Der Pate von Florenz
reiten und der Familie Sculetti einen Besuch abstatten.«
Alessio lachte. »In der Provinz soll es ja recht saftige Früchte geben, aber die zu pflücken überlasse ich gerne dir, Bruder.«
»Alessio!«, wies ihn der Vater zurecht. »Schluss mit diesem Gerede!« Dann wandte er sich wieder seinem Zweitgeborenen zu. »Marcello, du hast einen langen Ritt hinter dir. Mach dich frisch und dann komm zum Essen. Ich hole uns einen guten Wein aus dem Keller. Heute wollen wir feiern. Bestimmt hast du viel zu erzählen.«
Der Abend wurde lang, denn die Eltern erwarteten von Marcello, dass er ihnen ausführlich über seine Zeit in Pistoia berichtete. Dabei ließ der Vater in seinen Fragen immer wieder den Namen Letta fallen. Marcello äußerte sich sehr freundlich über sie, aber seine Beschreibungen blieben unverbindlich. Später, als Alessio gegangen war, weil er sich mit ein paar Freunden treffen wollte, nahm der Vater Marcello beiseite. »Es freut mich, dass du eine so gute Meinung von Taddeo Sculettis Tochter hast.«
»Das war nicht schwer. Sie ist ein wirklich nettes Kind, wenn auch sehr schüchtern«, antwortete Marcello und hoffte, dass der Vater den Hinweis mit dem Kind richtig verstand.
»Ach, das wird sich schon geben und solch eine Schüchternheit hat auch ihren Reiz, mein Sohn. Deine Mutter hatte diese Tugend auch, als ich sie zur Frau nahm«, sagte der Vater mit einem Augenzwinkern. »Und in ein, zwei Jahren wird auch Letta eine prächtige Ehefrau abgeben, findest du nicht?«
»Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, Vater«, antwortete Marcello ausweichend.
Der Vater legte ihm die Hand auf die Schulter. »Das solltest du aber, Marcello. Letta ist hübsch und bei guter Gesundheit und sie wird eine beachtliche Mitgift mit in die Ehe bringen«, betonte er. »Ich möchte dich nicht drängen und du kannst dir ruhig Zeit damit lassen, aber bedenke, was es für dich und das Haus Fontana bedeuten würde.«
»Wenn Euch so viel daran liegt, werde ich es tun, Vater«, versprach Marcello und wechselte geschickt das Thema. »Aber im Augenblick habe ich andere Dinge im Kopf. Wir werden in der Ziegelei einige wichtige Veränderungen vornehmen müssen, wenn sie einen guten Gewinn abwerfen soll.«
Der Vater ging bereitwillig darauf ein. »Ich habe gehofft, dass du mit einigen Vorschlägen aus Pistoia zurückkommst«, sagte er erfreut und klopfte ihm noch einmal anerkennend auf die Schulter. »Es ist schön, dass du mich nicht enttäuschst. So und jetzt wollen wir uns noch einen Krug Wein holen und dann in meinem Studiolo in aller Ruhe darüber reden, was es mit den Veränderungen auf sich hat.«
Von Letta fing der Vater an diesem Abend nicht mehr an. Das Insistieren war seine Sache nicht. Er hatte in aller Deutlichkeit gesagt, was es seiner Ansicht nach dazu zu sagen gab, und er vertraute wohl darauf, dass Marcello sich seiner Verantwortung bewusst war und dass er sich in der nächsten Zeit auch wirklich ernsthafte Gedanken über eine Verschwägerung mit den Sculetti machte. Aber dass er irgendwann darauf zurückkommen würde und dann ein klares Wort erwartete, war gewiss.
Marcello verdrängte es, so gut er konnte.
Am nächsten Morgen hatte Marcello es eilig, aus dem Haus zu kommen. Aber das wichtige Gespräch mit Saccente und Silvio, dessen Verbannung in die Ziegelei noch immer nicht aufgehoben war, musste warten. Jetzt wollte er endlich Fiora wiedersehen.
Wie enttäuscht, ja beinahe betroffen war er, als er erkannte, dass sie seine große Freude über das Wiedersehen nicht teilte. Kaum hatte sie ihm die Tür geöffnet und ihn überaus hastig begrüßt, da wandte sie sich auch schon wieder von ihm ab und eilte zurück in die Werkstatt.
»Entschuldige, aber ich habe heute leider nicht viel Zeit für dich«, murmelte sie, während sie sich nervös an der Werkbank zu schaffen machte. »Ich bin weit hinter meiner Arbeit zurück. Und es eilt, weil ich den Schmuckteller für den Käsehändler endlich fertigstellen muss.«
So hatte er sich seinen ersten Besuch bei ihr nach über vier Monaten nicht ausgemalt! Nicht einmal richtig angesehen hatte sie ihn!
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
Sie schüttelte den Kopf, ohne von der Arbeit aufzusehen. »Ich muss unser Stadtwappen und einige schwierige Zierornamente aus dem Silber treiben. Dabei kann mir niemand helfen, und wenn du zusiehst, kann ich mich nicht konzentrieren.«
»Schade.« Enttäuscht sah er sie an. Ihm war, als hätte sie einen Kübel eiskaltes
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