Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.
langjährige Vorstand des Instituts für Pathologische Anatomie in Wien, Hermann Chiari (1897-1969), sagte einmal zu einem Studenten, der bei einem Rigorosum sehr aufgeregt war: „Machen Sie sich nichts draus, ich habe früher nie begriffen, wie man bei einer Prüfung aufgeregt sein kann, bis ich kürzlich die Führerscheinprüfung machte. Jetzt weiß ich es.“
SCHON BEKANNT
An der Berliner Universität lehrte der Pathologe Otto Lubarsch (1860-1933), der in jedem Semester seine Vorlesung mit der Feststellung einleitete: „Meine Herren, ich heiße Lubarsch. Die dazu passenden Witze sind alle bereits gemacht worden. Ich danke Ihnen, meine Herren.“
DAS ABSOLUTE GESCHAU
In der Welt der Musik gibt es herausragende Personen mit dem absoluten Gehör.
In der Welt der bildenden Künstler, Zeichner und Maler gibt es herausragende Personen mit dem absoluten Geschau. Beides erstaunt mich nicht, denn es sind ja Künstler am Werk.
Im Verein der pathologischen Anatomen gibt es nur mehr sehr selten Personen mit dem absoluten Geschau, d. h. dem begabten und geschulten Sehen und Erkennen.
Das wundert mich nicht, denn das Schauen, Denken und Erkennen im Seziersaal nimmt deshalb ab, weil immer weniger unserer jungen Kollegen die Obduktionsdiagnostik ausüben.
Auch auf der Ebene der mikroskopischen Untersuchungen wurde die Diagnostik des „Anschauens und Wiedererkennen“ ersetzt durch eine Vielzahl von Spezialfärbungen und immunologischen Markierungen. Dazu braucht man allerdings kein absolutes Geschau mehr, denn die positiven und negativen Ergebnisse der Zellstrukturfärbungen sind dann lediglich rastermäßig auszuwerten.
Es ist mir völlig klar, daß die Differenzierung der Diagnostik einer Spezialisierung der Untersuchungsmethoden bedarf, nur sollte man es nicht übertreiben. Da die Sprache unserer Diagnostiker Englisch geworden ist, möge an ein über 80 Jahre altes Merkwort erinnert werden:
Low magnification, high pathologist. High magnification, low pathologist.
In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war der geschickteste und berühmteste praktisch tätige Arzt in Berlin Ernst Ludwig Heim. Zahllose Geschichten sind von ihm überliefert. Studenten wollten seinen Ruf als Diagnostiker auf die Probe stellen. Einer von ihnen legte sich ins Bett und heuchelte Krankheit. Der herbeigeholte Heim besah ihn kurz und sagte: „Zunge heraus! Weiter! Noch weiter!“ Dann drehte er sich um und meinte: „So, und jetzt kannst du mich mal!“
KEIN MEISTER FÄLLT VOM HIMMEL
Mühsam muß die Heilkunst erlernt werden. Deshalb gibt es seit alters zwei Gruppen von Ärzten: diejenigen der Meister, die nach bestem Wissen und Können die Patienten sterben lassen, und die Schar der Schüler, die den Kranken durch Dummheit ins Jenseits verhelfen. Es gibt eine Unzahl von Geschichten, die sich zwischen Lehrern und Schülern, Professoren und Studenten der Medizin ereignet haben sollen.
SELBST GESEHEN?
Der Wiener Pathologe Carl von Rokitansky ließ häufig die Studenten beim Rigorosum eine Viertelstunde lang ununterbrochen reden und sagte dann: „ Von dem, was Sie mir da erzählt haben, ist auch nicht ein einziges Wort wahr!“ Oder aber: „Haben Sie das, was Sie da sagen, auch wirklich schon einmal gesehen? Wenn Sie es je noch einmal erblicken sollten, so seien Sie so freundlich, es mir auch zu zeigen, denn ich habe so was in meinem ganzen Leben nie gesehen!“
WICHTIGES ORGAN
Der Anatom Joseph Hyrtl fragte einmal beim Rigorosum: „ Was wissen Sie von der Milz?“ Antwortete der Student: „Herr Professor, ich habe es wirklich gewußt, aber wieder vergessen!“ - „Unglücklicher, Sie sind der einzige Mensch auf der Welt, der es gewußt hat, und gerade Sie mußten es vergessen!“
LEXIKALISCHES WISSEN
Rudolf Virchow ließ einen Kandidaten durchfallen, weil er nicht wußte, woher das Wort „Serum“ stammt. Als auch sonst niemand die Antwort wußte, erklärte Virchow: „Das kommt von serus, sera, serum
- klar!“ Inzwischen konsultierte sein erster Assistent schnell das Lexikon und kehrte mit der erstaunlichen Nachricht zurück: „Das ist falsch. Serum ist griechischen Ursprungs und kommt von to serron = die Blutflüssigkeit!“ Virchow mußte daraufhin sein Urteil revidieren.
KEIN TALENT
Einen Studenten, dem trotz längeren Bemühens die Beurteilung eines Präparates im Mikroskop nicht gelang, fuhr Virchow an: „Menschenskind, da sehe ich ja durch ein Astloch mehr als Sie durch das teure Instrument!“
TÖDLICHE
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