Der Pfeil der Rache
gefälligst.« Er wandte sich ab, und sein langer Mantel bauschte sich, als er auf Paulet zuhielt, der in der Tür auf ihn wartete. Ich folgte den anderen, ein mulmiges Gefühl im Magen. Dyrick blickte mich neugierig an.
»War das Sir Richard Rich?«
»In der Tat.«
Dyrick lachte. »Ich glaube, er kann Euch nicht leiden, Bruder.«
»Nein«, entgegnete ich leise. »Ganz und gar nicht.«
* * *
Der Knecht brachte die Pferde. Auf der überfüllten Gasse fanden wir wenig Platz, um aufzusitzen. Eines der Pferde rammte fast einen Wasserträger, den die Last seines riesigen kegelförmigen Korbes nach unten drückte.
»Was hat dieser bösartige Hundsfott von Euch gewollt?«, flüsterte Barak.
»Nicht jetzt. Ich erzähle es dir, wenn wir unter uns sind.«
Hobbey wandte sich an David und Hugh. »Wir reiten bis ans Ende der Oyster Street. Von dort aus müssten wir die großen Schiffe sehen, die im Spithead vor Anker liegen. Doch dann wollen wir uns von Master Shardlake verabschieden, der noch einen Freund trifft, und nach Hause reiten.«
»Könnten wir nicht hinaus zum South Sea Castle reiten?«, fragte David. »Uns die neue Burg ansehen?« In seinem Gesicht las ich noch immer Traurigkeit; er sucht Zerstreuung, dachte ich.
»Ich muss Vorkehrungen treffen für die Jagd. Und ich habe euch beide lieber zu Hause. In diesen schäbigen Menschenmassen hier wimmelt es gewiss von Flöhen.«
Ich wartete darauf, dass die Burschen weiter in ihn dringen würden, aber Hugh zuckte bloß mit den Schultern. David zog ein mürrisches Gesicht.
Wir ritten weiter die High Street entlang, an der Kirche vorüber, einem soliden normannischen Bau mit mächtigen Strebepfeilern. In einiger Entfernung sah ich die Mauern eines Gebäudes, das wie ein früheres Kloster anmutete; hohe, schmale Bauten waren jenseits der Mauer zu sehen, dazu der runde Turm einer großen Kirche.
»Das alte Godshouse«, sagte Hobbey. »Es war ein Klosterspital und eine Herberge für Pilger. Jetzt wird es für Konferenzen verwendet und dient zudem als Zeughaus. Wir müssen hier abbiegen.«
Wir waren auf einem breiten Platz angelangt, wo mehrere Straßen sich kreuzten. Uns gegenüber endeten die Mauern bei einem großen, eckigen Turm. Kanonen aus Eisen und Bronze waren in Richtung Meer in Stellung gebracht, wobei die bronzenen Rohre in der Sonne glänzten. Einige Soldaten exerzierten auf einer weitläufigen Plattform. Hugh und David bestaunten sie in eifriger Bewunderung. Wir lenkten die Pferde nach rechts in eine gepflasterte Straße, die auf eine kleine Gezeitenbucht zuführte, inmitten eines flachen, halbrunden Landstrichs gelegen. »Dieser kleine Hafen ist der Camber«, sagte Hobbey. »Zum Henker, was für ein Gestank!«
»Das sumpfige Land drum herum ist der Point«, fügte Hugh hinzu.
»Wenn wir zum anderen Ende hinunterreiten, dann sehen wir die Schiffe jenseits des Point«, sagte Hobbey. »Kommt, reiten wir weiter.«
Wir brauchten nur wenige Minuten, um die Oyster Street entlangzureiten. Die Stadtmauer setzte sich entlang der östlichen Hälfte des Landstrichs uns gegenüber fort und endete in einem hohen, runden Turm, dessen Spitze mit weiteren schweren Kanonen bestückt war. Die Oyster Street war voller Werkstätten und Wirtshäuser. Tagelöhner standen davor und ließen sich mit Bier volllaufen. Wir ritten behutsam an Soldaten und Seeleuten vorbei, an Fuhrknechten und Handwerkern und an zahlreichen Kaufleuten, die geschäftig disputierten. Am unteren Ende der Straße endete die kreisrunde Landzunge vor einer schmalen Öffnung zur See. Gegenüber, am Ende der Oyster Street, befand sich ein breiter Hafendamm, umgeben von Lagerhäusern. Ununterbrochen wurden Güter von Karren gehievt, die draußen vorfuhren, und hineingetragen, indes an anderer Stelle Männer Proviant herausschleppten und auf kleine Boote luden.
Wir hielten auf die Mole zu und passierten dabei eine Gruppe vornehm gekleideter Kaufleute, die sich mit einem Beamten um den Kuchenpreis stritten. Hughs Aufmerksamkeit wurde von zwei Tagelöhnern angezogen, die eine lange, leicht gebogene Kiste behutsam auf die Mole schleppten.
»Langbogen«, stellte er wehmütig fest.
* * *
Wir hielten knapp hinter der Mole inne, wo ein Fußweg unter der Stadtmauer hindurchführte. Von hier aus sahen wir über die schmale Hafenmündung bis zum Gosport-Strand. Dort standen mehrere Befestigungsanlagen, mit schweren Kanonen bestückt.
Hugh schwenkte die Arme. »Seht Ihr, Master Shardlake, der Hafen ist auf allen
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