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Der Pfad der Dolche

Der Pfad der Dolche

Titel: Der Pfad der Dolche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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behauptete nicht, sich wohl zu fühlen. Sie war keine Domani, die ihre Gefolgsleute im Bad empfing.
    »Verzeiht unsere Verspätung, Mylady Faile«, schnaufte Selande, während sie ihre Jacke anzog. Die kleine Frau sprach mit scharfem cairhienischem Akzent. Sie war selbst für eine Cairhienerin nicht groß, vermittelte jedoch in der Neigung ihres Kopfes und der Haltung ihrer Schultern glaubwürdigen Stolz und eine angemessene Kühnheit. »Wir wären schon eher zurückgekehrt, aber die Torwächter wollten uns nicht hinauslassen.«
    »Sie wollten Euch nicht hinauslassen?« fragte Faile scharf. Wenn sie es nur mit eigenen Augen hätte sehen können, und nicht nur diese Frauen. Wenn Perrin nur sie anstatt dieses Frauenzimmers hätte gehen lassen. Nein, sie würde nicht über Berelain nachdenken. Es war nicht Perrins Schuld. Das sagte sie sich zwanzigmal am Tag, wie ein Gebet. Aber warum war der Mann so blind? »Mit welcher Begründung wollten sie Euch daran hindern?« Sie schnaubte verärgert. Schwierigkeiten mit dem Ehemann sollten den Ton, den man gegenüber seinen Untergebenen anschlug, nicht beeinflussen.
    »Mit nichts Wichtigem, Mylady.« Selande schloß ihren Schwertgürtel und richtete ihn. »Sie ließen einige Burschen vor uns mit ihren Wagen passieren, ohne sie eines zweiten Blickes zu würdigen, aber sie wollten Frauen nicht ohne weiteres in die Nacht hinausgehen lassen.« Einige der anderen Frauen lachten, und die fünf Männer, die mit nach Bethai gegangen waren, regten sich unbehaglich, zweifellos, weil man sie nicht als ausreichenden Schutz angesehen hatte. Die restlichen Cha Faile bildeten hinter jenen zehn einen dichten Halbkreis, beobachteten Faile genau und hörten aufmerksam zu. Mondlicht beschien ihre Gesichter.
    »Erzählt mir, was Ihr gesehen habt«, befahl Faile in jetzt ruhigerem Tonfall. Viel besser.
    Selande berichtete kurz, und trotz Failes Wunsch, selbst gegangen zu sein, mußte sie zugeben, daß sie fast soviel gesehen hatten, wie sie sich nur hatte wünschen können. Die Straßen von Bethai waren selbst zur geschäftigsten Stunde des Tages fast leer. Die Leute blieben soweit wie möglich in den Häusern. Es wurde etwas Handel getrieben, aber nur wenige Händler wagten sich in diesen Teil Ghealdans, und es wurde kaum genug Nahrung vom Land hereingebracht, um alle zu ernähren. Die meisten Stadtbewohner waren wie betäubt, hatten Angst vor dem, was außerhalb der Mauern lag, und versanken immer tiefer in Teilnahmslosigkeit und Verzweiflung. Alle hielten aus Angst vor den Spionen des Propheten den Mund und - aus Angst davor, für Spione gehalten zu werden - auch die Augen geschlossen. Der Prophet besaß starke Wirkung. Beispielsweise waren alle Taschendiebe und Straßenräuber aus Bethai verschwunden, auch wenn unzählige die Hügel durchstreiften. Es hieß, die Strafe des Propheten für einen Dieb wäre das Abschlagen der Hände. Obwohl das für seine eigenen Leute anscheinend nicht galt.
    »Die Königin zeigt sich jeden Tag in der Stadt, um den Leuten Mut zu machen«, sagte Selande, »aber ich glaube nicht, daß es viel hilft. Sie reist auch hierher in den Süden, um die Menschen daran zu erinnern, daß sie eine Königin haben. Vielleicht hatte sie woanders mehr Erfolg. Die Wache auf den Stadtmauern wurde verstärkt, und auch die Anzahl ihrer Soldaten. Vielleicht bewirkt dies, daß sich die Stadtbewohner sicherer fühlen. Bis sie weiterzieht. Anders als ihre Untertanen empfindet Alliandre selbst anscheinend keine Angst davor, daß der Prophet über die Mauern stürmen könnte. Sie geht morgens und abends allein in den Gärten von Lord Telabins Palast spazieren und behält nur wenige Soldaten in ihrer Nähe, die ihre Zeit zumeist in den Küchen verbringen. Jedermann in der Stadt macht sich anscheinend ebenso viele Sorgen über die schwindenden Nahrungsvorräte wie über den Propheten. In Wahrheit, Mylady, denke ich, daß sie trotz all der Wachen auf den Mauern Masema die Stadt übergeben würden, auch wenn er allein an den Toren erschiene.«
    »Das würden sie wahrhaftig tun«, warf Meralda verächtlich ein, während auch sie ihren Schwertgürtel schloß, »und noch um Gnade bitten.« Meralda war dunkel und stämmig und so groß wie Faile, aber die Tairenerin zog auf einen finsteren Blick von Selande hin den Kopf zwischen die Schultern und murmelte eine Entschuldigung. Es bestand kein Zweifel, wer die Cha Faile - nach Faile - anführte.
    Faile war froh gewesen, daß kein Grund bestanden hatte,

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