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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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richtig, mich für meine hervorragende Arbeit zum Gespött der Leute zu machen, anstatt mich für den erteilten Auftrag ordentlich zu entlohnen?«
    Konstanze blieb noch einige Augenblicke lang, dem Stand des Schuhflickers abgewandt, stehen, bevor sie hellauf zu lachen begann.
    »Auge um Auge«, rief sie ihm zu, während sie wieder zu seinem Marktstand zurückging. »Ich verzeihe Euch Euren Scherz … und Eure anmaßende Art, Euch auszudrücken. Wenn auch Ihr mir meinen Scherz verzeiht, können wir ins Geschäft kommen!«
    Der Schuhflicker schnaufte erleichtert aus, als ihm Konstanze lachend die Hand zum Frieden reichte. Während sie anstandslos den geforderten Preis bezahlte ohne zu feilschen, lobte sie den Meister für seine achtbare Arbeit, bevor er dies selber tun konnte. Sie bemerkte dabei, dass er nicht nur ein gewöhnlicher Lederer, sondern fürwahr ein Könner seines Fachs sei.
    Diese Lobeshymnen bekam auch der ›Pater‹, der sich vom Tumult am Stand des Knopfmachers kaum hatte ablenken lassen, mit. Er hatte jetzt eine Mordswut im Bauch und begann laut zu fluchen. Da Konstanze damit beschäftigt war, ihren Geldbeutel hervorzukramen, bekam sie das nicht mit – hätte sie dies, wäre es ihr wohl egal gewesen. Als das Geschäft mit dem Schuhflicker abgewickelt war und sie sich wieder auf die Sorge um ihren Jüngsten besann, blickte sie sich ängstlich nach dem Totengräber um. Aufgrund der kleinen Witzelei mit dem Schuhflicker hatte sie für ein paar Augenblicke vergessen, dass Ruland Berging eigentlich nichts von den Schuhen mitbekommen sollte. Da er sich sofort verzogen hatte, als der Stand des Knopfmachers in sich zusammengebrochen war, konnte sie ihn jetzt nirgends mehr sehen. Und da Diederich die ganze Zeit über brav an ihrem Rockzipfel gehangen hatte, schlenderte sie jetzt – ihn fest an die Hand nehmend – von einem zum anderen Marktstand.
    Es dauerte nicht lange und sie traf die mildtätige Schwester Bonifatia, die dem Franziskanerinnenorden angehörte und die sie schon lange nicht mehr gesehen hatte. Die Krankenschwester leitete das Siechenhaus nahe Genhofen und war an diesem sonnigen Tag nach Staufen gekommen, um den Mann zu suchen, den sie vor einiger Zeit gepflegt und dessen verloren gegangenes Pferd sie gefunden hatte. Außerdem hatte auch sie sehnsüchtig auf den Markttag gewartet, um endlich wieder einmal einkaufen zu können. Sie benötigte vom Leinenweber dringend etliche ungefähr zehn Fuß lange Leinenbahnen, aus denen sie für eine längere Zeit ausreichend Verbandsmaterial würde zurechtreißen können. Konstanze kannte die Franziskanerin eigentlich nur von früheren Marktbesuchen her und hatte – abgesehen von einigen Schwätzchen – bisher keinen engeren Kontakt zu ihr. Nachdem sich die beiden begrüßt hatten, unterhielten sie sich ein wenig.
    »Was ist los mit Euch, ehrwürdige Schwester?«, fragte Konstanze, die schnell gemerkt hatte, dass ihre Gesprächspartnerin trotz des schönen Wetters und des fröhlichen Markttreibens heute nicht besonders gut aufgelegt zu sein schien. »Euch bedrückt doch etwas?«, ließ sie nicht locker und beharrte auf einer Antwort.
    »Ach, werte Frau Dreyling von Wagrain. Die Schwester Oberin hat mich in unser Mutterhaus nach Dillingen zurückbeordert.«
    »Heißt das, dass Ihr das Siechenhaus in Genhofen verlassen und in die Universitätsstadt an der Donau zurückkehren müsst?«
    Die Schwester seufzte, während sie nickend eine knappe Antwort gab.
    »Aber Ihr wollt lieber hier im Allgäu bleiben … , stimmt’s?«, hakte Konstanze nach.
    Wieder kam nur ein knappes »Ja«, dem aber, nachdem die ebenfalls großgewachsene Ordensfrau das gesenkte Haupt erhoben und sich den Schleier zurechtgerückt hatte, eine Erklärung folgte: »Während der drei Jahre, die ich jetzt in Genhofen bin, habe ich mich an die ›sterrgrindigen‹ Allgäuer gewöhnt«, sagte sie und ließ jetzt sogar ein kurzes Lächeln zu, bevor sie zu schimpfen begann. »Außerdem braucht man mich hier … , obwohl ich es zunehmend mit Simulanten zu tun habe, die nur ins Siechenhaus kommen, um eine kostenlose Unterkunft und warme Mahlzeiten zu erhalten. Es scheint sich nicht nur allseits herumgesprochen zu haben, dass es bei mir stets für jeden – ob Schmarotzer oder nicht – etwas gibt. Leider hat die Schwester Oberin auch schon davon gehört und sieht deswegen keine weitere Notwendigkeit für die Aufrechterhaltung des Siechenhauses. Wenn ich also im Allgäu bleiben und gleichzeitig

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