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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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»Ich will doch nur sicherstellen, dass es Hugh an nichts fehlt«, sagte ich ruhig. »Und du hast keinen Grund, in diesem Ton mit mir zu sprechen.«
    »Seht Ihr denn nicht, dass er in Sicherheit ist, der kleine Scheißkerl?«
    »Warum sagst du das?«
    »Habt Ihr ihn denn nicht gesehen, als er diese Galeere schön nannte? Und wer saß an den Rudern, hä? Man hat die Leute in London von den Straßen gelesen, wie jene, von denen Carswell behauptete, sie würden als Leichen an Land gebracht. Ich war ein Straßenkind, und wenn ich eines gelernt habe, dann die Tatsache, dass es verflucht schwer ist für einen Menschen, sich auf dieser Erde festzukrallen. Vielen gelingt es nicht, sie werden von einer Krankheit niedergestreckt wie Joan oder mein erstes Kind, das nicht einmal das Tageslicht erblickte. Aber solche wie Hugh bringen nur immer noch mehr Blut und Tod in die Welt. Dabei lebt er wie die Made im Speck und wird von vorn bis hinten bedient.«
    »Er ginge zu den Soldaten, wenn er könnte!«
    »Hol ihn der Teufel! Wir müssen hier fort, nach Hause, bevor die verfluchten Franzosen kommen und die gesamte Flotte kurz und klein schießen!«
    Ich sah ihn an. Ich hatte mich so sehr auf Hugh und Ellen konzentriert, dass ich ganz vergessen hatte, was um uns her vor sich ging. »Wohlan«, sagte ich still. »Wenn ich keinen Beweis finde, dass Hugh übel mitgespielt wird, brechen wir am Dienstag auf, sobald Priddis und sein Sohn bei uns waren. Vielleicht hast du ja recht. Aber ich will sehen, was Leacon über Coldiron und jenen West zu sagen hat.«
    »Auch von dieser Angelegenheit würdet Ihr die Finger lassen, wenn Ihr gescheit wärt. Wer weiß, was Ihr zutage fördert? Aber Hauptsache, wir brechen am Dienstag auf.«
    »Mein Wort darauf. Außer, ich finde heraus, welch ungeheuerliches Unrecht es war, das Hugh Michael zufolge erdulden musste.«
    »Das werdet Ihr nicht. Es gibt nämlich keines.«
    Barak wendete sein Pferd, und wir ritten am Anlegesteg vorbei, bogen wieder in die Oyster Street. Zwei Soldaten, die betrunken einhertorkelten, stießen einen Tagelöhner beiseite. Der drehte sich nach ihnen um und schickte ihnen einen Schwall von Flüchen hinterher. Barak deutete auf ein Wirtshausschild, worauf leuchtend rot der englische Löwe gepinselt war.
    »Wir sind da«, sagte er. »Bringen wir es hinter uns.«

kapitel siebenundzwanzig
    B arak rief einen Knecht, der die Pferde übernahm, und wir traten in die Wirtsstube. Hier war es heiß, laut und der Fußboden mit schmutziger Streu bedeckt. Einige Fuhrknechte zankten sich geräuschvoll, was schwerer wog, Hopfen oder Getreide; an einem anderen Tisch saßen Italiener in gestreiften, wollenen Wämsern und würfelten. Leacon winkte uns von einer kleinen Fensternische zu, wo er mit Tom Llewellyn und einem älteren Mann saß. Ich hieß Barak ein halbes Dutzend Humpen Bier vom Ausschank holen und gesellte mich zu den dreien. Leacon hatte Halbharnisch und Helm abgelegt und sie neben sich ins Stroh gelegt.
    »Eine sinnvolle Versammlung?«, fragte ich.
    »Nicht sonderlich. Sie haben immer noch nicht entschieden, ob sie uns auf die Schiffe verteilen oder an Land postieren.«
    »Pikeniere sind nützlicher an Land«, behauptete der Ältere.
    Leacon klopfte Llewellyn auf die Schulter. »Unser Tom hat sein Walisisch an zwei Offizieren aus Swansea erprobt.«
    »Zum Glück hat Vater mein Gestammel nicht gehört«, sagte der Junge voller Bedauern.
    »So, Master Shardlake«, sagte Leacon, »ich habe Philip West gefunden. Er ist der zweite Zahlmeister auf der
Mary Rose
. Und die Schiffsoffiziere haben sich heute Vormittag ebenfalls getroffen. Im alten Godshouse.«
    »Wir sind unterwegs daran vorbeigekommen.«
    »Ich begleite Euch anschließend dorthin. Aber zunächst möchte ich Euch Master John Saddler vorstellen. Er ist der Spieß einer Kompanie von Pikenieren.«
    Ich nickte Saddler zu. Er war untersetzt, hatte kleine, harte blaue Augen, eingefallene Wangen und einen kurzen grauen Bart. Ich ließ mich nieder und zog mir erleichtert Kappe und Haube vom Kopf. Barak kam mit dem Bier und reichte jedem einen Becher.
    »Nun, Sir«, forderte Leacon den alten Saddler auf, »erzählt meinem Freund, was Ihr über den wackeren William Coldiron wisst.«
    Saddler musterte mich aus seinen kalt einschätzenden Augen. »Das ist nicht sein richtiger Name, wenn es derselbe ist, den ich kenne. Obwohl er allen Grund hatte, seinen Namen zu ändern. Mit Taufnamen heißt er William Pile. Hauptmann Leacon hier hat

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