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Der Pathologe

Der Pathologe

Titel: Der Pathologe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Pech gehabt.
    An diesem Nachmittag saß der stumme Bär hinter seiner Registrierkasse und las eine abgegriffene Ausgabe von Edward Bulwer-Lyttons
Eugene Aram
. Jeremys Eintreten belohnte er mit einer Verlagerung des Hinterns und dem kaum wahrnehmbaren Heben einer Augenbraue.
    Jeremy begab sich in die Abteilung
Psychologie
und durchsuchte Buchrücken nach Kostbarkeiten. Nichts. Die durchhängenden Regalböden bargen dieselben Bände, die er dort vor Monaten gesehen hatte. Jedes Buch schien am selben Platz zu stehen. Als hätte man die Abteilung für Jeremy reserviert.
    Wie üblich war der Laden abgesehen von Jeremy leer. Wie verdiente der Stumme seinen Lebensunterhalt? Vielleicht tat er es gar nicht. Während Jeremy weiterstöberte, ertappte er sich bei müßigen Überlegungen, über welche Einkommensquellen der dicke Mann wohl gebot. Er kam auf eine Reihe von Möglichkeiten, von einer großen Erbschaft bis zu einer monatlichen Invalidenrente.
    Vielleicht war der Laden aber auch eine Tarnung für Rauschgiftgeschäfte, Geldwäsche, Mädchenhandel oder internationale Intrigen.
    Vielleicht wurden hier, zwischen den verstaubten Einbänden, Piratenstücke auf hoher See ausgeheckt.
    Jeremy erging sich in Gedanken an unvorstellbare Verbrechen. Das führte ihn rasch in unerfreuliche Gefilde, und er verfluchte seine Dummheit.
    Ein vernehmliches Räuspern ließ ihn zusammenfahren. Er verließ die
Psychologie
und warf einen Blick in den nächsten Gang.
    Mit dem Rücken zu Jeremy stand dort ein anderer Kunde, der sich seiner Anwesenheit nicht bewusst war.
    Ein großer Mann mit Glatze in einem gut geschnittenen altmodischen Tweedanzug. Ein weißer Backenbart tauchte in seinem Blickfeld auf, als sich ein rosafarbener Schädel drehte, um ein Regalbord zu inspizieren. Das Profil des Mannes offenbarte sich, als er seine Auswahl traf und ein Buch hervorzog.
    Arthur Chess.
    War das die Abteilung
Lepidopterologie
? Jeremy hatte sich den Wegweiser des dicken Mannes nie genauer angesehen, war nie an einer Ausweitung seines Wissensgebiets interessiert gewesen.
    Eingeschränkter Horizont.
Mitunter trug das dazu bei, dass das Leben machbar blieb.
    Er sah zu, wie Arthur das Buch aufschlug, den Daumen anleckte, eine Seite umdrehte.
    Arthur hielt den Kopf unten. Machte ein paar Schritte den Gang hoch, während er weiterlas.
    Kehrte mit gesenktem Kopf um und kam direkt auf Jeremy zu.
    Wenn er den Pathologen grüßte, sähe er sich mit dem Problem eines obligatorischen Gesprächs konfrontiert. Falls Jeremy jetzt schnell und heimlich den Laden verließ, würde der alte Mann es vielleicht nicht bemerken.
    Aber wenn er es bemerkte, bekäme Jeremy die volle Packung ab: Er wäre gezwungen, Smalltalk zu machen, und die Zeit, in der er sich umsehen konnte, würde dementsprechend reduziert.
    Er beschloss, Arthur zu grüßen, weil er hoffte, der Pathologe wäre derart in sein Schmetterlingsbuch vertieft, dass das anschließende Gespräch kurz sein würde.
    Arthur blickte auf, bevor Jeremy ihn erreichte. Das Buch in seinen Armen war riesengroß und in rissiges kamelhaarfarbenes Leder gebunden. Keine geflügelten Kreaturen zierten die dicht bedruckten Seiten. Jeremy las den Titel.
    Strategien im Krimkrieg: Ein Handbuch.
    Das Etikett am nächsten Regal besagte: Militärgeschichte.
    Arthur lächelte. »Jeremy.«
    »Tag, Arthur. Heute kein Mittagessen?«
    »Ausgiebiges Frühstück«, sagte der Pathologe und klopfte auf seine Weste. »Heute Nachmittag hab ich viel um die Ohren, und da hab ich mir eine kleine Zerstreuung erlaubt.«
    Bei dem, was du den ganzen Tag tust, ist es ein Wunder, dass du überhaupt je Appetit hast.
    »Ein wundervoller Laden«, sagte der alte Mann.
    »Kommen Sie oft hierher?«
    »Von Zeit zu Zeit. Mr. Renfrew ist ein echter Brummbär, aber er lässt einen in Ruhe, und seine Preise sind mehr als fair.«
    Den Namen des Antiquars hatte Jeremy trotz all der Bücher, die er gekauft hatte, nie erfahren. Es hatte ihn auch nicht interessiert. Arthur hatte die Information akquiriert, weil er wie die meisten geselligen Menschen unglaublich neugierig war.
    Und doch hatte der alte Mann sich, ungeachtet seiner Kontaktfreudigkeit, dafür entschieden, mit den Toten zu arbeiten.
    »Sehr faire Preise«, sagte Jeremy. »Schön, Sie wiederzusehen, Arthur. Viel Spaß bei der Bücherjagd.« Er wandte sich ab, um zu gehen.
    »Hätten Sie Zeit, mir bei einem Drink Gesellschaft zu leisten?«, fragte Arthur.
    »Tut mir Leid«, sagte Jeremy und tippte auf die

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