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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Allein die Vorstellung war ihm ein Gräuel.
    Ihre Schwester lachte und machte eine wegwerfende Geste. »Ach was, es wird ihm schon gefallen, nicht mehr unter dem Joch der täglichen Arbeit zu stehen. Du musst es ihm nur schmackhaft machen. Und du willst doch wohl auch, dass er sich nicht mehr plagen und jedem kleinen Auftrag nachjagen muss, nicht wahr?«
    Wenn du wüsstest!, dachte Fiora. Mit den Aufträgen wird es schon wieder besser werden, wenn ich erst noch mehr Erfahrung habe. Das hat selbst Vater gesagt!
    Costanza wartete gar nicht erst eine Antwort ab, sondern setzte Fioras Zustimmung voraus. »Na, siehst du! Und wenn Vater zu uns kommt, wird er durch den Verkauf des Hauses und der Werkstatt mit allen Gerätschaften seines Gewerbes bestimmt eine hübsche Summe erzielen«, sprudelte es nur so aus ihr hervor. »Filippo meint, dass er mit vierhundert Florin rechnen kann, und mit ein bisschen Geschick kann man vielleicht sogar fünfhundert herausholen. Darum wird er sich natürlich kümmern. Ich glaube, er hat schon einen Interessenten im Auge. Dem wird er ordentlich die Daumenschrauben ansetzen, damit eine möglichst hohe Summe dabei herauskommt!«
    »Ihr scheint ja alles schon sehr genau durchdacht zu haben«, sagte Fiora verblüfft.
    Costanza wertete das als Kompliment und lächelte geschmeichelt. »So muss es doch auch sein. ›Kluge Planung ist der halbe Erfolg‹, sagt Filippo immer. Und auf solche Geschäfte versteht er sich, sonst wäre er nicht da, wo er heute ist, obwohl er als jüngerer Sohn von seinem Vater längst nicht so viel geerbt hat wie sein älterer Bruder«, sagte sie stolz. »Und jetzt stell dir einmal vor, was das für dich bedeutet. Bei einer Mitgift von vierhundert oder fünfhundert Florin, die Filippo vielleicht noch etwas aufstocken kann, wird sich bestimmt ein netter Handwerker mit einem recht einträglichen Gewerbe finden lassen. Das wird Filippo dann auch gleich in die Hand nehmen. Es sei denn, du überlegst es dir doch noch einmal und ziehst ein Leben im Kloster vor. Ich bin noch immer davon überzeugt, dass es deine Bestimmung ist, den Schleier zu nehmen, Schwesterherz!«
    Fiora war froh, dass sie darauf nicht antworten musste, klopfte doch in diesem Augenblick jemand an die Tür. Eine Dienerin kam herein und meldete, dass die Herrin und ihr Besuch bei Tisch erwartet würden.
    »Wir reden gleich mit Filippo weiter«, sagte Costanza und zwinkerte ihrer Schwester verschwörerisch zu, als wären sie sich schon einig geworden.
    Die muntere Stimmung ihrer Schwester erhielt jedoch einen Dämpfer, als sie beim Eintreten in das Speisezimmer bemerkte, dass ganz unerwartet noch ein weiterer Gast an ihrer Tafel sitzen würde. Damit war an ein Gespräch über ihre Familienangelegenheiten nicht zu denken. Bei dem Gast handelte es sich um einen herausgeputzten schmalgesichtigen Mann von Mitte zwanzig. Er hieß Baccio de’ Pazzi und war ein entfernter Verwandter von Jacopo de’ Pazzi, dem einflussreichen Florentiner Bankier. Baccio de’ Pazzi hatte ein Familienunternehmen in Prato geleitet und war nun nach Florenz zurückgekehrt.
    Das ungute Gefühl, das Fiora während des Gespräches mit ihrer Schwester beschlichen hatte, wurde noch stärker, als ihr Schwager sie mit ungewohnter Freundlichkeit begrüßte.
    »Wie schön, dich endlich einmal wiederzusehen, mein Kind!«, säuselte er und bedachte sie mit einem Lächeln, das er wohl für entwaffnend hielt. »Erlaube mir, dass ich gleich zu Beginn unseres Wiedersehens mit einer ernsten Rüge kommen muss, aber du machst dich viel zu rar!«
    Fiora zwang sich, sein Lächeln zu erwidern. »Das scheint in der Tat der Fall zu sein, verehrter Schwager, wenn Ihr schon vergessen zu haben scheint, dass das Kind kein Kind mehr ist und dass es auch einen Namen hat, der im Taufregister mit Fiora eingetragen ist«, gab sie scheinbar scherzhaft zur Antwort. Sie stellte fest, dass er stark zugenommen hatte und mittlerweile eine beachtliche Körperfülle aufwies, die in keinem ansehnlichen Verhältnis zu seiner mittleren Körpergröße stand.
    Filippo lachte laut auf. Seine fleischigen Hängebacken tanzten dabei wie Pudding auf und ab.
    »Trefflich, trefflich!«, lobte er und drohte ihr neckisch mit dem Zeigefinger. »Du siehst, was du damit anrichtest, wenn du uns so selten beehrst, Fiora! « Mit zwei Fingern zwickte er sie zum Scherz in die Wange, als wäre sie ein kleines Kind. Nachdem er sie mit dem anderen Besucher bekannt gemacht hatte, begann er, mit seinen

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