Der Pate von Florenz
kurzen Armen zu wedeln, wie ein Hirte, der seine Schafherde vor sich hertreibt. »Zu Tisch! Zu Tisch, meine Lieben! Nehmt Platz, nehmt Platz und lasst uns mit dem Essen beginnen!«
Filippo hatte keine Kosten gescheut. Die köstlichsten Gerichte wurden aufgetragen und Fiora ließ es sich schmecken. Was ihr jedoch weit weniger schmeckte, war das Gespräch, das sich zwischen den beiden Männern entspann.
Man kam schnell auf die politische Lage in Florenz und auf die Medici zu sprechen, die, darin waren sie sich einig, wie ungekrönte Fürsten über die Republik herrschten.
»Es ist eine Schande!«, schimpfte Baccio de’ Pazzi. »Ach was, man muss es allmählich eine gottlose Tyrannei nennen! Empörend ist es, wie diese selbstherrlichen Emporkömmlinge aus dem Mugello unsere stolze Republik unter ihre Knute gebracht haben, die Bürgerschaft knebeln und Stück für Stück unserer bitter erkämpften Verfassung außer Kraft setzen! Ein einziger gewaltiger Aufschrei der Auflehnung müsste durch die Stadt hallen!«
Am liebsten hätte Fiora erwidert, dass die meisten Florentiner ganz offensichtlich sehr zufrieden mit der Politik der Medici waren. Wie erklärte sich sonst, dass die Menge bei jedem großen Fest in Jubel ausbrach und aus vollem Hals » Palle, palle! « brüllte, den Schlachtruf der Medici, wenn Lorenzo und sein Bruder Giuliano sich zeigten? Ihr Vater, der sich von jeher der Partei der Medici zugehörig fühlte, war überzeugt, dass die Medici seit Jahrzehnten für stabile politische Verhältnisse in Florenz sorgten. Und das war nicht gerade wenig in einer Stadt, in der alle zwei Monate die höchsten Staatsämter neu besetzt wurden.
»Ihr sagt es, Baccio!«, pflichtete Filippo ihm mit vollem Mund bei. »Dieser Grünschnabel Lorenzo spreizt sich in der Öffentlichkeit wie ein Pfau, spielt den kunstsinnigen und wohlmeinenden Patron, der seine milden Gaben mit dem Füllhorn verteilt, und dabei schmiedet er hinter den fest verschlossenen Türen seines protzigen Palazzo Jahr für Jahr die übelsten Pläne, um unsere Signoria zu entmachten!«
»Die Verteilung der Ämter ist wahrlich eine schändliche Farce!«, ereiferte sich Baccio de’ Pazzi. »Unsere accoppiatori sollen laut Verfassung die Namen aller amtswürdigen Männer aus der Bürgerschaft in die Wahlbeutel tun, sodass jeder die Möglichkeit hat, zum Prior oder gar zum Gonfaloniere gewählt zu werden, wenn die Lose gezogen werden …«
Filippo wollte ihm wortreich zustimmen, aber er hatte sich den Mund gerade mit gebratenem Kapaunfleisch vollgestopft, sodass er sich auf ein grimmiges Schnauben beschränken musste.
»… aber diese Schranzen von Wahlleitern, die samt und sonders Gefolgsleute der Medici sind, stecken immer wieder nur die Zettel mit den Namen von einigen wenigen Dutzend Männern in die Wahlbeutel, die Lorenzo treu ergeben sind«, fuhr Baccio de’ Pazzi derweil erbost fort. »Nur so ist auch zu erklären, dass unsere Familie, die früher regelmäßig in die Priorenschaft berufen worden ist, schon seit fast vier Jahren keinen Gonfaloniere mehr gestellt hat! Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit ist das, wo wir Pazzi doch mit Fug und Recht sagen können, dass wir die reichste Familie der Stadt sind und daher auch die größte Steuerlast tragen – auch wenn die Medici, diese Blender, einen anderen Eindruck zu erwecken versuchen!«
»Ihr sagt ein wahres Wort! Der Sippschaft gehört das Handwerk gelegt!«, kam es unter Schmatzen aus Filippos Mund. »Aber die Bürgerschaft wird sich von denen nicht mehr lange am Gängelband führen lassen. Ich sage Euch, es gärt ganz gewaltig in der Kaufmannschaft. Und zu Recht! Es muss endlich wieder mehr Freiheit geben und eine Regierung, die sich der Unterstützung der breiten Masse sicher weiß. Ich bin ja eigentlich ein friedfertiger Mensch, aber manchmal glaube ich, dass man diese Brut mit dem eisernen Besen aus der Stadt fegen muss. Und hat nicht sogar der Heilige Vater gesagt, notfalls müsse man zu drastischeren Mitteln greifen, um Lorenzo de’ Medici vor Augen zu führen, dass auch er nur ein einfacher Bürger ist?«
»Verdient hätte er es allemal«, sagte Baccio de’ Pazzi. »Aber mein Großonkel Jacopo, der als bedeutendster Bankherr unserer Republik und päpstlicher Depositar tiefe Einblicke in alle Finanzen hat, meint, dass Lorenzo sich über kurz oder lang selbst in den Ruin treiben wird. Schon jetzt soll es um die Finanzen des Hauses Medici katastrophal bestellt sein. Deshalb meint Jacopo,
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