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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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sie!«
    Giuliano seufzte. »Ja, reib du nur noch ordentlich Salz in die Wunde. Aber ich wusste ja, dass du wütend sein würdest, wenn du das erfährst.«
    »Wütend ist nur eines von vielen Worten, die mir dazu einfallen, aber es ist bestimmt das freundlichste von allen«, gab Marcello bissig zurück. Er wunderte sich nicht, dass Giuliano offenbar nicht einmal auf den Gedanken kam, er, Marcello, hätte für Fiora mehr sein können als nur ein guter Freund aus Kindertagen. So wie für Giuliano als Medici eine Ehe mit der Tochter eines so gut wie mittellosen Handwerkers unmöglich war, so war auch für Marcello, den Sohn des Consigliere Sandro Fontana, eine solche Verbindung von vornherein ausgeschlossen.
    »Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!«, verteidigte Giuliano sich verdrossen. »Das habe ich übrigens auch meinem Bruder gesagt, als er mir die Leviten gelesen hat. Mein Gott, als ob er und seine Freunde nicht mit ganz anderen Eroberungen aufwarten könnten! Du weißt doch selbst, wie wild sie es treiben! Und nicht nur mit ihren Mätressen und Kurtisanen! Na ja, er hat sich dann auch schnell wieder beruhigt und mir versichert, dass für Fiora und das Kind gesorgt sein wird.«
    »Und was bedeutet das?«, fragte Marcello, obwohl er die Antwort schon längst kannte.
    »Wir werden Fiora natürlich entschädigen«, sagte Giuliano fast geschäftsmäßig. »Sie wird auch eine gute Amme für das Kind bekommen. Und wenn es ein Junge ist, werden wir ihn natürlich gleich zu uns nehmen und ihm eine entsprechende Zukunft ermöglichen.«
    Marcello nickte. Genauso hatte er es sich gedacht. Für die Reichen und Vornehmen der Stadt war ein illegitimes Kind keine Schande, sondern allenfalls eine kleine, allzu menschliche Verfehlung. Von dieser Sünde konnte man sich leicht mit einer Beichte und einer netten Zuwendung an die Kirche reinwaschen. Auch war es gang und gäbe, dass man uneheliche Söhne in die Familie aufnahm, sie mit den ehelichen Kindern aufwachsen und erziehen ließ und ihnen im Erwachsenenalter eine gute Stellung verschaffte. Und ein unehelicher Sohn im Palazzo der Medici würde alles andere als ungewöhnlich sein. Schon Giulianos Großvater Cosimo hatten seinen außerehelich gezeugten Sohn Carlo in sein Haus geholt, ihm eine gute Ausbildung angedeihen lassen und ihm den Weg in ein hohes Kirchenamt geebnet. Als Abt des Klosters San Stefano in Prato durfte er sich einer einträglichen Pfründe erfreuen.
    »Es ist doch beruhigend zu wissen, dass unser guter Pate und Erster Bürger seine schützende Hand auch über das geringste seiner florentinischen Schäfchen hält«, sagte Marcello mit beißendem Spott. »Dann ist die Welt ja wieder in Ordnung und wir können uns den wichtigen Dingen des Lebens zuwenden. Darauf sollten wir trinken, Giuliano!« Er griff zu seinem Becher und prostete ihm zu.
    Der Wein schmeckte wie bittere Galle.

40
    G raf Riario begrüßte Erzbischof Salviati und Franceschino de’ Pazzi in seinem vatikanischen Palast derart fröhlich, wie sie ihn schon seit Monaten nicht mehr erlebt hatten. Die beiden Besucher konnten dessen ausgesprochen gute Laune allerdings nicht teilen, hatten die Verschwörer doch einen herben Rückschlag nach dem anderen einstecken müssen. Die Ermordung der Medici und der Umsturz in Florenz schienen ferner denn je.
    »Entweder scheint Ihr mehr Galgenhumor zu besitzen als wir und das klägliche Ende unseres Planes im Wein ertränken zu wollen«, sagte Salviati mit einem verblüfften Blick auf den prächtig gedeckten Tisch, auf dem kalte Köstlichkeiten, funkelnde Kristallpokale und mehrere Karaffen Wein zu einem späten Nachtmahl einluden. »Oder aber Ihr wisst etwas, das uns noch nicht zu Ohren gekommen ist und das Anlass gibt, neue Hoffnung zu schöpfen.«
    Franceschino lachte grimmig auf. »Gäbe Gott, es wäre so! Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was das sein sollte, das den Karren wieder aus dem Dreck ziehen könnte.«
    Riario amüsierte sich königlich über ihre Mischung aus Verwunderung und gespannter Erwartung, was wohl der Grund für seine Fröhlichkeit und das hastig anberaumte Treffen an diesem Dezemberabend war. Er ließ sie noch einen Augenblick lang zappeln, indem er die drei Pokale mit Wein füllte. Und als jeder von ihnen einen Pokal in der Hand hielt, forderte er sie heiter auf: »Meine Freunde, lasst uns auf den neuen Kardinal anstoßen, dessen Ernennung der Heilige Vater morgen verkünden wird!«
    »Und wer ist es, dem

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