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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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Seiten von Kanonen geschützt, vom Runden Turm bis hinüber zum Gosport.«
    Doch mein Augenmerk galt einem Anblick, der sogar noch spektakulärer war als jener im Hafen von Portsmouth: dem Wald aus hohen Masten im Solent. An die vierzig Schiffe lagen hier vor Anker, manche davon gewaltig, andere nur ein Drittel so groß wie jene, die wir im Hafen bestaunt hatten. Die oberen Teile der größeren Schiffe waren mit Wappen und anderen Emblemen bunt bemalt, und ihre Decks strotzten von Kanonen. Eines der mächtigen Schiffe rollte die riesigen Segel auf; und Trommelschlag tönte über das Wasser, während Seeleute sich im Takelwerk mühten.
    Da glitt vor unseren staunenden Augen ein außergewöhnliches Schiff durch den Solent. Auf einer Länge von etwa zweihundert Fuß hatte es nur einen einzigen Mast. Das Segel war eingerollt, während zwei Dutzend riesige Ruder zu beiden Seiten es vorantrieben. Am Bug war eine dicke Kanone angebracht und achtern ein Baldachin aufgespannt, mit goldenem Tuch verziert, das in der Sonne glitzerte. Dort stand ein Aufseher, der mit der Trommel den Takt der Ruderschläge bestimmte. Ich sah die Köpfe der Ruderleute in schnellem Rhythmus vor- und zurückgehen.
    »Herrjesus, was ist das?«, fragte Dyrick, ausnahmsweise einmal mit gedämpfter Stimme.
    »Der König hat eine große Galeere bauen lassen«, antwortete Hobbey. »Die
Galley Subtle

    Leacon zufolge verfügen die Franzosen über zwei Dutzend solcher Schiffe, dachte ich.
    »Wunderschön«, sagte Hugh leise. Die große Galeere änderte den Kurs, glitt an den vertäuten Kriegsschiffen vorbei und auf die Hafenmündung zu, im Kielwasser ein langes Band aus weißer Gischt.
    »Nun, Shardlake«, sagte Dyrick, »da habt Ihr Euren Freunden daheim in London doch etwas zu erzählen. Die Erinnerung mag Euch trösten, wenn Ihr erst meine Rechnung in Händen haltet!«
    »
Falls
wir nach Hause kommen«, murmelte Barak leise.
    Hobbey wendete sein Pferd. »So, ihr beiden, wir müssen jetzt nach Hoyland aufbrechen.«
    »Müssen wir?«, fragte David.
    »Jawohl. Wir nehmen eine Nebenstraße, vielleicht ist sie ruhiger. Bis später, Master Shardlake.« Er hielt meinem Blick stand. »Und wie Vincent vorhin sagte, Ihr habt ja gesehen, was Sir Quintin Priddis von dieser Angelegenheit hält. Ich hoffe sehr, dass bis zum Montag alles vorüber ist. Nun kommt, ihr zwei.«
    * * *
    Hobbey und seine Gesellschaft ritten davon, während Barak und ich noch blieben. »Es geht schon auf zwölf Uhr zu«, sagte ich.
    »Dann lasst uns aufbrechen.« Der Anblick der vielen Schiffe schien ihn verstört zu haben. Wir ritten zum Anlegesteg zurück.
    »Hobbey will diese Jagd unbedingt«, überlegte ich laut. »Abigail indes witterte Gefahr. Und wir haben noch immer keinerlei Hinweis, warum –«
    Er fiel mir unwirsch ins Wort; seine Stimme klang besorgt. »Was wollte Rich von Euch?«
    Ich sagte es ihm und fügte hinzu: »Seltsam, dass er uns ausgerechnet dort abpasste, wie schon in Whitehall. Und dann auch noch in Paulets Begleitung.« Nach kurzem Zögern setzte ich hinzu: »Richard Rich könnte einem ohne weiteres ein paar Raufbolde auf den Hals hetzen.«
    Zu meiner Überraschung wendete Barak sein Pferd, dass es mir den Weg versperrte. Es wieherte nervös, und Oddleg schlug mit dem Kopf.
    »Was tust du?«, fragte ich.
    »Sonst hört Ihr mir nicht zu!« Baraks Augen funkelten vor Zorn. »Ich glaube einfach nicht, dass Ihr das eben gesagt habt. Ihr seht Richard Rich, und schon versucht Ihr,
ihn
in die Sache hineinzuziehen. Die Armee ist hier vor Ort, die gesamte königliche Flotte und zudem alles, was Rang und Namen hat. Rich sitzt im Kronrat, und Paulet ist Statthalter von Portsmouth. Wo zum Teufel sollten die beiden wohl sonst sein? Nichts daran ist ungewöhnlich. Hugh ist in Sicherheit und wohlauf, und wenn Mistress Hobbey Kobolde unter ihrem Bett vermutet, wen kümmert’s?«
    Ich war überrascht von der Heftigkeit seines Ausbruchs und hielt steif dagegen: »Hobbey und Priddis schöpfen schon seit Jahren den Rahm von Hughs Waldland.«
    Barak riss sich die Mütze vom Kopf und schleuderte sie wütend in den Staub. »Aber das könnt Ihr nicht beweisen, und Hugh schert es ohnehin einen feuchten Dreck! Und warum in drei Teufels Namen sollte Richard Rich sich für ein kleines Landgut in Hampshire interessieren? Bei allen Engeln im Himmel, Mistress Hobbey ist nicht die Einzige, die überall Gespenster sieht!«
    Barak war schon des Öfteren wütend auf mich gewesen, aber so noch nie.

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