dem Aufstehen den Nachttopf auf der Straße ausgekippt hatte. Dieses Versäumnis sollte sie sich nie verzeihen, auch wenn es die über sie hereinbrechende Katastrophe nicht abgewendet hätte.
    Vor lauter Schreck ließ Fiora die Aschenschaufel zu Boden fallen. Entsetzt starrte sie auf die beiden Männer, die, gefolgt von zwei kräftigen Stadtbütteln, ihr entgegentraten. Der eine war Salvestro Turnido, eine vierschrötige Gestalt mit einem kantigen Gesicht und grauen Schläfen. Als einer der Konsuln der Gilde war er ein mächtiger Mann. Entsetzt erkannte sie auch seinen Begleiter. Armando Patrocelli gehörte zur gefürchteten otto di guardia 1 . Er war einer der acht Kommissare, denen eine Geheimpolizei aus Spitzeln und Bütteln mit besonderen Vollmachten unterstand. Die Kommissare kümmerten sich ausschließlich um schwerwiegende Verbrechen wie Hochverrat, Verschwörung gegen die Kommune, Missachtung der Vorschriften für Verbannte und ähnliche Straftaten, die sich gegen die Regierung der Republik richteten und die zu einer Gefahr für ihre hohen Amtsträger werden konnten.
    »Wo steckt Meister Emilio?«, fragte der Gildenkonsul scharf, während der Kommissar seinen prüfenden Blick durch die Werkstatt schweifen ließ.
    »Ja, aber … aber, was in Gottes …«, stammelte Fiora.
    »Du sollst antworten!«, schnitt Salvestro Turnido ihr schroff das Wort ab. »Wo steckt er? Er soll ja nicht glauben, dass er sich aus dem Staub machen kann!«
    »Mein Vater ist oben«, sagte Fiora mit zittriger Stimme und wie zur Bestätigung waren nun eilige Schritte auf der Treppe zu hören.
    Der Kommissar, der bisher nicht ein Wort von sich gegeben und ihr überhaupt keine Beachtung geschenkt hatte, gab seinen beiden Bütteln einen knappen Wink. »Fangt mit der Durchsuchung an! Lasst nichts aus! Klopft auch Boden und Wände nach einem Versteck ab und reißt sie auf, wenn ihr auf etwas Verdächtiges stoßt. Werkzeug dafür findet ihr hier ja zur Genüge!«
    Fiora starrte ihn verstört und ängstlich an. Was suchten die Männer in ihrem Haus, wenn sie doch offensichtlich nicht gekommen waren, um sie des verbotenen Handwerks zu überführen?
    Die Büttel nickten stumm und begannen mit der Durchsuchung. Der eine riss die neben der Tür stehende Kiste mit den Musterbüchern auf und räumte sie aus, indem er den Inhalt einfach neben sich auf den Boden warf. Währenddessen suchte der andere nach weiteren Verstecken.
    Endlich trat ihr Vater durch die Tür. Auch er erschrak beim Anblick des Gildenkonsuls, des Kommissars und der beiden Büttel, die sich in seiner Werkstatt zu schaffen machen.
    »Allmächtiger, was geht hier vor? Was hat das zu bedeuten, meine Herren?«, stieß er hervor.
    Der Kommissar wandte sich ihm zu und maß ihn mit einem eisigen Blick. »Man hat uns zugetragen, dass Ihr Euch des Verbrechens der Falschmünzerei schuldig gemacht habt! Ihr sollt angeblich das amtliche Siegel und den Goldgehalt der fiorini di sugelli fälschen!«
    Fiora schüttelte ungläubig den Kopf. Ihr Vater, der nicht einmal mehr Feilen und Treibhämmer sicher führen konnte, sollte ein Falschmünzer von Siegelflorin sein? Was für eine unsinnige Beschuldigung!
    Ihrem Vater verschlug es die Sprache. Er wusste, bei diesen Siegelflorin handelte es sich um Goldmünzen, deren Wert die Stadt garantierte. Sie wurden nämlich in der staatlichen Münze gleich nach der Prägung und einer genauesten Prüfung auf ihren Goldgehalt hin in kleine Beutel gefüllt und diese wurden mit einem amtlichen Siegel versehen. Die Siegelgulden dienten den Großkaufleuten als sichere Zahlung von Wechselbriefen und galten in allen Ländern, in denen Florentiner Geschäfte abschlossen, als vertrauenswürdig. Wer es wagte, diese

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