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Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.

Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.

Titel: Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. med. Hans Bankl
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beim Beklopfen anders klingen als leere. Außerdem verfügte er über ein feines Gehör, war sehr musikalisch und hatte sogar den Text zu einer komischen Oper von Antonio Salieri geschrieben. Als er 1760 seine „Neue Erfindung, um durch Beklopfen des menschlichen Brustkorbes Zeichen zur Erkennung verborgener Krankheiten der Brusthöhle zu gewinnen“ veröffentlichte, schrieb er im Vorwort: „ Weder Sucht zu Schriftstellern, noch übermäßiger Spekulationstrieb, sondern einfache siebenjährige Beobachtung bestimmte mich, das in bezug auf diesen Gegenstand entdeckte zu regeln, zu ordnen und herauszugeben. Wohl habe ich vorausgesehen, daß ich mit der Veröffentlichung meiner Erfindung auf nichts weniger als unbedeutende Klippen stoßen werde. Denn nie hat es noch Männern, die in Wissenschaft und Kunst durch ihre Erfindung neues Licht oder Vervollkommnung brachten, an dem Gefolge des düsteren Genossen des Neides, der Mißgunst, des Hasses, der hämischen Verkleinerung, ja selbst der Verleumdung gefehlt.“
Das waren prophetische Worte. Als ein Kollege Auenbruggers erstmals von der Möglichkeit hörte, durch Abhorchen des Brustkorbes Krankheiten entdecken zu können, rief er indigniert aus: „ Was soll dieser Unsinn? Seit wann macht eine Lungenentzündung Musik?“
Karl Landsteiner (1868-1943) entdeckte im Jahre 1900 die Blutgruppen und schuf die Möglichkeit von Bluttransfusionen. 1930 wurde er als einziger österreichischer Pathologe mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Was sich vor dieser medizinischen Großtat abspielte, schildert folgende Anekdote.
Richard von Volkmann (1830-1898), Chirurg in Halle, sprach in einer Vorlesung über die Transfusion. Es war damals gerade der Vorschlag gemacht worden, einem Menschen, der großen Blutverlust erlitten hatte, dadurch zu helfen, daß man Blut direkt aus der Ader eines Lammes in seine Adern hineinleitete. Die Ärzte erkannten bald, daß dieses scheinbar so einfache Verfahren sehr gefährlich war.
Volkmann war einer der ersten, der sich energisch mit folgenden Worten dagegen aussprach: „Zu dieser Transfusion gehören drei Schafe. Das eine, von dem das Blut genommen wird, das zweite, in das es geleitet wird, und das dritte, das diese ganze Transfusion ausführt.“
    2 „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 15. März 1996.

DER MEDIZINSTUDENT
    Dem Anatomen und Begründer der modernen Wiener Sozial- und Gesundheitspolitik, Julius Tandler (1869-1936), ist vor vielen Jahrzehnten bereits aufgefallen:
    „ Unsere Studenten lernen zuviel und wissen zuwenig unsere Ärzte wissen zuviel und können zuwenig.“
    Es sollte auch erkannt werden, daß die Studenten in ihrer beruflichen Ausbildung vieles lernen müssen, von dem von vornherein klar ist, daß sie es später im Beruf nicht anwenden können.
Es genügt nicht, bloß Kenntnisse zu lehren, es muß auch gelehrt werden, die Kenntnisse zu gebrauchen. Oft wird nichts vom althergebrachten Wissensstoff aufgegeben und zusätzlich das Neueste verlangt, obwohl doch bekannt sein müßte, daß nicht beliebig viel in die Gehirne junger Menschen gestopft werden kann und die Halbwertszeit „medizinisch-wissenschaftlicher Forschungsergebnisse“ bei drei bis vier Jahren liegt. Das bedeutet schlicht, nach vier Jahren ist nur noch die Hälfte der fortschrittlichen Forschung tatsächlich wahr geblieben.
Der Mangel an persönlicher Beziehung im Universitäts“betrieb“ hat zum Verlust eines entscheidenden Bildungsfaktors geführt: zum Verlust des individuellen Vorbildes. Jeder Lernende hat den berechtigten Anspruch darauf, seinen Lehrmeister persönlich zu kennen. Menschen sollen die Lehre vertreten, nicht bloß Fakten. Medizinstudenten sind im allgemeinen nicht dumm, vor allem lassen sie sich nicht für blöd verkaufen. Die Folge davon ist, die Hörsäle sind nur sehr mäßig besucht.
    Was ist der Unterschied zwischen einem Philosophiestudenten und einem Medizinstudenten?
Man gebe beiden ein Telefonbuch.
Der Philosophiestudent wird fragen:
„ Warum gibst du mir das?“
Der Medizinstudent fragt:
„Bis wann muß ich das auswendig lernen?“

STUDIEREN IST SCHÖN, GEPRÜFT WERDEN WENIGER
    Wie bei sehr vielen akademischen Prüfungen, die mit einer praktischen Tätigkeit verbunden sind - sei es am Patienten, sei es an einer Leiche -, war es auch in der pathologischen Anatomie üblich, sich vom Seziersaallaboranten die „Diagnose“ zu erkaufen. Zu meiner Zeit (1963) war der Tarif 50 Schilling. Dafür bekam ich die Auskunft, die Leiche des

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