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Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.

Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.

Titel: Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. med. Hans Bankl
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möge nach ihrem Ableben die Obduktion sowie die Leichenkonservierung zum Zwecke der Überführung in ihr Heimatland durchführen. Es gibt also sogar in der Pathologie Voranmeldungen.

OHNE ANATOMIE GEHT GAR NICHTS!
    Ärzte ohne Anatomiekenntnisse gleichen Maulwürfen; sie arbeiten im Dunkeln, und ihrer Hände Tagewerk sind - Erdhügel.
    Wenn Ärzte nicht an Toten lernen können, müssen sie dies an Lebenden tun und das kann Tote geben.
Medizinerweisheit
    Diese beiden aphoristischen Bemerkungen sagen eigentlich bereits alles über die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Anatomie. Die Anatomie (griechisch: „Zergliederungskunst“) am Menschen ist eine junge Wissenschaft. Der Glaube, daß die Seelen der Verstorbenen so lange am Ufer des Flusses Styx herumirren müssen, bis ihre Körper beerdigt sind, machte die Anatomie im altklassischen Griechenland, der Geburtsstätte abendländischer Kultur, unmöglich. Ähnliches gilt bis heute für orthodoxe Juden und Moslems. Viele Jahrhunderte studierte man nicht menschliche Anatomie, sondern Beobachtungen bei der Sektion von Tieren wurden auf den Körper des Menschen übertragen. Diese Erkenntnisse standen dann in den gelehrten Büchern von Aristoteles (4. Jahrhundert v. Chr.) bis Galen (2. Jahrhundert n. Chr.) und wurden geglaubt, da diese Leute Autoritäten waren.
    Anatomie ist Wirklichkeit statt Vermutung, darüber gibt es keine Diskussion. Glaube ist Vermutung statt Wirklichkeit, darüber gibt es nur Diskussionen.
    Es ist erstaunlich, daß beim Einbalsamieren im alten Ägypten keine anatomischen Erkenntnisse gewonnen wurden. Im Gegenteil, denn es herrschten beispielsweise solche Vorstellungen:
!" Das Herz nimmt ab Geburt jährlich bis zum 50. Lebensjahr um
    10 Gramm zu, von da an jährlich um ebensoviel ab - deshalb kann kein Mensch über 100 Jahre alt werden,
    !" Ein Nerv führt direkt vom Herzen zum vierten Finger der linken Hand. Deshalb wurde dieser Finger als „digitus cordis“ bezeichnet. Aus langer Tradition entwickelte sich daraus die Gewohnheit, bei „herzlichen“ Angelegenheiten den vierten Finger links mit einem Ring zu schmücken. Personen mit klassisch-geschichtlichem Bewußtsein tragen daher den Freundschaftsring, Verlobungsring oder Ehering an der linken Hand.
    Der Grieche Galen war die dominierende medizinische Autorität seiner Zeit und für über tausend Jahre richtungweisend. Am Höhepunkt seiner Karriere wurde er Leibarzt von Kaiser Marc Aurel (121-180 n. Chr.), welcher bekanntlich in Vindobona gestorben ist. In den Schriften des Galen findet sich erstmals der Begriff „Pathologia“ als Bezeichnung für eine Spezialdisziplin der Medizin. Aber auch er vertrat noch ziemlich abstruse anatomische Vorstellungen: !" Die vier Lappen der Leber umfassen wie Finger die
    Herzkammern, um Wärme an diese abzugeben.
!" Die Atemluft wird der linken Herzkammer zugeführt, wo sie mit
Hilfe der Körperwärme in Lebensluft verwandelt und durch die
Arterien (Luftgefäße) im Körper verteilt wird.
Solche Ansichten bestanden bei der Mehrzahl der unbedarften Ärzte bis in das 16. und 17. Jahrhundert.
    Seit wann gibt es eine exakte Anatomie?
Die Begründer waren das Universalgenie Leonardo da Vinci (1452-1519) und der kritisch-selbstbewußte Arzt Andreas Vesalius (1514-1564).
Leonardo war Künstler, kein Anatom. Um aber der Sache auf den Grund zu gehen, sezierte er selbst, überprüfte eigenhändig und fertigte 799 anatomische Zeichnungen an, deren Qualität und Korrektheit nur in ganz wenigen Ausnahmen von unserem heutigen Wissen abweichen.
Vesal war Leibarzt Karls V. und ersetzte die bis damals übliche Tieranatomie durch die korrekte Menschenanatomie. Er schrieb darüber den Bestseller „De humani corporis fabrica libri septem“ (1543), dessen Illustrationen ein Schüler des Tizian anfertigte.
    Die normale Anatomie als exakte Wissenschaft ist knapp über 450 Jahre alt (1543, Andreas Vesal). Die pathologische Anatomie als Spezialfach ist etwas mehr als 230 Jahre alt
(1761, Giovanni Battista Morgagni).
    Ganz offensichtlich hat der berühmte Galen, jahrhundertelang eine medizinische Autorität und unbestritten ein ausgezeichneter Arzt, seine Berufskameraden sehr gut gekannt. Von ihm stammt der sehr modern klingende Satz: „Die Natur ist der allerbeste Arzt, denn drei Viertel aller Krankheiten vermag sie zu heilen - und nie spricht sie Böses von ihren Kollegen.“

DIE ERSTE OBDUKTION IN WIEN
    Auf Betreiben Herzog Rudolfs IV. von Habsburg (1339-1365) erfolgte die

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