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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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genug.«
    »Das bezweifle ich nicht, Sir. Aber seid doch so freundlich und zeigt mir die Urkunde, es wäre mir eine große Hilfe.« Ich sprach in ehrerbietigem Ton, der mir bei diesem Mann am leichtesten zum Ziel zu führen schien. Wieder runzelte er die Stirn und baute sich dann in voller Größe vor mir auf. »Wartet«, sagte er, »ich will sehen, ob ich sie finde.«
    Buttress ging hinaus und kam einige Minuten später mit einem Dokument zurück, an dessen unterem Rand sich ein rotes Siegel befand. Er wischte den Staub fort und legte es auf den Tisch. »Hier, Sir«, sagte er steif. »Es hat alles seine Richtigkeit, Ihr werdet schon sehen.« Ich las die Urkunde durch. Am fünfzehnten Dezember 1526, also zwei Monate, nachdem sie fortgebracht worden war, verkaufte Ellen das Haus und ein Stück Waldland an Humphrey Buttress. Ich kannte zwar die damaligen Grundstückspreise nicht, aber die Kaufsumme war geringer, als ich erwartet hatte. Die Anschrift war die eines Treuhänders, Henry Fowberry in Wurwick Lane, außerhalb von Newgate. Die Signatur darüber, Ellen Fettiplace in runden, kindlichen Lettern, glich in nichts der Handschrift, die ich im Bedlam gesehen hatte. Sie war gefälscht.
    Ich blickte zu Buttress auf. Er lächelte höflich. »Vielleicht ist dieser Treuhänder noch im Amt«, sagte er. »Dann könnt Ihr ihn finden.«
    Ich hatte meine Zweifel. »Habt Dank«, sagte ich.
    »Falls nicht, tut Euer Freund gut daran, die Suche aufzugeben.«
    »Vermutlich.«
    »Habt Ihr’s schon gehört?«, fragte Buttress. »Der König hat soeben angeordnet, dass die zweite Rate der Benevolence-Steuer schon jetzt gezahlt werden muss, nicht erst am Michaelstag. Jeder bemittelte Mann muss vier Pence vom Pfund aufbringen, übertragen auf sein Gesamtvermögen.«
    »Das ist mir neu.«
    »Um Sold und Proviant zu zahlen für die vielen Rekruten. Ihr habt gewiss viel Volk angetroffen auf den Straßen, wenn Ihr von London kommt.«
    »Ja, in der Tat.«
    »Wenn Ihr noch eine Zeitlang fortbleibt, solltet Ihr Sorge tragen, dass Eure Abgaben in London gezahlt werden, sonst bekommt Ihr Verdruss.«
    »Meine Geschäfte in der Nähe von Portsmouth dürften nur noch wenige Tage in Anspruch nehmen.«
    »Dann reitet Ihr zurück?« Seine harten Augen bohrten sich in die meinen.
    »Das ist mein Plan.«
    Buttress schien erleichtert. »Ich bin der hiesige Schultheiß«, sagte er stolz. »Ich muss im Dorf die Steuern eintreiben. Nun, wir müssen die Franzosen davon abhalten, bei uns einzufallen, diese elenden Papstknechte. Der Getreidepreis ist hoch, also darf ich mich nicht beklagen.«
    »Ihr könnt Euch glücklich schätzen, wenn Ihr in diesem Jahr mehr Einkünfte als Ausgaben habt.«
    Er grinste verhalten. »Soldaten brauchen Proviant. Nun, ich würde Euch gern ein Morgenbrot anbieten. Besser als in diesem Wirtshaus –«
    »Ich danke Euch«, antwortete ich. Ich wollte mehr über diesen Menschen herausfinden.
    »Ich muss leider aufbrechen. Ich habe viel zu tun in der Mühle. Uns fehlt ein Mann, vorige Woche wurde einer der Tagelöhner von unserem Stier auf die Hörner genommen und ist verblutet.«
    »Wie entsetzlich.«
    »Der Tölpel vergaß, das Gatter zu schließen, da hat der Stier ihn erwischt.« Er lächelte dünn. »Stiere, Feuersbrünste, auf dem Lande geht es gefährlich zu.«
    * * *
    Ich nahm also im Wirtshaus mein Morgenbrot zu mir. Dabei erntete ich säuerliche Blicke von der Frau, die mich an Wilf verwiesen hatte, und fragte mich, ob sie es gewesen war, die Verdacht geschöpft und seine Söhne informiert hatte. Ich holte Oddleg aus dem Stall und ritt aus Rolfswood hinaus, das an diesem schönen Sommermorgen langsam zum Leben erwachte. Ich tätschelte mein Pferd. »Auf nach Hampshire, mein Braver«, sagte ich und setzte mich im Sattel zurecht. Und bald, dachte ich, geht es nach Portsmouth.

kapitel dreiundzwanzig
    A ls ich wieder durch das Tor von Kloster Hoyland ritt, war es etwa vier Uhr, und die Schatten wurden länger. Alles war friedlich. Ein Gärtner arbeitete in Abigails Blumengarten. Insekten summten, und in den Bäumen klopfte ein Specht. Zwei Pfaue stolzierten über den Rasen, und Lamkin, der sich unter einem Baum räkelte, beobachtete sie. Ich ritt am Herrenhaus vorüber, und Oddleg, den Stall witternd, beschleunigte seine Schritte.
    Ich wies den Pferdeknecht an, er möge das Tier abreiben und striegeln. Er war ebenso mürrisch und maulfaul wie alle Bediensteten der Hobbeys. Als ich den Stall verließ, ging die Pforte im hinteren

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