Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
Ihre Kräfte haben sie verlassen, und dann wurden sie verflucht. Jeder kennt die Legenden.« Er schaute auf seine Hände hinunter, die noch immer glühten, wenn auch schwächer als zuvor. »Was immer wir getan haben, was immer mit mir geschehen ist, es hat dazu geführt, dass ich denselben Fluch auf mich gezogen habe. Das ist der Grund, warum alle um mich herum sterben, sobald ich versuche, ihnen zu helfen.«
»Glaubst du denn, dass ich auch ein Fluch bin?«, fragte sie ihn.
»Ich … nun ja, du hast gesagt, du bist ein Teil davon, und …«
Sie machte einige Schritte auf ihn zu und zeigte auf ihn – eine winzige, wütende Frau, die mitten in der Luft hing. »Du glaubst also, dass ich der Grund für all das sei? Für dein Versagen? Für all die Todesfälle?«
Kaladin gab keine Antwort. Doch er erkannte sofort, dass Schweigen die schlechteste aller Antworten war. Syl wirkte in ihren Reaktionen erstaunlich menschlich. Mit einem verletzten
Blick wirbelte sie in der Luft herum und flitzte davon, wobei sie sich in ein Band aus Licht verwandelte.
Ich habe es übertrieben, sagte er zu sich selbst. Er war so verunsichert. Er lehnte sich gegen die Wand und hielt sich den Kopf fest. Noch bevor er Zeit hatte, seine Gedanken zu sammeln, verdunkelten Schatten den Eingang zur Gasse. Es waren Teft und Lopen.
»Bei den Steinesprechern«, sagte Lopen. »Du leuchtest wirklich im Dunkeln.«
Teft packte Lopen an der Schulter. »Er wird es niemandem erzählen. Dafür sorge ich, mein Junge.«
»Ja«, sagte Lopen. »Ich habe geschworen, dass ich nichts sage. Einem Herdazianer kannst du vertrauen.«
Kaladin sah die beiden an und wurde von seinen Gefühlen überwältigt. Er drückte sich an Teft und Lopen vorbei, rannte aus der Gasse und über den Holzplatz und floh vor allen neugierigen Blicken.
Als die Nacht heranrückte, hatte das Licht bereits seit einiger Zeit aufgehört, aus Kaladins Körper auszutreten. Wie ein verlöschendes Feuer war es verblasst, und schon nach wenigen Minuten war es dann ganz verschwunden.
Kaladin ging in südlicher Richtung am Rande der Zerbrochenen Ebene entlang; es war das Übergangsgebiet zwischen den Kriegslagern und der Ebene selbst. In einigen Bereichen führte ein sanfter Hang hinunter, wie es zum Beispiel bei Sadeas’ Sammelplatz der Fall war, und anderswo gab es etwa acht Fuß hohe Felswände als Begrenzung zwischen den beiden Gebieten. An einer von diesen kam Kaladin nun vorbei. Die Felsen ragten zu seiner Rechten auf; die offene Ebene erstreckte sich zu seiner Linken.
Senken, Spalten und Schlitze durchzogen den Fels. In einigen geschützten Abschnitten standen noch die Pfützen des
letzten Großsturms, der erst vor ein paar Tagen getobt hatte. Kreaturen huschten um die Felsen herum, aber die rasch kühler werdende Abendluft würde sie bald in ihre Verstecke treiben. Er kam an einem Ort voller kleiner, mit Wasser gefüllter Löcher vorbei. Vielbeinige Kremlinge mit winzigen Klauen und gepanzerten länglichen Körpern huschten an den Rändern entlang und tranken. Ein kleiner Tentakel schoss hervor und zerrte einen Kremling ins Wasser. Vermutlich war es ein Greifer.
Gras wuchs am Rand des Felssturzes neben ihm, und die Halme spähten aus den Löchern hervor. Büschel aus Fingermoos sprossen wie Blumen aus dem Grün. Die hellrosa- und purpurfarbenen Ranken des Fingermooses erinnerten an Tentakel und schienen ihm im Wind zuzuwinken. Als er daran vorbeiging, zog sich das furchtsame Gras sofort zurück, aber das Fingermoos war kühner. Es verschwand nur dann in seinem Schutzpanzer, wenn in seiner unmittelbaren Nähe etwas gegen den Fels klopfte.
Über ihm standen auf dem Felsvorsprung einige Späher und beobachteten die Zerbrochene Ebene. Dieses Gebiet unter dem Felsrand gehörte keinem der Großprinzen, und die Späher beachteten Kaladin auch gar nicht weiter. Er würde wohl nur angehalten werden, wenn er versuchen sollte, das Kriegslager am südlichen oder nördlichen Rand zu verlassen.
Keiner der Brückenmänner folgte ihm. Kaladin wusste nicht, was ihnen Teft erzählt hatte. Vielleicht hatte er gesagt, dass Kärtels Tod ihn sehr mitgenommen habe.
Es war ein seltsames Gefühl, so allein zu sein. Seit er von Amaram verraten und zum Sklaven gemacht worden war, hatte er sich stets in Gesellschaft anderer befunden. Mit den Sklaven hatte er Fluchtpläne geschmiedet. Mit den Brückenmännern hatte er zusammengearbeitet. Soldaten hatten ihn bewacht, Sklavenmeister hatten ihn geschlagen, Freunde
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