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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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für seinen Anteil am Waldland und dann für die Vormundschaft. Er hatte sich im Süden niedergelassen, vermutlich also sein Geschäft in London aufgegeben. Ein erfolgreicher Kaufmann, der beschlossen hatte, auf dem Lande den hohen Herrn zu mimen – das übliche Bild.
    Ich blickte auf, sah, dass Mylling verstohlen zu mir herüberäugte. Seine Augen huschten weiter. »Diese Vormundschaft wurde sehr schnell bewilligt«, stellte ich fest. »In kaum zwei Monaten. Hobbey hat eine Menge Geld dafür bezahlt. Sein Interesse muss also wirklich sehr groß gewesen sein.«
    Mylling stand auf und kam herüber. Er sagte mit leiser Stimme: »Wenn er die Angelegenheit schnell erledigt haben wollte, musste er Rechtsanwalt Sewster und dem Lehnsrichter seine Wertschätzung bezeigen.«
    »Master Hobbeys Ländereien in Hampshire grenzen unmittelbar an den Besitz seiner beiden Mündel. Und er hat einen Sohn.«
    Mylling nickte verständig. »Das wird es sein. Wenn er das Mädchen mit seinem Sohn vermählte, wären die Besitzungen vereint. Er hat vermutlich einen Ehevorvertrag aufsetzen lassen, solange die beiden noch Kinder waren. Ihr kennt ja die Oberschicht. Jung gefreit, nie gereut.«
    »Das Mädchen ist verstorben.«
    Mylling nickte weise. »Die Vormundschaft birgt gewisse Risiken, wie jedes Geschäft. Da wäre allerdings noch die Verheiratung des Jungen. Auch hieraus ließe sich ein Vorteil ziehen.« Mylling wandte sich ab, als die Tür aufging und ein beleibter, älterer Gerichtsschreiber einige Akten hereintrug und auf die Theke legte. »Die Vormundschaft für den jungen Master Edwards geht an seinen Onkel«, sagte er. »Das Gesuch der Mutter wurde abgewiesen.«
    Durch die Tür hörte ich eine Frau und ein Kind weinen. Der Schreiber strich über die herabhängenden Ärmel seiner Robe. »Der Onkel sei so hässlich, sagte die Mutter, dass der Knabe bei seinem Anblick das Weite suche. Master Paulet erteilte ihr eine Rüge wegen ungebührlichen Verhaltens.«
    Mylling rief Alabaster herüber. »Setzt den Beschluss auf, seid so gut.«
    »Jawohl, Sir.« Alabaster bedachte den Gerichtsschreiber mit einem ironischen Grinsen. »Es gibt keine Dankbarkeit am Court of Wards, nicht wahr, Thinpenny?«
    Der Schreiber kratzte sich am Kopf. »Nein, ganz gewiss nicht.«
    Wieder lächelte Alabaster, bösartig wie ich fand, sah meine Augen auf sich gerichtet und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Thinpenny ging hinaus, und Mylling widmete sich wieder seiner Arbeit. Ich blätterte weiter in den Curteys-Dokumenten, fand jedoch nicht mehr viel: eine Auflistung der Beträge, die Hobbey für die Erziehung der Kinder aufwandte – noch eine Ausgabe, dachte ich –, sodann Emma Curteys’ Sterbeurkunde, vom August 1539. Schließlich fand ich ein halbes Dutzend Beschlüsse aus den vergangenen Jahren, die dafür sorgten, dass Master Hobbey die Erlaubnis erhielt, eine begrenzte Anzahl von Hughs Bäumen zu schlagen, zumal die Stämme reif seien und der Bedarf an Holz groß; der Gewinn sei aufzuteilen zwischen Nicholas Hobbey und Hugh Curteys. Hughs Anteil solle, genau wie sein Erbe, vom Court of Wards verwaltet werden. Die Menge an Holz, die geschnitten werden sollte, wäre zwischen Master Hobbey und dem Lehnsrichter von Hampshire zu vereinbaren. Bei jeder Gelegenheit waren Zahlungen zwischen 25 und 50 Pfund an das Gericht geleistet und durch den Lehnsrichter – ein gewisser Sir Quintin Priddis – bestätigt worden. Endlich, dachte ich, der Gestank nach einer möglichen Bestechung; möglicherweise hatte Hobbey sich mit besagtem Priddis auch größere Summen geteilt. Doch wie sollte ich beweisen, dass dem so gewesen war? Langsam schloss ich die Akte und richtete mich unter krampfartigen Schmerzen im Rücken wieder auf.
    Mylling kam herüber. »Fertig, Sir?«
    Ich nickte. »Ob Sir Nicholas zur Anhörung kommen wird, was meint Ihr?«
    Mylling überlegte. »Es würde genügen, wenn sein Anwalt zur ersten Anhörung käme. Obwohl ich persönlich erscheinen würde, wenn man mich auf diese Weise beschuldigte.«
    »In der Tat.« Ich schenkte ihm ein freundliches Lächeln. Schließlich musste ich ihn noch ein weiteres Mal bemühen. »Da wäre noch etwas; es hat nichts mit dieser Sache zu tun. Es geht um ein Gutachten zur Feststellung der Unzurechnungsfähigkeit einer bestimmten jungen Frau. Die Angelegenheit liegt neunzehn Jahre zurück. Vielleicht könntet Ihr mir dabei helfen.«
    Er sah mich zweifelnd an. »Vertretet Ihr den Vormund?«
    »Nein, ich will ihn

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