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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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schämen müssen?«
    »Ich wünschte, die Erde würde sich auftun und mich verschlingen! Ich hätte es verdient! Dann wäre alles vorbei und ich bräuchte es dir nie zu sagen!«, stieß sie verzweifelt hervor.
    Er versuchte, ihr die Hände vom Gesicht zu ziehen, doch sie wehrte sich. »Um Gottes willen, bitte rede mit mir, Fiora! Du kannst mir alles sagen!«, beschwor er sie. Auf einmal spürte er ein entsetzlich flaues Gefühl im Magen.
    Mit einem Ruck nahm sie die Hände herunter. Scham und Verzweiflung lagen auf ihrem bleichen Gesicht, als sie ihm die Wahrheit entgegenschleuderte: »Wirklich? Auch dass ich ein Kind von Giuliano erwarte?«
    Ihm war, als hätte sie ihm einen Schlag versetzt. Ein Peitschenhieb hätte ihm keinen größeren Schmerz zufügen können. Er zuckte zurück, als hätte er sich an ihren Händen verbrannt, fuhr taumelnd hoch und hielt sich an der Kante des Ofens fest.
    Ein Kind von Giuliano!
    Fassungslos starrte er sie an. Er öffnete den Mund, brachte jedoch keinen Ton heraus. Ungläubiges Entsetzen schnürte ihm die Kehle zu.
    Ein bitteres Lächeln zuckte über ihr Gesicht. »Ja, genau das hatte ich erwartet! Dass du mich entsetzt ansehen würdest! Aber es geschieht mir ja recht … Und nun geh!«
    Wie benommen schüttelte Marcello den Kopf. Erst allmählich, wie feine Körner durch den engen Hals einer Sanduhr rieseln, begriff er, was Fiora ihm soeben gestanden hatte. »Hat … Hat er dich verführt?«, brachte er mühsam hervor.
    Fiora lächelte gequält. »Ich wünschte, ich könnte mich in diese Entschuldigung retten. Aber so war es nicht. An dem, was geschehen ist, trage ich genauso viel Schuld wie er«, flüsterte sie.
    Schweigend stand er da. Ihm war, als könnte er kein einziges Wort mehr sprechen. Ein Kind von Giuliano … Ein Kind von Giuliano, hämmerte es in seinem Kopf und schien jeden anderen Gedanken zu ersticken.
    Irgendwann hob Fiora den Kopf und sagte mit brechender Stimme in das beklemmende Schweigen hinein: »Warum gehst du nicht endlich!« Es war keine Frage, sondern eine Bitte voller Seelenqual, er möge sie in ihrer Schande allein lassen.
    Er wollte sich abwenden und gehen, doch er konnte es nicht. »Ich will wissen, wie es dazu gekommen ist«, hörte er sich zu seiner eigener Verwunderung sagen. Warum wollte er das? Was machte es für einen Unterschied, wer von ihnen beiden was getan hatte und wie sie … wie sie zueinandergefunden hatten? Reichte es denn nicht, dass er wusste, wohin Giulianos Interesse an ihr geführt hatte? Genügte ihm der wilde Schmerz nicht, der in ihm wütete?
    Zweifelnd sah sie ihn an. »Warum willst du dir das antun?« Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Er antwortete nicht.
    Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. »Es kam so viel zusammen«, sagte sie schließlich. »Wer weiß, was gewesen wäre, wenn ich von Anfang an gewusst hätte, wer Giulio in Wirklichkeit ist …«
    Wortlos zog er sich einen Schemel heran und setzte sich.
    »Also gut, wenn du wirklich alles wissen willst, soll es so sein«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Ich glaube, wenn ich nicht so ratlos und so verzweifelt gewesen wäre und nicht so viel Angst um das Leben von Vater gehabt hätte, nachdem sie ihn verhaftet hatten, vielleicht wäre dann alles ganz anders gekommen …«
    Marcello sah sie stirnrunzelnd an. »Verhaftet? Dein Vater?«, fragte er knapp.
    Tonlos berichtete Fiora ihm vom Komplott ihres Schwagers mit den gefälschten Siegelflorin, dass man ihren Vater im Kerker gefoltert hatte und dass er hingerichtet worden wäre, wenn Giuliano nicht eingegriffen und von dem verurteilten Giftmörder ein Geständnis erkauft hätte.
    Marcello schüttelte fassungslos den Kopf. Es wunderte ihn nicht, dass sein Vater ihm nicht ein einziges Wort darüber geschrieben hatte. Auch nicht, dass weder Silvio noch Alessio ihm nach seiner Rückkehr davon berichtet hatten. Mit Silvio war er gleich am ersten Tag heftig aneinandergeraten, als er ihn nicht nur über die vorzunehmenden Veränderungen unterrichtet hatte, sondern auch über die Entscheidung des Vaters, dass von nun an die Leitung der Ziegelei in seinen Händen lag.
    »Und als Vater dann fast zwei Wochen lang im Spital der Schwestern von Santa Verdina lag und gepflegt wurde, hat Giuliano …« Sie stockte kurz und suchte nach Worten, mit denen sie ihn nicht verletzen konnte. »… da hat er sich sehr um mich gekümmert.«
    Ein Ausdruck von Bitterkeit kroch in seine Mundwinkel. Giuliano hatte sich um sie

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