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Der Patient

Titel: Der Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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gleichzeitig meinen Lebensunterhalt verdienen muss. Kommt mir etwas in die Quere«, sagte er mit einem Lächeln.
    Die Frau stand auf. »Was für ein Aufbaustudium?«, wollte sie wissen.
    »Kriminologie«, antwortete Ricky, ohne zu überlegen. »Ichsollte mich vorstellen. Ich heiße Richard Lively. Meine Freunde nennen mich Ricky. Ich stamme nicht aus der Gegend, bin genauer gesagt erst seit kurzem hier. Aber ich brauche eine Bleibe.«
    Sie sah ihn weiter abwartend an. »Keine Familie? Keine Wurzeln?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Waren Sie im Gefängnis?«, fragte sie.
    Ricky dachte, dass die Antwort darauf genau genommen »Ja« lautete. Ein Gefängnis, in das mich ein Mann gebracht hat, den ich nicht kenne, der mich aber trotzdem hasst.
    »Nein«, sagte er. »Aber die Frage liegt nahe. Ich bin im Ausland gewesen.«
    »Wo?«
    »Mexiko«, log er.
    »Was haben Sie in Mexiko gemacht?«
    Er sog sich eine Geschichte aus den Fingern. »Ich hatte einen Cousin, der nach Los Angeles rüber ist und da in den Drogenhandel geriet, deshalb hat er sich nach Mexiko abgesetzt. Ich bin runter, um ihn zu finden. Sechs Monate nichts als ausweichende Antworten und Lügen, leider. Aber dadurch ist mein Interesse an der Kriminologie erwacht.«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihrem Tonfall war anzuhören, dass sie augenblicklich große Zweifel an der haarsträubenden Geschichte hegte. »Sicher«, sagte sie. »Und was treibt Sie hier nach Durham?«
    »Ich wollte nur so weit wie möglich von dem allen weg«, erklärte Ricky. »Hab mir mit meinen Fragen über meinen Cousin nicht unbedingt Freunde gemacht. Ich hab mir ausgerechnet, dass es irgendwo weit vom Schuss sein sollte, und ein Blick auf die Landkarte ergab, dass es entweder New Hampshire oder Maine sein musste, und so bin ich hier gelandet.«
    »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen glaube«, antwortete die Frau.
    »Klingt alles ziemlich weit hergeholt. Woher soll ich wissen, ob Sie vertrauenswürdig sind? Haben Sie Referenzen?«
    »Referenzen sind leicht zu bekommen, zu allem und jedem«, entgegnete Ricky. »Scheint mir viel vernünftiger, wenn Sie sich einfach mein Gesicht ansehen und auf meine Stimme hören und sich am Ende unserer kleinen Unterhaltung selbst einen Eindruck verschaffen.«
    Darüber musste die Frau schmunzeln.
    »Die Einstellung passt nach New Hampshire«, sagte sie. »Ich zeig Ihnen das Zimmer, aber ich bin mir immer noch nicht sicher.«
    »Das ist Ihr gutes Recht«, sagte Ricky.
    Das Zimmer füllte zusammen mit einem bescheidenen Bad das ausgebaute Dachgeschoss aus und bot gerade genug Platz für ein Bett, einen Schreibtisch und einen alten Polstersessel. An einer Wand standen ein leeres Bücherregal und eine Kommode. Ein hübsches Fenster war von einer mädchenhaft rosafarbenen Gardine sowie einem halbmondförmigen Oberlicht gerahmt und bot einen Blick auf den ruhigen Garten sowie die stille Nebenstraße. Die Wände waren mit Postern aus dem Reisebüro von den Florida Keys und Vail in Colorado geschmückt. Eine Sporttaucherin im Bikini und ein Skifahrer, der eine Fontäne unberührten Schnees aufwirbelt. In einer an das Zimmer grenzenden Nische befand sich ein winziger Kühlschrank und ein Tisch mit einer Kochplatte. Auf einem Regalbrett an der Wand war weißes Alltagsgeschirr gestapelt. Ricky starrte auf den zweckmäßig eingerichteten Raum und musste unwillkürlich denken, dass er etwas von einer Mönchszelle hatte, was zu seiner derzeitigen Befindlichkeit durchaus passte.
    »Sie können sich hier nicht richtig bekochen«, sagte die Frau.
    »Nur Snacks und Pizza, so was in der Art. Wir bieten keine richtige Küchenbenutzung …«
    »Ich esse gewöhnlich außer Haus«, sagte Ricky. »Bin sowieso kein großer Esser.«
    Die Eigentümerin betrachtete ihn immer noch ein wenig kritisch. »Wie lange würden Sie denn bleiben? Wir vermieten normalerweise für die Dauer des Studienjahrs …«
    »Das würde mir passen«, sagte er. »Möchten Sie einen Mietvertrag?«
    »Nein. Uns reicht gewöhnlich ein Handschlag. Wir tragen die Nebenkosten, außer Telefon. Hier oben liegt eine separate Leitung. Dafür sind Sie zuständig. Die Telefongesellschaft schaltet die Leitung frei, sobald Sie es wünschen. Kein Besuch. Keine Partys. Keine laute Musik. Keine nächtlichen …« Er lächelte und unterbrach sie. »Und Sie sagen, Sie vermieten normalerweise an Studenten?«
    Sie erkannte den Widerspruch. »Na ja, ernsthafte Studenten, wenn wir welche finden.«
    »Leben Sie hier allein mit Ihrem

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