Der Pilot von der Donau
tagsüber gefangenen Fische zu verkaufen, für die sich, da von dem Namen des Fischers überall so viel die Rede gewesen war, auf beiden Ufern jedenfalls Liebhaber genug finden würden.
So verlief der erste Reisetag. Ein Beobachter, der Ilia Brusch hätte mit den Augen verfolgen können, würde allerdings mit Recht über den geringen Eifer erstaunt gewesen sein, womit der Preisträger des Donaubundes dem Fischfange obzuliegen schien, durch den er während der abenteuerlichen Fahrt doch seinen Lebensunterhalt erwerben sollte. Sobald er sich nämlich ungesehen glaubte, beeilte er sich die Schnur loszulassen, dafür die Riemen zu ergreifen und mit aller Kraft zu rudern, als läge ihm viel daran, die Fortbewegung der Jolle zu beschleunigen. Ließen sich an dem einen oder andern Ufer Neugierige erblicken oder begegnete er einem andern Jollenführer, so ergriff er sofort wieder die Angel, und bei seiner Geschicklichkeit gelang es ihm meist sehr bald, einen hübschen Fisch aus dem Wasser zu ziehen, was die Zuschauer dann mit lauten Beifallsrufen begleiteten. Sobald diese aber durch eine Biegung des Flusses verborgen oder der andre Jollenführer verschwunden war, griff er wieder zu den Riemen und verlieh seinem etwas schweren Fahrzeuge neben der Strömung noch eine eigene Geschwindigkeit.
Ilia Brusch hatte sich in einem Café niedergesetzt (S. 38.)
Hatte Ilia Brusch wohl einen Grund, seine Reise möglichst abzukürzen, die zu unternehmen ihn ja niemand gezwungen oder nur veranlaßt hatte? Wie dem auch sein mochte, jedenfalls glitt er schnell vorwärts. Getragen von der Strömung, die nahe dem Ursprung des Stromes eine schnellere ist als weiterhin, ruderte er doch allemal, wo ihm die Gelegenheit günstig schien, und kam so mit der Geschwindigkeit von acht, vielleicht noch mehr Kilometern in der Stunde vorwärts.
Nachdem er an einigen ganz unbedeutenden Ortschaften vorübergekommen war, ließ er Tuttlingen, eine Oberamtsstadt des Schwarzwaldkreises, ohne hier anzuhalten, hinter sich, obgleich ihn einige seiner Bewundrer vom Ufer aus zu einer Landung einluden. Ilia Brusch weigerte sich aber, indem er diese Einladung mit einer Handbewegung ablehnte, seine Fahrt zu unterbrechen.
Nachmittag gegen vier Uhr erreichte er, achtundvierzig Kilometer von seinem Abfahrtspunkte, die kleine Stadt Fridingen. Gern hätte er wie die frühern Orte auch diese »geschnitten«, der Enthusiasmus des Volkes erlaubte ihm das aber nicht. Sobald er sichtbar wurde, stießen mehrere Boote, aus denen er mit unzähligen »Hochs« begrüßt wurde, vom Ufer ab und umschlossen den berühmten Preisträger. Der ergab sich nun auf Gnade und Ungnade, vor allem da er auch Abnehmer für die bei seinem mehrfach unterbrochenen Fange erbeuteten Fische suchen mußte. Barben, Bleie, Rotaugen, Stichlinge zappelten und zuckten noch in seinem Netze, ohne einzelne Meeräschen zu zählen, die vielerorts unter dem Namen »Hottus« bekannt sind. Offenbar konnte er das nicht alles allein verzehren, und davon konnte hier auch gar nicht die Rede sein. Dafür waren zu viele Liebhaber zur Stelle. Kaum hatte seine Jolle angelegt, als sich schon gegen fünfzig Badener an ihn herandrängten, ihn anriefen und den Preisträger des Donaubundes unter allerlei Ehrenbezeugungen einkreisten.
»Hierher, hierher, Brusch!
– Ein Glas gutes Bier, Brusch?
– Wir kaufen Ihre Fische, Brusch!
– Zwanzig Kreuzer für den hier!
– Einen Gulden für den andern da!«
Brusch konnte gar nicht schnell genug antworten, und sein Fang hatte ihm bald ein hübsches Stück blankes Geld eingebracht. Mit den beim Wettbewerb erhaltenen Barpreisen mußte das nach und nach eine nette Summe bilden, wenn die Begeisterung der Uferbevölkerung sich von der Quelle bis zur Mündung des großen Stromes in gleicher Weise weiter verbreitete.
Warum sollte das auch nicht der Fall sein? Warum sollten die Leute aufhören, sich um die Fische Ilia Bruschs zu streiten? War es denn nicht eine Ehre, einen solchen Wasserbewohner von ihm zu besitzen? Er brauchte sich nicht einmal die Mühe zu machen, seine Ware auf den Märkten der Städte auszubieten, da sich das Publikum um diese völlig riß. Dieser Verkauf war offenbar ein genialer Einfall.
Außer daß er am heutigen Abend seine Fische schnell und vorteilhaft absetzte, fehlte es ihm auch nicht an Einladungen. Da es Ilia Brusch aber darauf ankam, sein kleines Fahrzeug so wenig wie möglich zu verlassen, schlug er sie ebenso entschieden aus, wie die vielen
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